17. August 2021

Banken-AGBs: Urteil verbietet stille Zustimmung

Sind Sie irritiert, dass Ihr ursprünglich mal kostenloses Girokonto plötzlich 9,90 Euro pro Monat kosten soll? Die Bank oder Sparkasse Ihres Vertrauens sagt dann sogar, Sie hätten der Änderung zugestimmt und verweist auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB)? Wundern Sie sich nicht! Dies ist gelebte verbraucherfeindliche Bankenpraxis.

In Zeiten der Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank und schwindender Gewinnmargen ist die Bankenwelt verzweifelt auf der Suche nach Einnahmequellen. In den vergangenen Jahren haben die meisten Geldinstitute an der Preisschraube gedreht und sich ausbedungen, dass es als Zustimmung zu Vertragsänderungen gilt, wenn Kundinnen oder Kunden auf Änderungsangebote ihrer Bank oder Sparkasse nicht reagieren – sogenannte Zustimmungsfiktion.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 27. April 2021 (XI ZR 26/20) dieser Bankenpraxis Einhalt geboten und entschieden, dass Banken das Schweigen auf Angebote per Brief, E-Mail oder SMS nicht wie bisher als Zustimmung zu Vertragsänderungen werten dürfen. Denn solche, von vielen Banken und Sparkassen genutzten Klauseln, sind rechtsunwirksam. Das hat der BGH mit seinem oben genannten Urteil nun ausdrücklich bestätigt. Und das völlig zu Recht. Denn sind wir mal ehrlich: Wer liest schon die umfangreichen AGB seiner Bank oder Sparkasse und weiß, dass danach Angebote als angenommen gelten, wenn kein ausdrücklicher Widerspruch erfolgt?

Direkte Auswirkungen hat die Entscheidung des BGH zunächst für Kundinnen und Kunden der Postbank, weil deren AGB-Klauseln Gegenstand des Gerichtsverfahrens waren. Da die Postbank aber Klauseln aus den Muster-AGB der Banken verwendet hat, können sich auch Kundinnen und Kunden anderer Banken und Sparkassen darauf berufen, wenn die Klauseln in ihren Verträgen identisch oder vergleichbar sind.

Sie sollten jetzt aktiv werden, wenn die Voraussetzungen eines Anspruchs vorliegen, sonst droht Verjährung. Sie müssen zunächst klären, ob die vom BGH gerügten AGB-Klauseln Bestandteil Ihres Vertrages sind und welche Vertrags- und Preisänderungen basierend darauf ohne Ihre aktive Zustimmung durchgeführt wurden. Schließlich müssen Sie die Bank auffordern, die unzulässigen Vertragsänderungen rückgängig zu machen und überzahlte Entgelte wie Kontoführungsgebühren oder Verwahrentgelte zurückzuzahlen. Vergleichstexte zu den AGB-Klauseln und einen interaktiven Musterbrief finden Sie bei der VZ Bremen.

Dr. Annabel Oelmann ist seit April 2016 Vorständin der Verbraucherzentrale Bremen. Zuvor leitete sie sieben Jahre lang u.a. die Gruppe Finanzen und Versicherungen der VZ Nordrhein-Westfalen. Ihre Themenschwerpunkte sind Geldanlage, Kredite, Versicherungen und Altersvorsorge.