Der Vorstand eures Vereins hat zwei Funktionen, die von gleich wichtiger Bedeutung für die Entwicklung sind. Auf der einen Seite ist das die Verwaltung, bei der es primär um rechtliche und finanzielle Fragen und Probleme geht. Für viele Fragen, die sich daraus ergeben, findet ihr in diesem Lexikon die passenden Antworten.
Auf der anderen Seite steht die Führung des Vereins. Es liegt nicht zuletzt an eurem Vorstand, wenn sich die Mitglieder wohl fühlen, sich Förderer für den Verein finden lassen und der Verein einer goldenen Zukunft entgegensieht.
Das hört sich zunächst sehr einfach an – doch schnell stellt man fest, dass gerade die Führung eines Vereins eine Mammutaufgabe ist, die man nicht allein schultern kann. Darum ist die Grundlage einer erfolgreichen Vereinsführung die Delegation von Aufgaben und der Aufbau einer Mitarbeiterstruktur.
Einstellung des Vorstands
Häufig verstehen sich Vorstandsmitglieder eines Vereins als die „Könige im Ring“. Doch das führt schnell zu einem schlechten Klima im Verein. Die Vorstandsmitglieder sollten von vorneherein großen Wert auf Transparenz legen und Entscheidungen möglichst zeitnah gegenüber den Vereinsmitgliedern erläutern. Natürlich kann man nicht jedes Mal eine Mitgliederversammlung einberufen. Aber die Mitgliederzeitung, das Internetportal, das Schwarze Brett und auch die regelmäßigen Mitgliedertreffen geben die Möglichkeit, den Mitgliedern klarzumachen, warum Entscheidungen so und nicht anders gefällt wurden.
Man sollte auch – soweit es möglich ist – Entscheidungen bereits im Vorfeld mit den Mitgliedern diskutieren. Dabei kann auch verdeutlicht werden, warum bestimmte Wünsche der Mitglieder zum Beispiel aus rechtlichen Gründen nicht erfüllt werden können. Diese Vorgehensweise ist immer besser, als die Mitglieder vor vollendete Tatsachen zu stellen und erst im Nachhinein eine Begründung nachzuschieben.
In Gesprächen mit den Mitgliedern sollte ein Vorstand nicht oberlehrerhaft auftreten. Natürlich verlangt das Amt, dass man sich sehr viel intensiver mit Vorschriften und Bestimmungen befasst, wie die anderen Mitglieder. Doch Fragen aus euren Reihen können auch ohne belehrenden Unterton beantwortet werden. Dabei ist es aber auch richtig, auf die Verantwortung, die der Vorstand nach außen und innen gegenüber dem Verein hat, hinzuweisen.
Aufteilung innerhalb des Vorstands
Auch bei kleineren und mittleren Vereinen sollte der Vorstand die Führung untereinander aufteilen. Das heißt aber nicht, dass die anderen Mitglieder des Vorstands nicht auf dem Laufenden gehalten werden. Im Gegenteil: der Vorstand hat grundsätzlich eine Gesamtverantwortung. Kommt beispielsweise der „Finanzminister“ eures Vereins seinen Aufgaben nicht vollumfänglich nach, haften auch die anderen Vorstandsmitglieder, weil sie eine Kontrollfunktion ausüben müssen.
Durch die Aufteilung in verschiedene Resorts entsteht also auch eine Aufteilung der Verantwortlichkeiten: das für das Ressort verantwortliche Vorstandsmitglied ist hierfür zunächst hauptverantwortlich. Darüber hinaus bleibt das Vorstandsmitglied aber auch hinsichtlich der anderen Ressorts kontroll- und überwachungspflichtig.
Wichtig: Eine Ressortaufteilung hat grundsätzlich nur dann Gewicht, wenn sie in der Satzung oder einer entsprechenden Geschäftsordnung definiert wird. Die Aufgabengebiete müssen dabei präzise festgelegt werden, damit keine Überschneidungen entstehen.
Schon allein um der allgemeinen Aufsichtspflicht aller Vorstandsmitglieder gerecht zu werden, besteht auch eine Berichtspflicht der Ressortverantwortlichen gegenüber dem Gesamtvorstand. Dies ist aber auch als Basis einer vertrauensvollen Zusammenarbeit unumgänglich. Jedem Vorstand kann nur empfohlen werden, sich nicht nur als Verwaltungsgremium des Vereins zu verstehen, sondern ein Team zu bilden, dass auch im zwischenmenschlichen Bereich harmoniert.
Delegation in den Verein hinein
Bei größeren Vereinen ist es inzwischen selbstverständlich geworden, dass man die immense Arbeit auf möglichst viele starke Schultern verteilt. Bei kleineren Vereinen ist dies jedoch häufig – zum Nachteil des Vereins – noch anders. Einer der Hauptgründe liegt meist in der Einstellung des Vorsitzenden bzw. der Vorstandsmitglieder (siehe auch Kapitel „Einstellung des Vorstands“).
Hier ist es wichtig, dass man prüft, wie die Vertrauensbasis zwischen den Vorstandsmitgliedern untereinander und gegenüber den Mitgliedern ist. Wenn es hier hakt, wird eine Delegation von Aufgaben in den Verein hinein scheitern. Sind die Strukturen des Vereins vom gegenseitigen Misstrauen geprägt, geht seine Lebenserwartung gegen Null.
Glücklicherweise entwickelt sich der Teamgedanke innerhalb der Vereinswelt äußerst positiv. Dennoch gibt es einige Vereine, die hier Nachholbedarf haben. Hier ist es ganz besonders wichtig, grundsätzlich umzudenken und in der Vereinsstruktur gegenzusteuern. Doch auch Vereine, die auf dem Weg zum Teamplay schon weit vorangekommen sind, können die nachfolgend skizzierten Maßnahmen nutzen, um die gelegten Grundlagen weiter auszubauen.
Lasst uns darüber reden
Führung braucht Vertrauen. Vertrauen braucht das Gespräch. Darum solltet ihr die Vereinsarbeit und die Delegationsmöglichkeiten zum Thema einer Mitgliederversammlung machen. Es sollte für diese Versammlung keine weiteren Tagesordnungspunkte geben. Macht schon in der Einladung deutlich, dass ausführlich über die zukünftige Vereinsarbeit diskutiert werden soll und jeder das Recht hat, seine Meinung hierzu zu äußern.
Vorteilhaft ist es, wenn ihr eine Liste der bereits umgesetzten Delegationen zusammenstellt. Wenn die Mitglieder merken, dass man nicht am Punkt Null anfangen muss, fällt es leichter, neue Ansätze zu finden. Gleichzeitig wird durch die Liste aber auch deutlich, dass man nicht in allen Bereichen das Rad neu erfinden muss und man sich bereits auf einem guten Weg befindet.
Zu Beginn der Versammlung solltet ihr den Ist-Zustand eures Vereins beschreiben. Der Vortrag sollte – wie eigentlich alle Vorträge – so umfassend wie nötig aber auch so kurz wie möglich sein. Im Zentrum sollten Antworten auf folgende Fragen gegeben werden:
- Welches Bild vermittelt unser Verein nach außen?
- Welche Aufgaben wurden bereits (erfolgreich?) aus dem Vorstand herausdelegiert?
- Weiß jeder im Verein, welche Ressorts die einzelnen Vorstandsmitglieder betreuen?
- Ist die Delegation flexibel genug, um schnell auf etwaige Veränderungen zu reagieren?
- Werden die bereits vorgenommenen Delegationen von den Mitgliedern akzeptiert oder eher kritisch gesehen?
Da man einen Vortrag möglichst mit einer Handlungsaufforderung beenden sollte, stellt ihr am besten am Schluss die Frage, wo die Mitglieder Handlungsbedarf sehen.
Was macht eigentlich der Vorstand
Auch für die eigene Bestandsaufnahme sollte euer Vorstand eine Aufstellung der von ihm zu übernehmenden Aufgaben anfertigen. Diese Liste sollte in drei Kategorien aufgeteilt werden:
- Zentrale Pflichtaufgaben des Vorstands, die für eine Delegation ungeeignet sind.
- Pflichtaufgaben des Vorstands, die delegiert werden können, wenn der Vorstand in regelmäßigen Abständen unterrichtet wird.
- Weitere Aufgaben innerhalb des Vereins, die delegiert werden können und bei denen die Vereinsmitglieder weitgehend unabhängig vom Vorstand aktiv werden.
Diese Liste sollte schon mit der Einladung zur Mitgliederversammlung zum Thema „interne Vereinsstruktur und Delegation“ an die Mitglieder versandt werden. So hat jeder schon im Vorfeld die Möglichkeit, sich zu überlegen, ob und vor allem wie er sich in die zukünftige Vereinsarbeit einbringen will.
Aktives Team aufbauen und erweitern
In fast allen Fällen wird man nach der Mitgliederversammlung zwar einige finden, die bereit sind, Aufgaben zu übernehmen. Meist sind es aber zu wenige, so dass man nach weiteren Helfern gezielt suchen muss. Hinzu kommt, dass leider nicht alle Mitglieder, die sich für eine Aufgabe gemeldet haben, auch dafür geeignet sind. Deshalb solltet ihr euch schon vor der Versammlung Gedanken darüber machen, wer in euren Reihen für welche Aufgabe am besten geeignet ist.
In der Versammlung können dann die geeigneten Mitglieder motiviert werden, sich für die entsprechende Aufgabe zu melden. Aber bitte nicht mit der Brechstange überreden. Eine mehr oder weniger erzwungene Zusage hat keinen langen Bestand.
Um die richtigen Kandidaten für zu delegieren Aufgaben zu finden, solltet ihr euch die folgenden Fragen zu der jeweiligen Person stellen:
- Welche Anforderungen stellt die Aufgabe an das Mitglied?
- Hat das Mitglied eventuell berufliche Erfahrungen, die es hier einbringen kann?
- Verfügt das Mitglied über andere Qualifikationen, die es für die Aufgabe prädestinieren?
- Wird für die Aufgabe ein Team benötigt und ist das Mitglied teamfähig?
- Verfügt das Mitglied über die nötige Zeit, um die Aufgabe zu übernehmen?
- Würde die Aufgabe das Mitglied herausfordern und reizen?
So sieht unser Verein in der Zukunft aus
Während der Versammlung sollte die Möglichkeit bestehen, die sich aus der Diskussion ergebende neue Vereinsstruktur auch visuell darzustellen. Am Schluss sollte dabei ein Organigramm entstehen, dass auch verdeutlicht, wie durch die Delegation eine größere Transparenz innerhalb des Vereins entsteht. Hierfür reicht zunächst ein großer Papierbogen (Packpapier-Rolle) – die „Reinzeichnung“ kann später erstellt und den Mitgliedern zugänglich gemacht werden. Aus dem Organigramm sollten folgende Punkte hervorgehen:
- Bezeichnung und Beschreibung der Aufgabe
- Wer übernimmt die Aufgabe? Wird hierfür ein Team gebildet, sollte dies in seiner ersten Besprechung einen Sprecher bestimmen.
- Mit welchen anderen Aufgaben steht die nun besetzte Aufgabe in Kontakt (Schnittstellenbeschreibung)?
- Wer ist der Verantwortliche innerhalb des Vorstandes (direkter Ansprechpartner)?
Enge Zusammenarbeit
Macht schon während der Versammlung deutlich, dass der Vorstand eng mit den einzelnen Gruppen zusammenarbeiten will. Die einzelnen Gruppen bzw. Aufgaben-Verantwortlichen sollen von vorneherein wissen, dass der Vorstand ihrer Arbeit unterstützt und auch hinter ihnen steht, wenn etwas nicht so perfekt läuft, wie man sich das eigentlich vorgestellt hatte. Hierzu sollte der Vorstand schon ein Grundkonzept der Betreuung vorstellen. Natürlich darf auch dieses Konzept diskutiert werden.
Zentrale Bausteine dieses Zusammenarbeitskonzept sollten sein:
- Regelmäßige Treffen mit den Gruppen, die auch direkt zusammenarbeiten müssen. An diesen Treffen nimmt das jeweils für die Gruppen zuständige Vorstandsmitglied Teil.
- Jour fixe mit den einzelnen Gruppen, die zu Beginn der Besprechungen stattfinden. Das Vorstandsmitglied nimmt nur am Jour fixe Teil.
- Ansprechbereitschaft des Mitglieds, das im Vorstand für den Bereich der Gruppe zuständig ist.
Diese Bausteine dienen nicht nur der Intensivierung einer Zusammenarbeit zwischen dem Vorstand und den Mitgliedern der einzelnen Arbeitsgruppen. Da die Gesamtverantwortung beim Vorstand bleibt, muss er auch darüber informiert werden, wie die einzelnen Gruppen arbeiten. Es sollte aber vermieden werden, dass die Gruppen das Gefühl bekommen, sie würden überwacht.