21. Mai 2019 von Hartmut Fischer
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WEG: Ohne Erlaubnis keine Kamera-Überwachung

WEG: Ohne Erlaubnis keine Kamera-Überwachung

21. Mai 2019 / Hartmut Fischer

Schon wenn bei Personen, die sich auf dem Gemeinschaftseigentum einer Wohnanlage befinden, der Eindruck entsteht, dass sie überwacht würden, kann dies einen unzumutbaren Eingriff in die Persönlichkeitsrechte darstellen. Dementsprechend ist das Anbringen einer Überwachungskamera zu untersagen. Das gelte auch für Attrappen beziehungsweise Kameras die zeitweise oder grundsätzlich nicht in Betrieb sind. Zu diesem Ergebnis kam das Amtsgericht München in einem Urteil vom 28.02.2019 (Aktenzeichen 484 C 18186/18 WEG).

In dem Rechtsstreit ging es um eine Überwachungskamera, die ein Wohnungseigentümer auf seinem Balkon in zehn Meter Höhe angebracht hatte. Die Kamera war auf die Gemeinschaftsflächen – unter anderem dem Gemeinschaftsgarten – ausgerichtet. Ein anderer Wohnungseigentümer verlangte, dass die Kamera wieder entfernt werde und der Wohnungseigentümer eine Unterlassungserklärung unterschreiben solle. Die Kamera wurde daraufhin entfernt. Der Wohnungseigentümer weigerte sich aber, eine Unterlassungserklärung zu unterschreiben. Hieraufhin verklagten der andere Miteigentümer den Kamerabetreiber, um eine Unterlassungserklärung zu erzwingen.

Hatte der Beklagte vor dem Gerichtsverfahren noch behauptet, dass es sich bei der Kamera um eine Attrappe handele, führt er nun aus, dass es sich um ein Gerät handele, wie es auch von Jägern verwandt werde. Sie werde leidglich bei Bewegungen in einem Umkreis von drei Metern ausgelöst. Die Gemeinschaftsanlagen befänden sich aber rund 15 Meter entfernt. Außerdem wies er darauf hin, dass es in der Wohnanlage bereits zu zwei Einbrüchen im Erdgeschoss gekommen sei. Seinem Sohn wären auch aus einer nahegelegenen Tiefgarage bereits zwei Fahrräder gestohlen worden.

Demgegenüber argumentierte der Kläger, dass er nicht aufgenommen werden wolle, wenn er sich auf dem Gemeinschaftseigentum aufhalte. Er wies auch darauf hin, dass ein Antrag des Beklagten, das Anbringen einer Überwachungskamera zu genehmigen, gar nicht erst auf der Eigentümerversammlung auf die Tagesordnung gelangte.

Das Amtsgericht gab dem Kläger Recht und verurteilte den Beklagten, keine Überwachung des Gemeinschaftsgeländes – gleich in welcher technischen Form – vorzunehmen. Sollte der Beklagte hiergegen verstoßen, wurde ein Ordnungsgeld von 250.000 € festgesetzt, ersatzweise Ordnungshaft.

Das Gericht verwies auf § 14 Nr. 1 WEG, dass von den Wohnungseigentümer verlange, sich zu verhalten, dass anderen Miteigentümer dadurch keine vermeidbare Nachteile entstehen.


§ 14 WEG Pflichten des Wohnungseigentümers  (Auszug)

Jeder Wohnungseigentümer ist verpflichtet: …
… die im Sondereigentum stehenden Gebäudeteile so instand zu halten und von diesen sowie von dem gemeinschaftlichen Eigentum nur in solcher Weise Gebrauch zu machen, dass dadurch keinem der anderen Wohnungseigentümer über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil erwächst;


Grundsätzlich könne ein Wohnungseigentümer zwar ein Überwachungssystem anbringen, mit der er sein Sondereigentum kontrolliere. Eine Überwachung des Gemeinschaftseigentums sei hier jedoch ausgeschlossen.

Aus der einschlägigen Rechtsprechung ergebe sich aber, dass schon das Anbringen einer Kamera, die auf die Gemeinschaftsflächen gerichtet sei, einen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der Miteigentümer, deren Besucher und anderer Personen darstelle. Dabei spiele es keine Rolle, ob es sich um eine Attrappe handele oder die Kamera in Betrieb sei oder nicht.

Außerdem fehle ein Beschluss der Eigentümergemeinschaft, die den Betrieb einer Kamera, die das Gemeinschaftseigentum mit überwache, erlaube. Auch wenn die Diebstähle durchaus ein Argument für die Überwachung sei, könne der Beklagte keine Überwachung des Gemeinschaftsgelände vornehmen, ohne dass die Eigentümergemeinschaft hier eine Kontrollmöglichkeit habe.

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