21. Oktober 2019

Regeln der Privatinsolvenz

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Manchmal fällt der Gang zum Briefkasten schwer. Besonders, wenn sich darin immer neue Mahnungen und Rechnungen stapeln, die man nicht begleichen kann. Für Verbraucher, die nicht mehr weiterwissen, kann unter Umständen eine Privatinsolvenz die Lösung sein, nach der ein finanzieller Neuanfang ohne Restschulden steht – wenn alles gutläuft. Doch es gibt auch Risiken. Und ein Zuckerschlecken sind die Jahre der sogenannten Wohlverhaltensperiode auch nicht.

Scheitern an sich fällt schon schwer. Doch pleitezugehen, nicht mit Geld umgehen können – das wird in Deutschland nach wie vor geächtet. Es ist ein Horrorszenario: Der Gerichtsvollzieher steht vor der Tür, der Arbeitgeber und damit vielleicht auch die Kollegen erfahren von der Lohnpfändung. Womöglich kann man die Miete nicht mehr bezahlen und der Vermieter droht mit Kündigung. So schlimm ist es aber meistens nicht. Wie der Fall von Liselotte Hoffstedt zeigt. Sie hatte 30 Jahre lang als Schauspielerin gearbeitet und wollte nun etwas Eigenes machen. Also gründete sie ein kleines Theater. „Ich wusste, dass es in Berlin nicht leicht werden würde“, sagt Hoffstedt. „Da gibt es ja schon so viele Theater. Vielleicht bin ich einfach zu naiv darangegangen.“ Eigentlich heißt sie anders, doch noch sitzt ihr die Insolvenz zu sehr in den Knochen. Daher will sie lieber anonym bleiben.

„Ich bin pleite“

Obwohl die ersten zwei Jahre gut liefen und immer mehr Zuschauer kamen, ging Liselotte Hoffstedts Theater pleite. Es handelte sich um ein kleines Unternehmen, für das die Leiterin persönlich haftete, deshalb war es bei ihr eine Verbraucherinsolvenz. Was war passiert? Es klingt banal: Die Kosten waren einfach zu hoch. Der Strom für die starken Scheinwerfer, die Miete und im Winter die Heizung für den schlecht isolierten Zuschauerraum. All das brach Hoffstedt finanziell das Genick, obwohl sie und die Darsteller sogar teilweise auf ihren Lohn verzichteten. Sie traute sich nicht mehr an den Briefkasten, der voller gelber Briefe war – Mahnungen. Sie schlief immer schlechter, arbeitete immer mehr, rang lange mit sich. Doch irgendwann wurde ihr klar: „Ich bin pleite.“ Hoffstedt versammelte ihr Ensemble und erklärte, dass sie schließen müsse. Es folgten erst Schweigen, dann Schnaps, am Ende gingen sie auseinander. Als sie das Theater dann zusperrte und nach Hause kam, legte sie sich in die Badewanne. „Ich wollte alles abwaschen, alles hinter mir lassen. Nach der Entscheidung, dass es vorbei ist, ging es mir besser“, sagt Hoffstedt, „das war eine richtige Befreiung!“

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Maximilian Modler hat die Electronic Media School in Potsdam besucht und dort ein crossmediales Volontariat mit Schwerpunkt auf Verbraucher- und Wirtschaftsthemen absolviert. Er lebt und schreibt in Berlin, unter anderem für Spiegel Online, die Stiftung Warentest und natürlich für verbraucherblick.