18. Oktober 2016

Konto und Versicherung für junge Leute

© guruXOX/Shutterstock.com
Das erste selbstverdiente Geld, die ersten eigenen Verträge, vielleicht das erste eigene Auto oder die erste eigene Wohnung: Frisch von der Schule, hinein ins Leben heißt es für angehende Studenten und Auszubildende. Nach der Schulzeit kommt viel Verantwortung – auch fürs eigene Geld. Ohne Konten und Versicherungen lässt sich das neue Leben kaum meistern. Was sollte ein „junges“ Konto bieten? Mit welchen Tricks locken die Kreditinstitute? Und welchen Versicherungsschutz brauchen junge Erwachsene?

Ob Einnahmen wie Ausbildungsvergütung, Bafög, Unterhalt, Stipendium oder Ausgaben für Miete, Strom und Telefon, Lebensmittel und Kleidung – für alle Geldbewegungen brauchen Auszubildende und Studenten ein Girokonto. Es bildet die Basis der eigenen Finanzen. Denn statt Taschengeld der Eltern und überschaubaren Ausgaben fließt das Geld jetzt regelmäßig ein und aus. Mit dem richtigen Konto lässt sich damit noch ein klein wenig Geld verdienen oder in Zeiten niedriger Zinsen zumindest verhindern, zuviel dafür auszugeben. Das Angebot ist groß und vor allem für Finanzeinsteiger schwer zu durchschauen. Zudem fehlt ihnen das Finanzwissen, wie Jugendliche zwischen 16 und 25 Jahren laut comdirect Jugendstudie 2016 selbst einschätzen. Ein passendes Schulfach fordern sogar 95 Prozent der jungen Leute. Einige Banken haben die Defizite erkannt und buhlen mit Willkommensgeschenken um die junge Zielgruppe – die tatsächlichen Kosten geraten schnell aus dem Fokus. Denn ein kostenloses Girokonto ist oft keineswegs gebührenfrei.

Teure Gewohnheiten

Einige Banken erheben bei den Einstiegskonten extra Kosten für Kontoauszüge und Überweisungen – vor allem, wenn die Abwicklung am Schalter erfolgt. Und es mag zwar bei einigen durch elterliche Fürsorge und ein bestehendes Taschengeldkonto bereits Gewohnheit sein, sinnvoll und günstig ist ein eigenes Girokonto beim Geldinstitut der Eltern, deren Geldeingang und Guthabenverzinsung höher ist, nicht immer. „Viele junge Leute scheuen den Aufwand, vergleichen nicht und bleiben bequem beim gewohnten Geldhaus“, sagt Annabel Oelmann, Vorstand der Verbraucherzentrale Bremen. Dabei ändere sich mit dem neuen Lebensabschnitt der Bedarf und die Gewohnheiten beim Geld. „Auch wenn auf die jungen Leute viel einprasselt, ist es ein guter Zeitpunkt über einen Kontowechsel nachzudenken“, so die Finanzexpertin. Inzwischen ist der auch einfacher geworden, denn seit dem 18. September gilt das neue Zahlungskontengesetz (siehe Artikel „Einfacher zum neuen Girokonto“).

Bei der Wahl des Girokontos stehen vier Faktoren im Vordergrund: Kostenfreie Kontoführung, kein regelmäßiger Geldeingang, keine Gebühren für Kontoauszüge und Überweisungen und eine Verzinsung – entweder direkt oder über ein angeschlossenes, kostenfreies Kreditkartenkonto. Wer ein kostenfreies Onlinekonto angeboten bekommt, sollte einen Blick ins Gebührenverzeichnis der Bank werfen. Denn wer sein Konto zwar im Internet führt, gelegentlich aber dennoch Papierbelege am Schalter einreicht oder Telefonbanking nutzt, wird schnell mit Gebühren konfrontiert. Beim einfachen Girokonto können bis zu 13,20 Euro zusammenkommen, wie ein aktueller Test der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen ergab.


verbrauchertipp: Achten Sie auf die Altersgrenze bestehender Konten für Ihre Kinder. Mit Erreichen der Volljährigkeit wandeln einige Banken die bestehende Geldverwaltung in normale Erwachsenenkonten ohne Sonderkonditionen um. Fragen Sie daher mindestens einen Monat vor der Volljährigkeit bei Ihrem Geldinstitut nach.


 Günstig Geldabheben

Neben den Gebühren zählt das kostenfreie Bargeldabheben an möglichst vielen Geldautomaten zu den wichtigsten Kriterien. Das größte Automatennetz bieten immer noch die Sparkassen mit etwa 25.500 Automaten gefolgt von den Genossenschaftsbanken Volks- und Raiffeisenbanken und PSD Banken (etwa 19.400). Zur Cash Group gehören Deutsche Bank, HypoVereinsbank, Commerzbank, Postbank, DAB Bank mit zirka 9000 Automaten und 1300 Shell-Tankstellen fürs Geldabheben. Lediglich knapp 3000 „Zapfstellen“ bieten die im Cash Pool organisierten Institute an, unter anderem die Sparda-Banken, Targobank, BBank, National-Bank, Santander Consumer Bank. Darüber hinaus bieten viele Banken mittlerweile auch die Möglichkeit an, ab einem bestimmten Einkaufswert Bargeld an der Supermarktkasse einiger Einzelhandelsketten abzuheben.


Was passiert auf dem Giro?

Das Girokonto (italienisch giro „Kreis, Umlauf“) sorgt für ständige Verfügbarkeit des eigenen Geldes für den elektronischen Zahlungsverkehr. Abgewickelt werden damit:

Überweisung: Wer im Internet seine Bücher einkauft oder das Sofa des Vormieters in der Studentenwohnung bezahlen will, nutzt dafür meist die Zahlung per Überweisung. Damit trägt man seine Schulden ab und überweist von seinem Konto auf das andere. Diese Zahlungsvariante eignet sich für einmalige oder nur seltene Forderungen. Als Kontoinhaber legen Sie selbst fest, wann das Geld übermittelt wird.

Dauerauftrag: Für regelmäßige Zahlungsvorgänge ist die Einrichtung eines Dauerauftrages bei der Bank sinnvoll. Er eignet sich beispielsweise zum Zahlen der Miete. Wer sicherstellen will, dass das Geld pünktlich zum Monatsbeginn ankommt, beauftragt seine Bank, zum 28. oder 29. des Vormonats den entsprechenden Betrag abzubuchen. Wie bei einer Überweisung ist auch beim Dauerauftrag einmal abgebuchtes Geld nicht mehr automatisch zurückzuholen.

Einzugsermächtigung: Dauerhaften Versorgern wie Strom- oder Telefonanbieter, die ebenfalls monatlich bezahlt werden, kann man eine Einzugsermächtigung erteilen. Diese Zahlungsform bietet sich, wenn Sie regelmäßige Zahlungen unterschiedlicher Höhe erwarten. Für dieses sogenannte Lastschriftverfahren haben Sie die Möglichkeit, innerhalb von sechs Wochen die Lastschrift zurückzuziehen, um so das Geld zurückzubekommen.

Abbuchung: Weniger flexibel ist das Abbuchungsverfahren. Dabei wird die eigene Bank beauftragt, den entsprechenden Betrag vom eigenen Konto abzubuchen und auf dem Konto des Empfängers zu verbuchen. Damit zahlt man beispielsweise Internetkäufe per Kreditkarte. Aber hoffentlich nicht zu viel, denn sobald das Geld auf dem Konto des Empfängers gutgeschrieben ist, lässt es sich nicht mehr über diesen Weg zurückholen.


Einen besonderen Service bieten Direktbanken wie die DKB oder ING-DiBa an. Mit der kostenfreien Kreditkarte können Kunden an allen Automaten gebührenfrei Geld abheben – und das weltweit. Ein großer Vorteil für gelegentlich reisefreudige Schulabsolventen. Kostenfrei geht das mit der Girocard – auch EC-Karte genannt – zwar ebenso, aber nicht an allen „Zapfstellen“. Wer nicht aufpasst und seine Girokarte in der Eile in den falschen Automaten steckt, der nicht zum Verbund der eigenen Bank oder Sparkasse gehört, bekommt eine Gebühr aufgebrummt. Meist sind es 5 Euro, es kann aber auch mehr anfallen, wie bei der Postbank, die 2,5 Prozent des abgebuchten Betrags verlangt und somit ab 200 Euro Abhebung mehr als 5 Euro verlangt. Der Automat weist beim Abheben aber auf die Gebühr hin, so dass sich der Vorgang noch abbrechen ließe. Dass regionale Banken durchaus attraktiv sein können, beweist die PSD Bank Koblenz. Sie bietet jungen Kunden ein kostenfreies Konto mit satten 5 Prozent Zinsen bis 1000 Euro Guthaben.


verbrauchertipp: Wer Bedenken beim Geldumgang hat, sollte bei der Bank ein Abbuchungslimit einrichten. Dabei können Höchstbeträge eingerichtet werden, die maximal pro Woche oder Monat abgehoben werden. Fragen Sie bei Ihrer Bank nach.


Konten im Überblick

Die veränderte Marktlage und den Kostendruck spüren inzwischen auch die Direktbanken, wie das Beispiel DKB zeigt. Sie führt zum 1. Dezember einen Mindestbetrag fürs kostenfreie Bargeldabheben ein. Kunden müssen dann mindestens 50 Euro am Automaten ziehen. Man kann dann auch manuell nicht weniger als 50 Euro am Automaten bekommen, so die Unternehmenssprecherin, muss also immer diese Mindestsumme abheben.

Eine Stichprobe von verbraucherblick zu den Kontokonditionen ergab folgendes Ergebnis:

Das erste selbstverdiente Geld, die ersten eigenen Verträge, vielleicht das erste eigene Auto oder die erste eigene Wohnung: Frisch von der Schule, hinein ins Leben heißt es für angehende Studenten und Auszubildende. Nach der Schulzeit kommt viel Verantwortung – auch fürs eigene Geld. Ohne Konten und Versicherungen lässt sich das neue Leben kaum meistern. Was sollte ein „junges“ Konto bieten? Mit welchen Tricks locken die Kreditinstitute? Und welchen Versicherungsschutz brauchen junge Erwachsene?

Bereits diese Auswahl einiger Konten zeigt: Das richtige Girokonto gibt es nicht. „Für den einen ist das weltweite, kostenlose Geldabheben wichtig, für andere die Automatenverfügbarkeit in Deutschland oder ein niedriger Überziehungszins“, sagt Oelmann und weist auf ein anderes Problem hin. „Viele junge Menschen haben die Geldanlage schon im Blick, überstürzen dann ihre Entscheidungen und wählen zu Ausbildungsbeginn schon eine kapitalbildende Versicherung wie die Rentenversicherung, die sie mit langen Laufzeiten bindet.“ Wer Geld sparen möchte, könne auf Tagesgeldkonten zurückgreifen oder nach Vermögenswirksamen Leistungen (VL) fragen. In Normalfall zahlen Ausbildungsunternehmen je nach Tarifvertrag und Betriebsvereinbarung zwischen 6 und 40 Euro zusätzlich, die in einem Fonds-, Bau- oder Banksparplan auf einem speziellen Vertragskonto angelegt werden.

Unnütze Versicherungen

Spätestens mit Ausbildungsbeginn oder Studienstart sollten sich junge Erwachsene mit Versicherungen beschäftigen. Aus dem Meer der Policen brauchen sie sich zu diesem Zeitpunkt aber nur das Nötigste zu fischen. Wem Risikolebens-, Verkehrsrechtsschutz-, Krankentagegeld- oder Glasversicherung von netten Vertretern angeboten oder von anderen Studenten oder Auszubildenden empfohlen werden, der sollte skeptisch werden. Häufig ist noch keine eigene Familie mit Nachwuchs, kein Auto oder kein eigenes Haus vorhanden, was abgesichert werden muss. Selbst die passend klingende Ausbildungsversicherung – eine Art Lebensversicherung, die im Todesfall dem Einzahler wie Eltern oder Großeltern eine festgelegte Summe auszahlt – verursacht laut Verbraucherschützern zu hohe Kosten und bringt zu wenig Rendite. Ähnliches trifft auf Produkte zu, die einen Teil am Finanzmarkt erwirtschaften. Letztlich fallen dabei Kosten für den Abschluss und die Verwaltung ab, letztere monatlich. Am Ende bekommt man nur die eingezahlten Beiträge zurück und eine ungesicherte Überschussbeteiligung. Kfz-, Fahrrad- oder Hausratversicherung können manchmal sinnvoll sein. Aber auch dabei gilt es, die Notwendigkeit gut einzuschätzen. Nicht jedes Fahrrad muss versichert werden, bei einem alten Auto ist eine Vollkasko selten notwendig und ob der Hausrat in der Studentenwohnung wirklich wertvoll ist, sollten junge Erwachsene kritisch prüfen.


verbrauchertipp: Trennen Sie Absicherung und Geldanlage. Kombiprodukte sind fast immer mit hohen Kosten verbunden. Zudem ist das mit dem Beitrag eingezahlte Geld für eine lange Laufzeit fest gebunden. Mit einer separaten Geldanlage wie Tagesgeldkonto oder Fonds sind Sie flexibler.


Dreifacher Schutz

In den meisten Fällen genügen drei Basisversicherungen vollkommen: Krankenversicherung, private Haftpflichtversicherung und eine Berufsunfähigkeitsversicherung. Zu dieser Basisabsicherung rät Annabel Oelmann: „Bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres können Studenten in der gesetzlichen Krankenversicherung ihrer Eltern beitragsfrei familienversichert sein. Dieser Zeitraum verlängert sich um die Dauer des Wehr- oder Zivildienstes. Sind die Voraussetzungen für die Familienversicherung erfüllt, ist auch die Mitversicherung bei Ehegatten oder (gleichgeschlechtlichen) Lebenspartnern möglich, sogar ohne Altersbegrenzung.“ Wer als Student im Nebenjob mehr als 450 Euro im Monat verdient, muss sich eigenständig krankenversichern. Auszubildende sind in der Regel ebenfalls über die GKV pflichtversichert.

Sind die Eltern bisher privat versichert, sollten junge Erwachsene über einen Wechsel nachdenken, denn der bisher bestehende Vertrag für den Nachwuchs wird dann separat und beitragspflichtig gestellt. Eine kostenlose Familienversicherung wie bei der GKV gibt es nicht. Wer ein Auslandssemester einlegt, braucht dafür eine Auslandsreisekrankenversicherung. Sinnvoll ist das auch für Länder, mit denen ein Sozialversicherungsabkommen besteht. Die Gesetzlichen Krankenkassen zahlen zwar die Behandlung vor Ort, nicht aber einen erforderlichen Rücktransport.

Parallel zur Krankenversicherung raten Verbraucherschützer zu einer privaten Haftpflichtversicherung, mit der Schäden abgedeckt werden, die man anderen zugefügt hat. „Nach der ersten Berufsausbildung oder wenn man eine vertraglich festgelegte Altersgrenze – meist mit 25 Jahren – erreicht hat, benötigt jeder eine eigene Haftpflichtversicherung“, so Oelmann. Wer an einer Uni eingeschrieben ist oder eine Ausbildung begonnen hat, solle sich auf alle Fälle bei der Versicherung melden, um möglichen Ärger im Schadensfall zu vermeiden. Ist die Ausbildung beendet oder die Altersgrenze überschritten, besteht diese Absicherung nur über einen eigenen Vertrag beziehungsweise über die Mitversicherung beim Partner.


verbrauchertipp: Richten Sie bei Ihren Versicherungen eine jährliche Zahlungsweise ein. Das ist häufig günstiger als eine monatliche oder vierteljährliche Abbuchung. Bis auf die Gesetzliche Krankenversicherung ist das bei den meisten Versicherungsarten möglich.


Arbeitskraft absichern

An die dritte Säule denken vor allem Studenten am wenigsten: die Berufsunfähigkeitsversicherung (BU). Sie sichert gegen dauerhafte Erkrankungen und die Erwerbsminderung ab. Theoretisch springt bei eingeschränkter oder verlorener Arbeitskraft die gesetzliche Rentenversicherung ein, doch in der Regel erfüllen Berufs- und Ausbildungsbeginner nicht die erforderlichen fünf Beitragsjahre für einen Leistungsanspruch – und wenn, dann sind die erworbenen Leistungen daraus viel zu gering.


verbrauchertipp: Achten Sie bei Vertragsabschluss einer BU auf die sogenannte Nachversicherungsgarantie. Sie ermöglicht Ihnen später eine Änderung der Versicherungsleistung ohne eine erneute Gesundheitsprüfung, wenn Sie zum Beispiel ins Berufsleben starten oder eine Familie gründen.


Verbraucherschützerin Oelmann rät zu einem möglichst frühzeitigen Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung. „Je jünger man in die Versicherung einsteigt, umso günstiger sind die Prämien. Das Studium ist ein guter Zeitpunkt, eine solche Versicherung abzuschließen, sofern man die Versicherungsbeiträge bezahlen kann. Es bestehen große Chancen, eine Berufsunfähigkeitsversicherung mit günstigen Bedingungen und niedrigen Beiträgen abzuschließen.“ Wer unter einer chronischen Krankheit leidet, bekommt eventuell gar keine Police angeboten. In solchen Fällen kann eine Unfallversicherung eine Alternative sein, die Unfälle im privaten Bereich und in der Freizeit abdeckt. Sie wird vom Versicherer in der Regel eher ausgezahlt und ist günstiger als die BU. Über die Alternativen zur Berufsunfähigkeit berichtet verbraucherblick in der Novemberausgabe.

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