
Faktor X
Mehr Netto für Paare mit Faktor
Wenn beide Ehepartner verdienen, hatten sie bislang wenig Alternativen: Nur die Steuerklassen “3 / 5” oder “4 / 4” standen zur Wahl. Ab 2010 können Doppelverdiener das “Faktorverfahren” beantragen.
So lassen sich die Nachteile der bisherigen Steuerklassen – zu hoher Steuerabzug oder saftige Nachzahlungen – vermeiden.
Kurz & knapp
- Das Finanzamt berechnet den steuermindernden Faktor.
- Das Faktorverfahren verteilt den gerecht auf die Eheleute.
- Hohe Nachzahlungen oder ein zu hoher Lohnsteuerabzug werden vermieden.
Die auf Basis der gewählten Steuerklassen im Laufe des Jahres einbehaltene Lohnsteuer ist lediglich eine Art Schätzung der tatsächlichen Steuerbelastung und als Vorauszahlung zu verstehen. Erst über die Steuererklärung wird die tatsächliche Steuerschuld ermittelt. So ist die Steuerklassenkombination IV/IV von Vorteil, wenn die Eheleute etwa gleich viel verdienen. Bekommt der eine Ehepartner hingegen sehr viel weniger Lohn als sein Partner, sind die Steuerklassen III/V vorteilhaft.
Die Steuerklasse III hat dabei den deutlich geringeren Steuerabzug, deshalb ist hier logischerweise derjenige anzusiedeln, der mehr verdient. Dementsprechend erhält der Ehepartner mit dem geringen Arbeitslohn die Steuerklasse V, die – und das war bisher der große Nachteil – zu einem relativ hohen Lohnsteuerabzug führt. Als Faustregel gilt: Die Steuerklassenwahl III/V lohnt sich, wenn der Ehepartner mit der Steuerklasse III rund 60 Prozent und der in Steuerklasse V etwa 40 Prozent zum gemeinsamen Bruttoarbeitslohn beisteuert. Denn dann entspricht die Summe des Lohnsteuerabzuges circa der gesamten Einkommensteuerschuld.
Doch die Praxis stimmt mit der Theorie der Lohnsteuerklassenwahl oft nicht überein – und das kann Folgen haben: Entweder ist über das Jahr verteilt der gesamte Lohnsteuerabzug zu niedrig. Die Folge: Die Einkommensteuererklärung führt mitunter zu einer saftigen Nachzahlung. Oder es wird zu viel Lohnsteuer einbehalten. In diesem Fall kommt es zwar zu einer Erstattung, allerdings geben die Eheleute in der Zeit bis zur Rückzahlung dem Fiskus ein zinsloses Darlehen. Das neue Faktorverfahren soll diese Nachteile nun beseitigen.
Was ist das Faktorverfahren und wie wird es berechnet?
Bei der Faktorberechnung handelt es sich um eine Modifikation der Steuerklassenkombination IV/IV, die der Lohnsteuerberechnung zugrunde liegt. Zur Berechnung des Faktors, der dem Verfahren seinen Namen gibt, wird zunächst die voraussichtliche Höhe der gesamten Einkommensteuer (Y) für beide Ehepartner ermittelt. Dann die Summe der voraussichtlichen Lohnsteuer (X) beider Ehepartner in der Steuerklasse IV. Schließlich wird Y durch X dividiert, das Ergebnis ist der steuermindernde Faktor. Damit sich betroffene Eheleute nicht in komplizierte Berechnungen einarbeiten müssen, hat das Bundesfinanzministerium unter Abgabenrechner.de ein nützliches Werkzeug zur individuellen Faktorberechnung bereitgestellt.
Welche Vorteile hat das Faktorverfahren?
Zunächst einmal haben die Eheleute jeden Monat mehr Netto vom Brutto. Die steuermindernden Abzüge werden beiden bereits beim Lohnsteuerabzug durch den Arbeitgeber zuteil. Unter dem Strich kommt es damit zu einer gerechteren Verteilung der Lohnsteuer im Jahresverlauf. Im Gegenzug können Nachzahlungen bedingt durch einen zu geringen Lohnsteuerabzug vermieden werden.
Allerdings ist zu beachten, dass die Wahl der Lohnsteuerklassenkombination nur für Vorauszahlungszwecke von Bedeutung ist. Die endgültige Steuerbelastung wird auch durch das Faktorverfahren nicht beeinflusst. Insoweit besteht der Vorteil in der Gewissheit, dass keine hohe Nachzahlung zu erwarten ist. Oder dass es aufgrund eines zu hohen Lohnsteuerabzuges nicht zu einem Zinsnachteil während des Jahres kommt.
In Einzelfällen können sich darüber hinaus Vorteile bei Lohnersatzleistungen ergeben, die sich nach der Höhe der monatlichen Nettobezüge richten. So beispielsweise beim Eltern- oder Arbeitslosengeld, deren Höhe auf dieser Basis berechnet wird. Ist per Faktorverfahren ein zu hoher Lohnsteuerabzug ausgeschlossen, steigert dies zunächst die Nettobezüge und in der Folge eben auch die jeweilige Lohnersatzleistung.
Wer kann das Faktorverfahren wählen?
Das Faktorverfahren können alle Eheleute beantragen, die nicht dauerhaft getrennt leben, wenn beide in einem Dienstverhältnis stehen und Arbeitslohn beziehen sowie alle sonstigen Voraussetzungen der Zusammenveranlagung für die Einkommensteuer erfüllen.
Sofern nur ein Ehepartner als Arbeitnehmer beschäftigt und der andere selbstständig ist, kommt das Faktorverfahren nicht infrage, da die Einkommensteuervorauszahlungen des Selbstständigen direkt vom Finanzamt festgesetzt werden.
Wie beantragt man das Faktorverfahren?
Die Anwendung des Faktorverfahrens kann nur auf gemeinsamen Antrag beider Eheleute erfolgen. Der Antrag kann grundsätzlich formlos durch die Vorlage der Lohnsteuerkarten und Nennung der jeweils voraussichtlichen Bruttoarbeitslöhne beim Wohnsitzfinanzamt gestellt werden.
Sofern auch Freibeträge im Faktorverfahren berücksichtigt werden sollen, scheidet ein formloser Antrag aber aus. In diesem Fall muss ein Antrag auf Lohnsteuerermäßigung eingereicht werden. Für 2010 kann dieser im Formularcenter des Bundesfinanzministeriums heruntergeladen werden.
Auf der Lohnsteuerkarte können die Freibeträge beim Faktorverfahren allerdings nicht mehr eingetragen werden, da sie bereits bei der Ermittlung der voraussichtlichen Einkommensteuerschuld berücksichtigt wurden. Verloren gehen sie dadurch natürlich nicht.
Für ein bereits laufendes Jahr kann der Antrag längstens bis zum 30. November gestellt werden, dann wirkt er sich allerdings nur noch in der Lohnabrechnung für Dezember aus.
Muss eine Einkommensteuererklärung abgegeben werden?
Ja. Ebenso wie bei Wahl der Steuerklassenkombination III/V müssen die Eheleute nach Ablauf des Kalenderjahres zwingend eine Steuererklärung abgeben, wenn das Faktorverfahren beantragt wurde. Auf diese Weise will der Fiskus prüfen, ob das Modell auch tatsächlich zu einem richtigen Ergebnis geführt hat.
Trotz dieser Pflicht besteht für die Eheleute aber kein Zwang, dem Finanzamt schon während des Jahres mitzuteilen, wenn sich die Höhe der Arbeitslöhne ändert, die der Faktorberechnung zugrunde lagen.
Unter bestimmten Voraussetzungen ist der Arbeitgeber berechtigt, die einbehaltene Lohnsteuer insoweit zu erstatten, als sie die auf den Jahresarbeitslohn entfallende Jahreslohnsteuer übersteigt. Mit diesem sogenannten Lohnsteuer-Jahresausgleich durch den Arbeitgeber, der insbesondere bei großen Firmen in der Gehaltsabrechnung für Dezember durchgeführt wird, soll den Arbeitnehmern schnellstmöglich zu viel gezahlte Lohnsteuer erstattet werden. Da Arbeitnehmer im Faktorverfahren allerdings verpflichtet sind, eine Einkommensteuererklärung abzugeben, ist die Option des Lohnsteuer-Jahresausgleichs durch den Arbeitgeber ausgeschlossen.
Welche Folgen hat das Faktorverfahren für die Arbeitgeber?
Zusätzliche Pflichten treffen den Arbeitgeber nicht. Wie bisher ist er lediglich verpflichtet, entsprechend den Angaben auf der Lohnsteuerkarte die Lohnsteuer zu berechnen und abzuführen. Dabei hat er auch einen in Abschnitt II der Lohnsteuerkarte aufgeführten Faktor zu berücksichtigen. Dieser wird ebenso wie die Lohnsteuerklasse in der verwendeten Lohnsoftware gespeichert.
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1 Kommentar
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Vielen Dank insbesondere für die Aussage, dass sich die tatsächlich zu zahlende Lohnsteuer durch die Steuerklassenwahl nicht ändert. Dies wird in den meisten Beiträgen zu diesem Themenbereich übersehen oder verkannt.