Steht für die Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung, können die vollen Kosten abgezogen werden. Soweit der Grundsatz. Doch wie sieht es beim Arbeitszimmer eines Rentners aus?
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Grundsätzlich: Kein Abzug der Kosten
Können Rentner und Pensionäre ein Arbeitszimmer absetzen? Grundsätzlich nein. Denn sie erhalten ihre Ruhestandsbezüge, ohne dass eine aktive Tätigkeit erforderlich wäre, die im Arbeitszimmer verrichtet werden müsste.
Auch können sie im Ruhestand nicht durch eine Tätigkeit Einfluss darauf nehmen, ob und in welcher Höhe ihnen die Altersbezüge gezahlt werden. (Urteil des Bundesfinanzhofs, VI R 24/93).
Ausnahme: weitere Tätigkeiten während des Ruhestands
Doch viele Senioren machen auch vor Arbeit im Rentenalter nicht halt: So erzielen sie häufig steuerpflichtige Einkünfte aus selbstständiger oder nichtselbstständiger Arbeit. Beispielsweise für eine Tätigkeit als Gutachter, Schriftsteller, Autor, Dozent oder Berater.
In diesem Falle könnte das Arbeitszimmer als „Mittelpunkt der gesamten beruflichen und betrieblichen Betätigung“ in Betracht kommen – und somit könnten sie ihre vollen Kosten für das Arbeitszimmer absetzen. Doch: sind in die Gesamtbetrachtung des „Mittelpunktes“ auch Kapitaleinkünfte, Vermietungseinkünfte sowie Renten und Pensionen mit einzubeziehen?
Mittelpunkt oder kein Mittelpunkt?
Bei Ruheständlern, die im Arbeitszimmer nebenher Einkünfte erzielen, kann das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung darstellen. Dann sind die Kosten des Arbeitszimmers unbegrenzt als Betriebsausgaben oder Werbungskosten absetzbar.
Falls der Mittelpunkt der Tätigkeit nicht im Arbeitszimmer liegt und für die Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht, sind die Arbeitszimmerkosten nur begrenzt bis 1. 250 Euro abziehbar (Aktenzeichen VIII R 5/09).
Lehr – und Vortragstätigkeit
In einem aktuellen Fall nutze ein pensionierter Beamter sein Arbeitszimmer zur Vorbereitung von Vortrags- und Lehrveranstaltungen. Die Kosten dafür erkannte das Finanzamt jedoch nur in begrenzter Höhe als Werbungskosten an.
Der Mittelpunkt lag hier nicht im Arbeitszimmer, sondern dort, wo die Vorträge und Lehrveranstaltungen tatsächlich erbracht wurden. Dass der Pensionär Versorgungsbezüge erhalten hatte, wurde im Urteil nicht thematisiert und hatte auf die Entscheidung keinen Einfluss.
Welche Einkünfte?
Bei der Beurteilung des „Mittelpunktes“ sind nur tatsächliche aktuelle Betätigungen einzubeziehen. Erfasst werden daher nur solche Einkünfte, die grundsätzlich ein Tätigwerden im jeweiligen Jahr erfordern. Dabei ist es unschädlich, wenn im Einzelfall eine konkrete Tätigkeit im betreffenden Jahr nicht erforderlich gewesen ist (VIII R 3/12).
Vermögensverwaltende Tätigkeiten
Einbezogen werden auch vermögensverwaltende Tätigkeiten, bei denen die „Nutzenziehung“ im Vordergrund steht. Dies betrifft Einkünfte aus Kapitalvermögen, Vermietung und Verpachtung sowie sonstige Einkünfte. Solche Einkünfte erfordern grundsätzlich ein kontinuierliches, aktuelles Tätigwerden in Form der Vermögensverwaltung.
Einkünfte aus früheren Dienstleistungen
Nicht einbezogen werden hingegen Einkünfte aus früheren Dienstleistungen, die nach Erreichen der Altersgrenze gezahlt werden. Dazu zählen Renten, Betriebsrenten und Beamtenpensionen.
Im Urteilsfall übte ein Pensionär in seinem Arbeitszimmer eine selbstständige Tätigkeit als Gutachter aus. Da dies seine Haupttätigkeit war und der Bezug der Pension außer Betracht blieb, war das Arbeitszimmer der „Mittelpunkt“ der gesamten beruflichen und betrieblichen Betätigung. Geringfügige Einkünfte aus Vermietung blieben bei der Gesamtbetrachtung außen vor, weil die Tätigkeit als Vermieter wegen ihrer Geringfügigkeit hinter die Gutachtertätigkeit zurücktrat. Somit waren die Arbeitszimmerkosten in unbegrenzter Höhe als Betriebsausgaben absetzbar.