12. April 2022

Der Auszug beginnt mit dem Einzug

In Deutschland sind Mieter und Wohnungsnutzer in den vergangenen 20 Jahren mobiler geworden. Arbeitsplatzwechsel, Trennung vom Partner, Beginn und Ende des Studiums, Verlagerung des Lebensmittelpunktes bei Eintritt ins Rentenalter, aber auch finanzielle Gründe beziehungsweise Verdrängungsprozesse oder der Bezug eines Eigenheims sind die Gründe. Mobilität ist eben der Vorteil des Mietens. Man ist flexibel und kann relativ unkompliziert den Wohnort wechseln.

Das Eigenheim, häufig als das Ziel aller Träume dargestellt, hat dagegen erkennbare „kleinere“ Nebenprobleme. Da ist die Finanzierung für Grundstück und Neubau mit hoffentlich ausreichendem Eigenkapital. Dann die Auswahl des Bauplatzes, wo kaum jemand weiß, wie das, was versprochen wird, auch in den nächsten Jahren in Erfüllung geht. Da warten viele immer noch auf die Anbindung an den ÖPNV oder die Kita in der Nähe. Und die meisten, die bauen, haben kleine oder schulpflichtige Kinder. Deshalb wird für den Nachwuchs mitgebaut. Doch häufig läuft es so: Die Kinder werden flügge, studieren, finden den Job weit ab von zu Hause und kommen nur noch zu Besuch.

Das mehrfache Umziehen ist eher was für Mieter. In meiner Beratungstätigkeit sehe ich daher immer weniger Leute, die schon mehr als 30, 40 Jahre ihre ursprüngliche Wohnung innehaben. Der immer wieder notwendige Wohnraumwechsel ist nicht nur ein gesellschaftliches Problem und Dynamo für die Mietpreisentwicklung, sondern enthält auch Konfliktpotenzial. Bei der Wohnungssuche stehen viele unter Druck. Wenn die Zusage des Maklers kommt und man meint, dass jetzt alles passt, dann fällt meist eins unter dem Tisch – und bei Verliebten sieht man das ja auch hin und wieder: Man schaut sich die neue Wohnung respektive die Braut oder den Bräutigam mit einer rosaroten Brille an. „Passt schon“, ist die Standardaussage vieler Wohnungsuchender. Die kleinen Mängel werden mit offenen Augen übersehen, Zusicherungen blauäugig zur Kenntnis genommen. Und dann steht im Mietvertrag, den man im Freudentaumel kaum durchliest: „Die Wohnung wurde im vorgefundenen Zustand übernommen und gilt als vertragsgemäßer Zustand.“ Mit der Folge: Bei Auszug rechnen Vermieter alle diese kleinen Mängel eventuell dem ausziehenden Mieter zu.

Ich hoffe, Sie sind trotz der Umstände des Umzuges hellwach und kritisch bei der Anmietung einer neuen Wohnung. Ein Protokoll bei der Übernahme der Wohnung hilft dabei immer.

Dr. Jürgen Fischer kommt aus der DMB-Mieterbewegung. Schwerpunkte des Juristen sind Mietrecht und Energie, speziell das Thema Heizkosten. Von 2003 bis 2021 hat er die Verbraucherzentrale Mecklenburg-Vorpommern in Rostock geschäftsführend geleitet.