15. September 2021

Gutverdiener haften für ihre Eltern

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Dieser Artikel wird die meisten Leserinnen und Leser nicht betreffen, denn die Masse der Bevölkerung verdient unter 100.000 Euro brutto im Jahr und muss daher nicht für die pflegebedürftigen Eltern aufkommen. Diese Einkommensgrenze gilt seit 2020. Nur noch wohlhabende Kinder müssen Aufwendungen des Staates für die Pflege ihrer Eltern begleichen. Ärgerlich bleibt es trotzdem, wenn der Sozialhilfeträger zur Kasse bittet, denn dadurch ergibt sich keine Verbesserung der Pflegesituation für die Eltern. 

Verwandte sind in gerader Linie unterhaltspflichtig (§ 1601 BGB). Das ist bei der Unterhaltsverpflichtung der Eltern gegenüber ihren Kindern selbstverständlich, weil es dem „natürlichen Lauf des Lebens“ entspricht. Andersherum wird das nicht zwangsläufig so empfunden, was den Ausspruch „Eine Mutter kann fünf Kinder ernähren, aber fünf Kinder keine Mutter.“ erklärt. Es ist aber auch eine echte Herausforderung für erwachsene Kinder, den finanziellen Spagat zwischen Versorgung der eigenen minderjährigen Kinder, der Rücklage für das eigene Alter und den Aufwendungen für die Pflege der eigenen Eltern zu leisten. Andererseits schämen sich auch viele alte Eltern dafür, ihren Kindern zur Last zu fallen. Eine ungute Gemengelage zwischen sittlich-moralischer Verpflichtung und der bis Ende 2019 geltenden Rechtslage. Diese brachte auch oft Streit unter Geschwistern – insbesondere, wenn nicht alle Geschwister zur Zahlung herangezogen wurden. Seit dem Angehörigen-Entlastungsgesetz 2020 ist der familiäre Frieden aber in den meisten Familien wiederhergestellt. Herangezogen zum Elternunterhalt werden seitdem nur wohlhabende Kinder mit einem Jahresbruttoeinkommen über 100.000 Euro.

Beispielkonstellation

Sabine und Bernd Ibels sind verheiratet und leben mit ihren eigenen Kindern Charlotte (8) und Denis (6) in Fulda. Sabines Mutter und Bernds Vater sind bereits vor Jahren gestorben. Sabine arbeitet Vollzeit als Betriebsärztin und verdient im Jahr 140.000 Euro brutto. Bernd ist Hausmann und kümmert sich in der Hauptsache um die Kinder. Aus selbstständiger Tätigkeit als Trauerredner erzielt er im Jahr einen Gewinn von 50.000 Euro. Sollte Sabines Vater ein Pflegefall werden, müsste sie aller Voraussicht nach Elternunterhalt leisten. Sollte Bernds Mutter jedoch ein Pflegefall werden, so könnte Bernd dem Grund nach nicht zum Elternunterhalt herangezogen werden. Sabines Zwillingsschwester Karin ist wegen ihrer Kinder Malte (13) und Sören (10) seit Jahren „Nur-Hausfrau“ und nicht unterhaltsfähig. Deren Anteil am Elternunterhalt muss Sabine übrigens nicht mittragen.

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Dirk R. Schuchardt ist seit über 20 Jahren freier Dozent, Autor und Chefredakteur von Rentenfernsehen.de. „Altersvorsorge ist nichts anderes als ein Zwiegespräch mit seinem künftigen Ich!“, ist seine Maxime. In seinen Seminaren beweist er stets, dass das Thema Rente alles andere als langweilig ist.