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  • 13. April. 2021
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Es gehört zu den unangenehmsten Themen innerhalb des Vereinslebens, aber man kommt nicht daran vorbei: sexuelle Übergriffe im Kinder- und Jugendbereich. Häufig schließt man solche Vorkommnisse im eigenen Verein einfach aus. Ein eklatanter Fehler! So mancher Sexualstraftäter hat sich schon in den Vereinen unter der Maske des netten und kinderfreundlichen Trainers eingeschlichen. Der Verein steht hier vor einem Problem: Auf der einen Seite muss er sehr sensibel reagieren – auf der anderen Seite dürfen die Mitarbeiter im Kinder- und Jugendbereich nicht unter einen Generalsverdacht gestellt werden.

Es gibt kein allgemein gültiges Täterprofil

Leider ist es so, dass man für Täter im Bereich des sexuellen Missbrauchs kein allgemeingültiges Täterprofil vorlegen kann. Doch wenn ihr die Medien verfolgt, werdet ihr auch feststellen, dass ein Großteil der Täter aus Bereichen kommen, in denen man sie am wenigsten vermutet. So kommen die Täter häufig aus dem nahen verwandtschaftlichen Umfeld. Auch in Vereinen kommt es leider immer wieder vor, dass ausgewählte Trainer, die das Vertrauen des Vereins besaßen, als Sexualstraftäter erkannt wurden.

Man muss sich darüber im Klaren sein, dass potenzielle Straftäter jede Möglichkeit nutzen. Deshalb besteht die Gefahr des sexuellen Missbrauchs auch in eurem Verein. Darum sind alle Vereine moralisch und auch rechtlich verpflichtet, sich mit dieser Thematik zu befassen.

Vorbeugen ist Pflicht

Vielleicht gibt es auch in eurem Verein stimmen, die die Ansicht vertreten, dass es nach außen negativ wirken würde, wenn man sich mit diesem Thema befasst. Man könnte dies ja als Schuldbekenntnis auslegen.

Doch Vereine, die sich offen und engagiert mit dem Thema auseinandersetzten erlebten in fast allen Fällen das Gegenteil: Keiner unterstellte den Vereinen Probleme in diesem Bereich. Im Gegenteil: Es wird positiv aufgenommen, dass sich der Verein hier offen zu seiner Verantwortung bekennt und im Vorfeld handelt.

Selbst die besten Präventivmaßnahmen schützen auch euren Verein nicht 100-prozentig. Kommt es aber im Verein tatsächlich zu einem sexuellen Missbrauch, begrenzt es den unvermeidbaren Schaden, wenn ihr bereits im Vorfeld Maßnahmen ergriffen hattet, um solche Vorkommnisse zu vermeiden.

Wie soll man mit potenziellen Trainern und Betreuern umgehen?

Bei der Aufnahme neuer Betreuer und Trainer kann es zu Problemen kommen, wenn das Thema angesprochen wird. Mancher mag sich durch eure Maßnahmen vorverurteilt vorkommen oder sieht darin ein Misstrauen ihm gegenüber.

Macht den „Neuen“ klar, dass die Vereinsregeln und -maßnahmen auch für die „alten Hasen“ verbindlich sind und dass sie auch zum Schutz der Betreuer und Trainer eingeführt wurden. Auf der einen Seite sollen die vorbeugenden Maßnahmen helfen, einen ungerechtfertigten Verdacht zu entkräften. Auf der anderen Seite würde ein Fall von Kindesmissbrauch auch auf alle Trainer und Betreuer zurückfallen.

Um wen geht es?

Die Strafbarkeit von sexuellen Handlungen an Minderjährigen richtet sich auch nach dem Alter der Opfer. Man unterscheidet zwischen Kindern (unter 14 Jahren) und Jugendlichen (ab 14 bis unter 18 Jahren). Außerdem wird bei der Strafbarkeit von sexuellen Handlungen unterschieden:

Unter 14 JahreGrundsätzlich strafbar
Unter 16 JahreStrafbar, wenn zwischen dem Täter und dem Minderjährigen ein Abhängigkeitsverhältnis besteht. Das ist bei Trainern oder Betreuern der Fall. Strafbar ist die Handlung auch, wenn der Trainer oder Betreuer keinen Druck auf das Opfer ausübt – also beispielsweise das Vertrauensverhältnis missbraucht.
Unter 18 JahreStrafbar, wenn das Abhängigkeitsverhältnis ausgenutzt wird, um die Tat zu begehen.
Über 18 JahreStrafbar, wenn die Handlung gegen den Willen des Opfers geschieht.

Worum geht es

Nach § 184g StGB sind sexuelle Handlungen „nur solche, die im Hinblick auf das jeweils geschützte Rechtsgut von einiger Erheblichkeit sind.“ Schön gesagt, aber wenig hilfreich. In der Praxis muss jede Handlung als sexuell angesehen werden, wenn Außenstehende daraus eine Beziehung zum Geschlechtlichen ableiten können. Hält ein Außenstehender die Handlung für unanständig oder anstößig, muss man von einer sexuellen Handlung ausgehen.

Wichtig: Die Motivation des Täters spielt keine Rolle. So stellt ein Zungenkuss grundsätzlich eine sexuelle Handlung dar. Ein Kuss „ohne Zunge“ auf ein nicht erogenes Körperteil könnte unter Umständen auch so gewertet werden, weshalb ein Trainer es grundsätzlich bei einer Umarmung belassen sollte, wenn ein Sieg zu feiern ist.

Was wird bestraft?

Im Strafgesetzbuch (StGB) sind die strafbaren Handlungen festgelegt (§§ 174 bis 184g). Für euch als Verein ist der § 174 StGB besonders wichtig. Hier geht es um den sexuellen Missbrauch von Schutzbefohlenen.  Der Gesetzgeber trägt hier dem Tatbestand Rechnung, dass zwischen einem Betreuer und einem ihm anvertrauten Schutzbefohlenen meist eine starke psychische Bindung besteht, die der Betreuer dann zum Nachteil des Schutzbefohlenen ausnutzt.

Nach § 176 StGB (Strafgesetzbuch) ist es strafbar, sexuelle Handlungen

  • an Kindern vorzunehmen oder von ihnen vornehmen zu lassen.
  • im Beisein von Kindern zu vollziehen oder ihnen zugänglich zu machen (z. B. Videostream)

Werden sexuelle Handlungen von einem Kind oder an einem Kind vorgenommen, kann sich der Täter nicht damit rechtfertigen, dass sich das Kind damit einverstanden erklärt hat. Schon der Versuch der sexuellen Handlung ist strafbar.

Als besonders schwere Fälle des sexuellen Missbrauchs gelten

  • die Durchführung des Geschlechtsverkehres,
  • jede Art des Eindringens in den Körper des Kindes (Anal, Oral, Vaginal usw.) mit Körperteilen (Penis, Finger usw.) oder Gegenständen,
  • das Vornehmen von sexuellen Handlungen von mehreren Tätern gemeinsam.
  • sexuelle Handlungen, die zu schweren Gesundheitsschäden oder zur erheblichen Störung der seelischen und körperlichen Entwicklung führen können

Sexueller Missbrauch von Jugendlichen liegt immer dann vor, wenn eine Zwangslage des Opfers ausgenutzt wird oder man das Opfer für die sexuelle Handlung bezahlt. Beispiel für eine Zwangslage: Ein Spieler erfüllt die Forderungen des Trainers, weil er sonst mit Nachteilen in der Mannschaft rechnet.

Natürlich sind auch die Herstellung und Verbreitung von Fotos und Filmen (gleich welcher Form) verboten, bei denen Kinder während sexueller Handlungen oder in eindeutig sexuellen Posen (auch bekleidet) abgebildet werden. Wie die Herstellung ist auch die Verbreitung – gleich in welcher Form – strafbar.

Mit Strafverschärfungen ist zu rechnen

Leider hat es in der jüngeren Vergangenheit Missbrauchsfälle gegeben, die man sich in dieser Dimension nicht vorstellen konnte. Darum plant der Gesetzgeber eine Verschärfung des Strafrahmens. Im Einzelnen ist geplant:

  • Verbreitung und Besitz von Kinderpornographie wird als Verbrechen mit Freiheitsstrafen nicht unter einem Jahr gehandelt. Bei gewerbs- oder bandenmäßigen Taten mindestens zwei Jahre. Die Höchststrafe soll dann 15 Jahre betragen.
  • Kindesmissbrauch wird schon bei leichten Fällen als Verbrechen eingestuft und mit mindestens einem Jahr Freiheitsstrafe geahndet. Höchststrafe 15 Jahre.
  • Neuer Straftatbestand: Sexuelle Handlungen ohne Körperkontakt. Hierzu gehört beispielsweise das Vornehmen sexueller Handlungen an sich selbst vor den Augen eines Kindes. Mindeststrafe sechs Monate, Höchststrafe zehn Jahre.
  • Einstellungen von Verfahren sollen nicht mehr wegen Geringfügigkeit oder gegen Auflagen eingestellt werden.
  • Bei schwerer sexueller Gewalt gegen Kinder wird ein dringend Tatverdächtiger grundsätzlich in Untersuchungshaft genommen. (Derzeit nur bei Flucht- oder Verdunkelungsgefahr).

Was ist sexueller Missbrauch?

Insbesondere im Sportbereich ist es in manchen Fällen schwer zu erkennen, ob schon sexueller Missbrauch vorliegt. So kann eine ganz normale Hilfestellung beim Sport zur sexuellen Handlung werden. Entscheiden ist dann, ob dahinter das Motiv des Trainers steht, sich selbst oder andere sexuell zu erregen oder gar zu befriedigen.

Gerade diese „Grauzone“ verlangt eure Wachsamkeit. Ihr müsst nicht nur die Kinder und Jugendlichen schützen. Es geht auch um eure Trainer und Betreuer, die sich schnell übler Nachrede und Verleumdung ausgesetzt sehen.

Gesetzliche Pflichten

Das „Gesetz zur Stärkung eines aktiven Schutzes von Kindern und Jugendlichen (Bundeskinderschutzgesetz – BkiSchG)“ besteht zum größten Teil aus Änderungen des achten Sozialgesetzbuches (SGB VIII) und befasst sich vorwiegend mit den Straftatbeständen (siehe „Was wird bestraft?“)  Aus diesen Bestimmungen ging dann das „Gesetz zur Kooperation und Information im Kinderschutz (KKG)“ hervor.

Nach § 8a des SGB VIII werdet ihr aufgefordert, mit der öffentlichen Jugendarbeit (kommunale Jugendpflege, Kreisjugendamt) eine „Vereinbarung zur Sicherstellung des Schutzauftrags nach § 72a SGB VIII“ zu schließen. Hierzu solltet ihr euch zunächst mit der örtlichen Jugendpflege in Verbindung setzen, wenn diese noch nicht an euch herangetreten ist.

Wichtig: Zum Schließen der Vereinbarung seid ihr verpflichtet. 

Mit dem Abschluss der Vereinbarung verpflichtet sich der Verein, bei jedem, der im Bereich der Kinder- und Jugendarbeit aktiv ist, Einsicht in ein aktuelles erweitertes Führungszeugnis nehmen. Das erweiterte Führungszeugnis kann nur vom Betroffenen selbst, nicht aber vom Verein angefordert werden. Dieses kann in den Bürgerbüros oder oft auch bei der kommunalen Jugendpflege beantragt werden und ist für die im Jugendbereich tätigen Ehrenamtlichen kostenlos. Gebt euren Mitarbeitern in der Kinder- und Jugendarbeit eine Bestätigung mit, dass er für den Verein tätig ist.

Wichtig: Da ihr das Zeugnis nur einseht und nicht archiviert (es bleibt beim Mitarbeiter) solltet ihr für eure Unterlagen ein kurzes Protokoll anlegen. Ergibt sich aus dem Führungszeugnis, dass der Bewerber bereits einschlägig vorbestraft ist, darf er natürlich nicht (mehr) eingesetzt werden.

Es sollten im Verein klare Regeln geben, wer das erweiterte polizeiliche Führungszeugnis einsehen darf. Hierauf gehen wir bei den Maßnahmen eures Vereins noch ein.

Moralische Verpflichtung

Abgesehen von der (straf-)rechtlichen Seite, hat diese Medaille auch eine moralische Verpflichtung. Keiner von euch wird sich wohl den Vorwurf gefallen lassen wollen, dass er nicht alles unternommen hat, um Übergriffe in den eigenen Reihen zu vermeiden. Nicht nur aus Imagegründen ergibt sich deshalb für euch eine ethische Verpflichtung, hier präventiv tätig zu werden.

Präventionsmaßnahmen

Um vorzubeugen, sollte der Vorstand einen Beschluss fassen, der von der Mitgliederversammlung bestätigt wird. Der Beschluss sollte die folgenden Punkte umfassen:

  • Ernennung eines Vorstandmitglieds zum Beauftragen für den Kinder- und Jugendschutz.
  • Einrichtung eines Vertrauensteams als Ansprechpartner für Kinder, Eltern und Jugendliche.
  • Kinder- und Jugendschutzbeauftragter und Vertrauensteam werden beauftragt
    • einen Verhaltenskodex für den Verein zu entwickeln und der Mitgliederversammlung vorzulegen. Soweit vorhanden unter Einbeziehung des Verbandes, dem euer Verein angehört.
    • eine Informationsveranstaltung zu entwickeln, die über den Kodex informiert. Auch hier sollte, soweit vorhanden, der Verband eingebunden werden.
    • von allen Kräften, die innerhalb des Vereins mit der Kinder- und Jugendarbeit betraut sind, ein erweitertes polizeiliches Führungszeugnis einzufordern und einzusehen. Das Führungszeugnis muss bei Beginn der Vereinstätigkeit und dann alle drei Jahre vorgelegt werden.
  • Der Kinder- und Jugendschutzbeauftragte des Vorstands wird beauftragt
    • Leitlinien zum internen Verhalten des Vereins bei Missbrauchsfällen zu entwickeln. Die Leitlinien werden vom Vorstand beschlossen und der Mitgliederversammlung zur Genehmigung vorgelegt.
    • ein Konzept zum öffentlichen Verhalten in der Frage des sexuellen Missbrauchs zu erstellen. Das Konzept soll sowohl die öffentliche Präsentation von Präventionsmaßnahmen umfassen, als auch das Verhalten beim Eintreten eines konkreten Falls.
  • Der Verein baut Kontakt zu externen Ansprechpartnern auf, die den Verein in Fragen der Prävention gegen Kinder- und Jugendmissbrauch beraten und unterstützen.

Der Beauftragte im Vorstand

Der Kinder- und Jugendschutz ist grundsätzlich ein Thema, das alle Mitglieder angeht. Die Brisanz und auch die umfangreiche rechtliche und moralische Dimension verlangt aber geradezu, dass ein Vorstandsmitglied die Aufgabe eines Beauftragten übernimmt.

Er sollte nicht dem Vertrauensteam angehören, ihm aber als Bindeglied zum Vorstand zur Verfügung stehen (siehe nächstes Kapitel). Außerdem ist er der Ansprechpartner für alle Fragen zum Thema, die von außen an den Verein herangetragen werden. Zu seinen Aufgaben gehören

  • Koordination von Präventionsmaßnahmen (gemeinsam mit dem Vertrauensteam).
  • Persönliche Fortbildung in rechtlichen und sonstigen Fragen zum Thema
  • Unterstützung des Vertrauensteams bei der Erfüllung ihrer Aufgaben
  • Teilnahme an Abteilungs- und Vereinssitzungen zur Präsentation der Präventionsmaßnahmen.

Das Vertrauensteam

Viele Fälle von Missbrauch werden nicht aufgedeckt, weil die Opfer keinen Ansprechpartner finden. Auch die Helfer im Verein müssen die Möglichkeit haben, vertraulich über Probleme hierzu zu sprechen. Gleiches gilt für die Eltern.

Euer Verein sollte deshalb ein Vertrauensteam einführen, das als Ansprechpartner zur Verfügung steht. Dem Team sollte eine männliche und eine weibliche Person angehören. Insbesondere betroffene Kinder oder Jugendliche wollen sich in dieser Situation wahrscheinlich nicht jemanden anvertrauen, der das gleiche Geschlecht wie der Täter hat.

Die Mitglieder des Vertrauensteams müssen

  • strafrechtlich unbescholten sein. Auch sie sollten ein erweitertes polizeiliches Führungszeugnis vorlegen, das der Vorstandsbeauftragte einsieht.
  • gute Zuhörer sein, die auf die in vielen Fällen traumatisierten Gesprächspartner sensibel eingehen.
  • ein gutes Verhältnis zu allen Vereinsmitgliedern haben und auch in der Öffentlichkeit ein gutes Image haben.
  • vor allen Dingen verschwiegen sein. Es muss sichergestellt sein, dass alle Gespräche äußerst vertraulich behandelt werden.

Da die Vertraulichkeit bei diesem Thema eine entscheidende Rolle spielt, solltet ihr von den Mitgliedern des Vertrauensteams folgende Erklärung unterschreiben lassen:

Der Vorstand des [Name des Vereins, wie er im Vereinsregister eingetragen ist] hat mich, [Vor- und Nachname], geboren am [Geburtsdatum] zum Mitglied des Vertrauensteams für den Schutz der Kinder und Jugendlichen innerhalb des Vereins ernannt. Ich habe der Ernennung zugestimmt.

Im Rahmen dieser Tätigkeit gehört es zu meinen Aufgaben, die erweiterten Führungszeugnisse einzusehen und nach Einsichtnahme an die Eigentümer zurückzugeben und über das Ergebnis der Einsichtnahme ein Protokoll anzufertigen. Das Protokoll übergebe ich dem Beauftragten des Vorstands für Fragen zum sexuellen Missbrauch.

Mir ist bewusst, dass ich als Vertrauensperson in einem besonderen Vertrauensverhältnis zu allen Personen stehe, mit denen ich in Zusammenhang mit meiner Aufgabe in Kontakt komme. Ich werde deshalb alle im Rahmen meiner Tätigkeit bekannt gewordenen Informationen streng vertraulich behandeln. Das gilt insbesondere für Daten, die personenbezogen oder auf Personen beziehbar sind. Ich werde auch keine Informationen in anonymisierter Form weitergeben. Ich bewahre Stillschweigen gegenüber allen natürlichen und juristischen Personen. Hiervon ausgenommen sind

  1. die betroffenen Personen, die sich mir anvertraut haben, soweit es sich um die von ihnen gemachten Angaben handelt.
  2. die Mitglieder des im Vereinsregister eingetragenen haftenden Vorstands entsprechend § 26 BGB, insbesondere der Beauftragte des Vorstands für Fragen zum sexuellen Missbrauch.
  3. Ansprechpartner für Fragen zum Kinder- und Jugendschutz beim Landesverband, wenn dies mit dem Beauftragten des Vorstands für Fragen zum sexuellen Missbrauch abgestimmt wurde.
  4. der staatlichen Strafverfolgungsbehörden.

Sollte ich mir unsicher sein, ob eine an den Informationen interessierte Person zum oben genannten Personenkreis gehört, nehme ich mit dem Beauftragten des Vorstands für Fragen zum sexuellen Missbrauch Kontakt auf und hole seine Zustimmung für die Datenweitergabe ein.

Verhaltenskodex

Euer Verein sollte einen Verhaltenskodex entwickeln, der von der Mitgliederversammlung als allgemein bindend beschlossen wird. Der Kodex sollte allen Trainern und Betreuern vor Aufnahme ihrer Tätigkeit ausgehändigt werden. Es empfiehlt sich, diesen Kodex auch von den in der Kinder- und Jugendarbeit eingebundenen Personen unterschreiben zu lassen. Im Kodex sollte geregelt werden:

  • Allgemeine Erklärung zur besonderen Verantwortung gegenüber den anvertrauten Kindern und Jugendlichen.
  • Ausdrückliche Erklärung, dass alle Kinder und Jugendliche vor körperlicher und seelischer Gewalt, sowie jeder Art der gesundheitlichen Beeinträchtigung im Verein geschützt werden.
  • Besonderer Hinweis auf den Schutz vor sexualisierter Gewalt und jede Form der Diskriminierung.
  • Verpflichtung aller Mitglieder die körperliche und seelische Unversehrtheit sowie die Intimsphäre der Kinder und Jugendlichen zu achten.
  • Verbot jeder Art von Gewalt jeglicher Art (weder physisch, psychisch, sexuell oder in anderer Form).
  • Schutz der Intimsphäre der Kinder und Jugendlichen – auch vor anderen Kindern und Jugendlichen.
  • Festlegung der Vereinsaufgabe: Die anvertrauten Kinder und Jugendlichen in ihrer körperlichen und persönlichen Entwicklung positiv zu beeinflussen und zu unterstützen.
  • Respekt, Teamfähigkeit, Toleranz, Fairness [diese Aufzählung kann noch erweitert werden] als zentrale Ziele des Vereins festlegen.
  • Alters- und geschlechtsgerechte Entwicklung und Umsetzung der Angebote für Kinder und Jugendliche.
  • Vertrauliche Behandlung aller Informationen über die Kinder und Jugendlichen.
  • Sensibler und gesetzeskonformer Umgang mit Bildmaterial auf denen Kinder und Jugendliche abgebildet sind. Zurückhaltung bei der Veröffentlichung, insbesondere in sogenannten sozialen Medien.
  • Meldung von Verstößen gegen den Kodex an den Vorstand und Unterstützung bei der Klärung von Verstößen.

Das Thema geht alle an

Bei der Prävention solltet ihr alle Mitglieder einbinden. Es geht nicht nur um die direkt Betroffenen (Vorstand, Vertrauensteam, Trainer, Betreuer usw.), auch alle anderen Mitglieder sollten für das Thema sensibilisiert werden. Außerdem sollten alle die Personen kennen, die im Verein angesprochen werden können, wenn man einen Verdacht hegt. 

Zur Einführung eures Kinderschutzkonzeptes und danach auch ein- bis zweimal im Jahr solltet ihr die Mitgliederversammlung oder Vereinstreffen nutzen, um über euer Konzept zu informieren. Dabei sollte man auch verdeutlichen, dass es primär um den Schutz der Kinder und Jugendlichen geht, gleichzeitig aber auch die Trainer und Betreuer geschützt werden.

Zur Information der Mitglieder sollte auch der Verhaltenskodex in den Clubräumen ausgehängt werden.

Was tun, wenn es ernst wird?

Wird eurem Verein vorgeworfen, dass es zu Übergriffen kam, müsst ihr zwar schnell und umfassend, aber nicht überhastet oder panisch reagieren. Gerade bei einem so sensiblen Thema ist es wichtig, dass man auf diesen Ernstfall vorbereitet ist und entsprechende Leitlinien entwickelt hat.

Im Konfliktfall sollte umgehend das Vertrauensteam oder der Vorstandsbeauftragte informiert werden. Sind diese nicht erreichbar, wendet man sich an ein anderes Vorstandsmitglied. Es sollte darauf geachtet werden, dass der Kreis der Informierten (zunächst) möglich klein gehalten wird. Das ergibt sich schon aus dem Schutz der sensiblen Daten. Es ist aber auch besser, die Fragen im kleinen Kreis zu klären und eine Lösung herbeizuführen.

Zügig handeln

Alle Maßnahmen müsst ihr zügig einleiten. Dabei steht aber immer der Schutz der Kinder und Jugendlichen im Vordergrund. Dritte sollten deshalb erst eingeschaltet werden, wenn dies nicht mehr zu vermeiden ist. Hier muss man allerdings auch immer bedenken, dass es sich bei den Vergehen um Straftaten handelt, die man zur Anzeige bringen muss.

Sexuelle Gewalt ist nicht gleich sexueller Gewalt. Zwischen der verbalen Entgleisung und der körperlichen Gewalt liegt ein breites Feld. Entsprechend unterschiedlich muss euer Verein reagieren. Das heißt aber nicht, dass man „Kleinigkeiten“ unter den Teppich kehrt – auch hier gilt: Währet den Anfängen. Auch kleinere Vorkommnisse können zu einer kaum widergutmachbaren Rufschädigung des Vereins führen.

Grundsätzlich sollte jedes Gespräch im Rahmen der Klärung eines Missbrauchsvorwurfs protokolliert und von den Beteiligten unterschrieben werden. Neben Ort, Datum und Uhrzeit des Gesprächs, sollte zunächst Stillschweigen über den Inhalt des Gespräches vereinbart werden. Außerdem sollten die Gesprächspartner genannt werden, der Vorwurf detailliert beschrieben werden, die Stellungnahmen des Betroffenen und das Ergebnis des Gesprächs festgehalten werden. Werden weitere Schritte vereinbart, sollten diese ebenfalls aufgeführt werden.

Wichtig: Weitere Schritte sollten immer terminiert werden. Es ist im Sinne aller Beteiligten, die Angelegenheit zügig voran beziehungsweise zum Abschluss zu bringen.

Die Beschreibung der Vorwürfe muss detailliert sein: Was wird dem Beschuldigten vorgeworfen, wann und wo es zu den Vorkommnissen gekommen und wie war der Ablauf? Außerdem sollte festgehalten werden, um welche Verstöße es sich handelt, falls sich die Anschuldigungen bewahrheiten und gegen welche internen Regeln verstoßen wurde beziehungsweise um welche (straf-)rechtlichen Verstöße es sich handelt.

Unhaltbare Vorwürfe

Stellt sich heraus, dass die Vorwürfe unbegründet sind, sollte das Vertrauensteam ein klärendes Gespräch mit den Personen führen, die den Vorwurf erhoben haben. Es sollte erläutert werden, warum man zu dem Ergebnis gekommen ist, dass die Vorwürfe nicht aufrechterhalten werden können. Man sollte aber den Personen, die die Vorwürfe erhoben haben, auch verdeutlichen, dass man dankbar ist, wenn man in diesem sensiblen Bereich wachsam ist und bleibt.

Leichte Verstöße

Bei leichten Verstößen führt das Vertrauensteam umgehend ein Gespräch mit dem Beschuldigten.  Die Personen, die den Vorwurf erhoben haben, sollten nicht am Gespräch teilnehmen.

Bei gerechtfertigten Anschuldigungen müsst ihr dem Beschuldigten deutlich machen, dass er sich falsch verhalten hat. Bei leichten Verstößen kommt es auch vor, dass sich der Beschuldigte gar nicht bewusst ist, dass er sich falsch verhielt. Am Ende der Unterredung sollte eine Vereinbarung stehen, die von allen am Gespräch beteiligten Personen unterschrieben wird. Es sollte festgehalten werden:

  • Das Vergehen des Beschuldigten.
  • Die Einsicht des Beschuldigten, dass er sich falsch verhalten hat.
  • Die Maßnahmen, die durchgeführt werden sollen, um die Angelegenheit aus der Welt zu schaffen (mit Terminen, was bis wann erledigt werden soll).
  • Die Verpflichtung des Beschuldigten, die Regeln des Vereins zukünftig zu beachten.
  • Den Hinweis, welche Folgen weitere Verstöße haben werden.

Grobe Verstöße

Bei dem Verdacht auf grobe Verstöße müsst ihr mit äußerster Vorsicht vorgehen. Ergeben erste – vorsichtige – Recherchen, dass an den Vorwürfen etwas dran sein sollte, schaltet man besser zusätzliche, externe Institutionen ein.

Hier können meist auch die Verbände helfen, die meist über eigene Abteilungen oder Ansprechpartner verfügen, die weiterhelfen. Außerdem gibt es weitere Beratungsstellen, die euch gerne helfen. Der Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs hat hierzu im Internet eine Seite eingerichtet, über die ihr entsprechende Einrichtungen in der Nähe findet (www.Hilfeportal-missbrauch.de à Adressen à Hilfen in Ihrer Nähe).

Bei dem Verdacht von groben Verstößen kann es unumgänglich sein, die Polizei einzuschalten. Auch hier hilft man Ihnen auch gerne weiter, selbst wenn ihr euch nicht im Klaren seid, ob eine Anzeige sinnvoll beziehungsweise notwendig ist.

Kommt es so weit, dass die Staatsanwaltschaft ermittelt, müsst ihr so eng wie möglich mit den Verfolgungsbehörden zusammenarbeiten. Sobald die Staatsanwaltschaft ermittelt, dürft ihr keine weiteren Schritte unternehmen, ohne diese vorher mit den Ermittlern abzustimmen.

Gerade bei vermutlichen schweren Verstößen steht ihr vor einem Problem: Auf der einen Seite wäre es unverantwortlich, den Beschuldigten weiter in Kontakt mit den Minderjährigen zu belassen. Eine Sperre könnte aber – falls sich die Vorwürfe bestätigen – den Täter warnen. Darum solltet ihr so früh wie möglich den Kontakt zu den Behörden suchen.

Tipp: Das Vertrauensteam sollte sich beim zuständigen Amtsgericht vorstellen. Dies wird von den Behörden meist sehr positiv aufgenommen und man ist dann häufig gerne bereit, auch auf dem „kleinen Dienstweg“ zu helfen.

Offen gegenüber der Öffentlichkeit

Hat man sich schon im Vorfeld zu seiner Verantwortung bekannt, ist es für euren Verein leichter, die Imageschäden – die dann unvermeidbar sind – gering zu halten, wenn es zu einem Vorfall kommt. Darum solltet ihr von Anfang an über eure Präventionsmaßnahmen in den Medien berichten. Informiert über euer Konzept, den Beauftragten des Vorstands und das Vertrauensteam.

Tipp: In den Mitgliederversammlungen (zu dem ja meist die Presse eingeladen wird) sollte der Komplex durch den Rechenschaftsbericht des Beauftragten thematisiert werden.

Bei konkreten Fällen darf nichts vertuscht werden. Der Schuss geht immer nach hinten los und macht die Sache nur noch schlimmer. Allerdings solltet ihr auch wohlüberlegt und nicht zu früh an die Öffentlichkeit gehen. Für alle Fälle sollten der Vorstands-Beauftragte, das Vertrauensteam und – falls vorhanden – der Medienwart des Vereins eine Presseerklärung vorbereiten, die bei Journalistenanfragen weitergegeben wird.

Gibt es keine Beweise für die im Raum stehenden Anschuldigungen, sollte man nur auf Anfragen reagieren. Zunächst betont man dann, dass man die Angelegenheit sehr ernst nimmt und alles unternimmt, um Klarheit zu schaffen. Habt ihr bereits Kontakt mit den Behörden aufgenommen, sollte auch darauf hingewiesen werden.

Zum Schutz des Betroffenen sollte dieser zunächst freigestellt werden. Grundsätzlich werden Anfragen nach Namen abgelehnt. Dies verbietet sich schon aus datenschutzrechtlichen Gründen, soll aber auch Opfer und Täter schützen. Ermitteln die Behörden, solltet ihr weitergehende Stellungnahmen ablehnen und darauf hinweisen, dass es sich um ein schwebendes Verfahren handelt und man die Ermittlungsarbeiten auf keinen Fall durch weitgehende Stellungnahmen erschweren möchte.

Ergeben eure Recherchen und die Ermittlungen der Behörden, dass ein dringender Tatverdacht besteht, weist darauf hin, dass man die entsprechenden Schritte eingeleitet hat und eng mit den Behörden zusammenarbeitet. In diesem Zusammenhang sollte auch auf den Verhaltenskodex und die Präventivmaßnahmen hingewiesen werden.

Tipp: Wenn dies der Fall ist, sollte man auch darauf hinweisen, dass das Präventivkonzept dazu beigetragen hat, die Angelegenheit schnell zu erkennen. Bei Anschuldigungen, die sich als haltlos herausstellen, solltet ihr eine Presseerklärung herausgeben, in der der Beschuldigte rehabilitiert wird. Auch wenn Namensnennungen tabu sind, ist meist – gerade in kleineren Orten – schnell bekannt, um wen es sich bei dem zu Unrecht Beschuldigten handelt. Auch bei diesem Rehabilitationsbeitrag sollte auf das Konzept des Vereins verwiesen werden.

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