29. August 2016

So viel Steuern können Rentner sparen

© Syda Productions/Shutterstock.com
Endlich mal gute Nachrichten: Seit 1. Juli erhalten Rentner mehr Geld. Die gesetzliche Rente steigt im Westen um 4,25 Prozent und im Osten um 5,95 Prozent. Das ist die größte Rentenerhöhung seit 23 Jahren. Doch was sich nett und harmlos anhört, kann zu deutlich mehr Aufwand führen. Denn immer mehr Senioren rutschen dadurch in die Steuerpflicht. Folge: Eine Einkommensteuererklärung wird fällig. verbraucherblick zeigt, was auf Rentner zukommt und wie viel Staatsabgaben sie tatsächlich zahlen müssen.

Nach Schätzungen des Bundesfinanzministeriums müssen durch die Steuererhöhung rund 160.000 Rentner erstmals eine Steuererklärung abgeben. Grund: Übersteigen die Einkünfte aus der Rente im Jahr 2016 den Grundfreibetrag – also das steuerfrei zu stellende Existenzminimum – wird im kommenden Jahr eine Steuererklärung fällig. Für das Jahr 2016 beträgt der Grundfreibetrag 8.652 Euro im Jahr. Allerdings kann die Rente deutlich über diesem Betrag liegen, denn ein gewisser Anteil der Rente bleibt steuerfrei.

Seit 2005 gilt für gesetzliche Renten die sogenannte nachgelagerte Besteuerung. Aber auch Renten aus berufsständischen Versorgungseinrichtungen, landwirtschaftlichen Alterskassen sowie Renten aus privaten kapitalgedeckten Leibrentenversicherungen fallen darunter.

Rentenfreibeträge

Durch die neue Regelung werden die Altersbezüge Schritt für Schritt der Einkommensteuer unterworfen. Alle, die bis Ende 2005 in den Ruhestand gegangen sind, müssen 50 Prozent ihrer Rente versteuern. Wer später in Rente ging, muss mehr versteuern – und zwar zwei Prozentpunkte pro Jahrgang. Ab 2020 geht es in Ein-Prozent-Schritten weiter. Pech hat, wer erst ab 2040 in Rente geht. Denn dann muss die komplette Rente versteuert werden.

Prozentsätze zur Berechnung des Rentenfreibetrags
Jahr des Rentenbeginns Besteuerungsanteil in Prozent Prozentsatz für Rentenfreibetrag
Bis 2005 50 50
2006 52 48
2007 54 46
2008 56 44
2009 58 42
2010 60 40
2011 62 38
2012 64 36
2013 66 34
2014 68 32
2015 70 30
2016 72 28
2017 74 26
2018 76 24
2019 78 22
2020 80 20
2021 81 19
2022 82 18
2023 83 17
2024 84 16
2025 85 15
2026 86 14
2027 87 13
2028 88 12
2029 89 11
2030 90 10
2031 91 9
2032 92 8
2033 93 7
2034 94 6
2035 95 5
2036 96 4
2037 97 3
2038 98 2
2039 99 1
ab 2040 100 0

Die wohl wichtigste Rolle dabei spielt der Rentenfreibetrag. Er ist der Teil der Rente, der nicht zu versteuern ist. Grundlage für die Berechnung ist die Jahresbruttorente – die Summe aller Renteneinkünfte aus privater, gesetzlicher und betrieblicher Rente. Bei diesem persönlichen Rentenfreibetrag handelt es sich um einen in Euro dauerhaft festgeschriebenen Betrag, der zeitlebens derselbe bleibt. Das gilt auch dann, wenn die Rente durch reguläre Rentenanpassungen weiter steigt.


Beispiel für Rentenfreibeitrag

Wolfgang ist seit 2004 in Rente. 2005 erhielt er eine Jahresbruttorente von 12.000 Euro. Davon muss er 50 Prozent versteuern – das sind 6.000 Euro. Sein steuerfreier Rentenanteil beträgt somit 6.000 Euro. Dies ist gleichzeitig sein persönlicher Steuerfreibetrag.

Im Jahr 2014 beträgt seine Jahresrente aufgrund der Rentenerhöhungen 13.541 Euro. Der Rentenfreibetrag bleibt trotzdem unverändert bei 6.000 Euro. Sein zu versteuerndes Renteneinkommen steigt von 6.000 Euro auf 7.541 Euro.

Da er außer seiner Rente keine weiteren steuerpflichtigen Einkünfte hat, muss er aufgrund des steuerlichen Grundfreibetrages (der 8.354 Euro im Jahr 2014 betrug) trotzdem keine Steuern auf seinen Renteneinkünfte zahlen.


Noch bleiben drei Viertel aller Rentnerhaushalte steuerfrei. Rentner, die ihr ganzes Arbeitsleben lang durchschnittliche Beiträge gezahlt und keine großartigen Nebeneinkünfte haben, werden erst in den kommenden Jahren erstmals Steuern zahlen müssen. Denn auch wenn die Rente zu Rentenbeginn noch steuerfrei war, kann sich dies im Laufe des weiteren Rentenbezuges ändern.

Bezüge für Beamte

Beamtenpensionen hingegen werden in voller Höhe als Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit versteuert. Damit fällt weiterhin für Ruhestandsbeamte Lohnsteuer an. Dies gilt auch für bestimmte Betriebsrenten wie Werks- oder Betriebspensionen.

Abgemildert wird die volle Besteuerung durch den Versorgungsfreibetrag und einen Zuschlag. Der Versorgungsfreibetrag wird vom Jahr 2005 bis zum Jahr 2040 stufenweise abgeschmolzen. Das heißt, dass er sich jedes Jahr für jeden neuen Pensionär verringert. Neupensionäre ab 2040 erhalten diesen nicht mehr. Wichtig: Wie auch beim Rentenfreibetrag bleibt der Versorgungsfreibetrag ab dem Pensionsbeginn ein Leben lang derselbe. Zusätzlich dazu gibt es noch einen Zuschlag. Da 2005 der steuermindernde Arbeitnehmer-Pauschalbetrag für Versorgungsbezüge verboten wurde, wurde der Zuschlag zum Ausgleich eingeführt. Auch dieser wird stufenweise bis zum Jahr 2040 abgeschmolzen.

Jahr des Versorgungsbeginns Versorgungsfreibetrag Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag jährlich
Prozentsatz Höchstbetrag jährlich
bis 2005 40,0% 3.000 € 900 €
2006 38,4% 2.880 € 864 €
2007 36,8% 2.760 € 828 €
2008 35,2% 2.640 € 792 €
2009 33,6% 2.520 € 756 €
2010 32,0% 2.400 € 720 €
2011 30,4% 2.280 € 684 €
2012 28,8% 2.160 € 648 €
2013 27,2% 2.040 € 612 €
2014 25,6% 1.920 € 576 €
2015 24,0% 1.800 € 540 €
2016 22,4% 1.680 € 504 €
2017 20,8% 1.560 € 468 €
2018 19,2% 1.440 € 432 €
2019 17,6% 1.320 € 396 €
2020 16,0% 1.200 € 360 €
2021 15,2% 1.140 € 342 €
2022 14,4% 1.080 € 324 €
2023 13,6% 1.020 € 306 €
2024 12,8% 960 € 288 €
2025 12,0% 900 € 270 €
2026 11,2% 840 € 252 €
2027 10,4% 780 € 234 €
2028 9,6% 720 € 216 €
2029 8,8% 660 € 198 €
2030 8,0% 600 € 180 €
2031 7,2% 540 € 162 €
2032 6,4% 480 € 144 €
2033 5,6% 420 € 126 €
2034 4,8% 360 € 108 €
2035 4,0% 300 € 90 €
2036 3,2% 240 € 72 €
2037 2,4% 180 € 54 €
2038 1,6% 120 € 36 €
2039 0,8% 60 € 18 €
2040 0,0% 0 € 0 €

Private Renten

Doch nicht für jede Rente gilt die nachgelagerte Besteuerung. Bei Renten aus privaten Rentenversicherungen und kapitalgedeckten Betriebsrenten gilt nach wie vor die Ertragsanteilsbesteuerung. Der steuerpflichtige Anteil der Rente ist dabei vom Ertragsanteil abhängig.

Die Höhe des Ertragsanteils richtet sich nach dem persönlichen Alter zum Auszahlungsbeginn der privaten Rente. Beginnt beispielsweise die Auszahlungsphase der privaten Rentenversicherung mit dem 60. Lebensjahr, beträgt der Ertragsanteil 22 Prozent. Somit müssen auf 22 Prozent der privaten Rente Steuern in Höhe des individuellen Steuersatzes gezahlt werden.


Beispiel für Privatrente

Renate hat an ihrem 65. Geburtstag im Jahr 2010 ihre freiberufliche Tätigkeit beendet. Seitdem erhält sie eine Rente aus ihrer privaten Rentenversicherung von monatlich 1.250 Euro. Der steuerpflichtige Ertragsanteil der Rente beträgt 18 Prozent. Damit sind nur 2.700 Euro ihrer Jahresrente von 15.000 Euro zu versteuern.


Bei Beginn
der Rente
vollendetes
Lebensjahr
des Renten-
berechtigten
Ertragsanteil
in %
55 bis 56 26
57 25
58 24
59 23
60 bis 61 22
62 21
63 20
64 19
65 bis 66 18
67 17
68 16
69 bis 70 15
71 14
72 bis 73 13
74 12
75 11
76 bis 77 10
78 bis 79  9
80  8
81 bis 82  7
83 bis 84  6
85 bis 87  5
88 bis 91  4
92 bis 93  3
94 bis 96  2
ab 97  1 

Entlastung vor und während der Rente

Die sogenannte nachgelagerte Besteuerung hat auch eine gute Seite: So wird man bereits während der Erwerbstätigkeit entlastet. Denn die monatlich gezahlten Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung kann man als Sonderausgabe bei der Steuererklärung absetzen. Und auch während des Rentenbezugs ist das möglich. So können Rentner ihre Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung sowie andere Vorsorgebeiträge – zum Beispiel Haftpflicht- oder Unfallversicherung – steuerlich geltend machen.

Wer Ausgaben im Zusammenhang mit seiner Rente hatte, zum Beispiel für Literatur, Porto, Telefon oder Gewerkschaft, kann diese absetzen. Aber auch die Kosten für Renten- und Steuerberater oder eine Steuersoftware helfen beim Steuern sparen. Für Renteneinkünfte gibt es einen Pauschbetrag für Werbungskosten in Höhe von 102 Euro jährlich. Übersteigen die tatsächlichen Werbungskosten den Pauschbetrag, mindern diese die steuerpflichtige Rente.

Gnadensplitting

Die meisten Ehepaare geben zu Lebzeiten eine gemeinsame Steuererklärung ab, sprich: Sie lassen sich zusammen veranlagen. Nur so können Sie vom günstigen Splittingtarif profitieren. Vor allem bei unterschiedlich hohen Gehältern spart das oftmals Steuern.

Doch was, wenn ein Ehepartner stirbt? Dafür hat der Fiskus eine Erleichterung parat: das Gnadensplitting. Dabei wird der verwitwete Ehepartner weiterhin mit dem niedrigeren Steuertarif besteuert. Dies gilt für die Steuererklärung des Todesjahres sowie für das folgende Jahr. Das Gnadensplitting muss allerdings beim Finanzamt beantragt werden. Dafür muss im Mantelbogen des Steuerformulars das Todesdatum des Partners eingegeben werden, und zwar unter „Allgemeine Angaben“ im Feld „verwitwet seit dem“.

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