22. Januar 2021

Wehren gegen Weigerung

Wenn die Krankenkasse nicht zahlt

Eine Psychotherapie, eine Kur, so manche Operation – bei größeren Gesundheitsausgaben genügt es nicht, die Versichertenkarte durch den Kartenleser zu ziehen. Damit die Krankenkasse zahlt, muss man einen Antrag stellen. Flattert ein ablehnender Bescheid ins Haus, heißt das aber nicht zwangsläufig, dass die Versicherten auf die Behandlung verzichten oder die Kosten selbst tragen müssen. 

Lehnt die Kasse Anträge von gesetzlich Versicherten ab, können diese schriftlich Widerspruch einlegen. Dafür haben sie einen Monat Zeit, sobald der Ablehnungsbescheid da ist. Die Krankenkasse muss ihre Versicherten in dem Bescheid darauf hinweisen. Tut sie das nicht, verlängert sich die Widerspruchsfrist auf ein Jahr. Ist die Ablehnung nicht plausibel begründet oder formal falsch, ist das schon ein Ansatzpunkt, auf den Versicherte ihren Widerspruch stützen können. Es kann auch eine Strategie sein, ausführlich und fundiert zu erklären, warum er oder sie die Gesundheitsleistung braucht. Manchmal lassen sich die Sachbearbeiter und Gutachter davon überzeugen.

Es lohnt sich also, etwas Aufwand in das Widerspruchsschreiben zu investieren. Die einmonatige Frist erlaubt es, sich anwaltliche Unterstützung zu holen. Anwältinnen und Anwälte für Sozialrecht sind die richtigen Ansprechpartner. Manche Rechtsschutzversicherungen übernehmen die Kosten. Wer Widerspruch einlegt, sollte auch den behandelnden Arzt informieren. Lässt sich die Krankenkasse nicht überzeugen, ist immer noch nicht alles verloren. Ein interner Widerspruchsausschuss der Kasse schaut sich dann automatisch die Entscheidung an. Er hat dafür drei Wochen Zeit. Kommt der Ausschuss zu dem Ergebnis, dass der Antrag zu Recht abgelehnt wurde, können Versicherte gegen die Kasse klagen. Sie haben einen Monat Zeit, um die Klage einzureichen. Bei diesen Verfahren müssen Versicherte keine Gerichtskosten zahlen, sondern nur die Anwaltskosten. Insgesamt kann sich das Verfahren über Monate hinziehen.

Privat Versicherte können sich ebenfalls gegen eine Entscheidung ihrer Krankenversicherung wenden. Die Fristen sind meist ähnlich. Kommt es zu einem Gerichtsverfahren zwischen Versichertem und Krankenkasse, findet es nicht vor einem Sozial- sondern vor einem Zivilgericht statt. Es kann sich also lohnen, bei Anträgen auf Kostenübernahme hartnäckig zu sein – und einen langen Atem zu haben.

Swen Walentowski, Rechtsanwalt, ist Redaktionsleiter und Sprecher von anwaltauskunft.de, das Rechtsportal des Deutschen Anwaltvereins. Das Portal richtet sich an Verbraucher und bietet Informationen und Tipps zu rechtlichen Alltagsfragen.