18. Mai 2016

So prüfen Sie die Nebenkostenabrechnung

© Alexander Raths/Shutterstock.com
Der Brief mit der Nebenkostenabrechnung vom Vermieter dürfte in diesen Tagen so manchem den Schweiß auf die Stirn treiben. Für viele Mieter in Deutschland sind die Nebenkosten zu einer starken Belastung des Geldbeutels geworden. Immerhin fallen pro Quadratmeter durchschnittlich 3,26 Euro an. Macht bei einer 80 Quadratmeterwohnung immerhin 3129,60 Euro im Jahr oder stolze 260,80 Euro pro Monat. Manchmal liegen diese Kosten aber nicht nur an höheren Ausgaben für Wärme und Wasser. Die ein oder andere Position in dem Zahlenwerk ist gelegentlich verschleiert und manchmal sogar unrechtmäßig aufgeführt. verbraucherblick zeigt, was typische Abrechnungsfehler der Nebenkosten sind und wie Sie sich dagegen wehren können.

In Deutschland werden jedes Jahr etwa 21 Millionen Nebenkostenabrechnungen erstellt. Laut Deutschem Mieterbund (DMB) ist etwa jede zweite davon falsch. Kein Wunder, dass es für Mieter wie Vermieter ein Dauerärgernis ist und für Mieter der Anlass, sich die Zahlen genau vorzunehmen. In den Beratungen des DMB dreht sich jedes dritte Gespräch darum. Nötig ist das nicht. Denn im Prinzip ist es ganz einfach. Die Vorgaben einer ordentlichen Abrechnung aller Kosten für eine Wohnung oder ein Haus sind klar geregelt.

Umlage vereinbart?

Müssen Sie überhaupt die Nebenkosten zahlen? Es klingt zwar seltsam, aber letztlich müssen Mieter nur dann die Kosten für Müll, Reinigung, Gartenarbeit und Co übernehmen, wenn es ganz klar im Mietvertrag geregelt ist. Denn vom Grundsatz her müssen alle Ausgaben eines Hauses oder einer Wohnung von dessen Besitzer getragen werden. Lediglich der Mietvertrag mit entsprechender Formulierung ändert diese Regel. Im Paragraf 556 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) heißt es: „Die Vertragsparteien können vereinbaren, dass der Mieter Betriebskosten trägt.“ Es müssen also Formulierungen wie „Der Mieter trägt die Betriebskosten“ oder „Die Nebenkosten des Mietobjektes werden auf den Mieter umgelegt“ im Mietvertrag stehen. Fehlen derartige Vereinbarungen, muss auch nichts gezahlt werden. In welchem Turnus die Kosten vorausgezahlt werden, ist freigestellt. Neben der häufigen Variante der monatlichen Pauschale ist auch eine Jahresvorauszahlung möglich.


Häufigste Fehler in der Abrechnung

1. Falsche Wohnungsgröße:
Maximal 10 Prozent kleiner sind erlaubt (§ 536 BGB).

2. Hausmeister ja, Verwalter nein:
Ja: Haus-, Garten-, Straßenpflege; Nein: keine Abrechnungen erstellen oder als Pförtner agieren.

3. Unzulässige Reparaturen: Keine Wartung und Instandhaltung von Fahrstuhl und Heizung.

4. Abrechnung kommt zu spät: Spätestens zum Ende des 12. Monats nach Ende des Abrechnungszeitraumes (§ 556 Abs. 3 BGB).

5. Leerstand und Gewerbemieter mitberechnet: Verbrauchskosten aus leeren Wohnungen und Zusatzkosten von Gewerbemietern dürfen nicht umgelegt werden.

6. Umlage vereinbart? Sind keine Nebenkosten im Mietvertrag vereinbart, müssen sie nicht gezahlt werden.

7. Gartenpflege: Nur die routinemäßige Pflege der Grünanlagen ist umlagefähig, die Neuanlage eines Gartens nicht.


Pflichtangaben und erlaubte Nebenkosten

Der Gesetzgeber hat die sogenannten umlagefähigen Betriebskosten in der „Verordnung über die Aufstellung von Betriebskosten“ festgelegt – kurz Betriebskostenverordnung (BetrKV). Darin werden 17 Posten aufgegführt, für die der Mieter aufkommen kann. In welcher Form und vor allem Übersichtlichkeit das geschieht, steht allerdings nicht geschrieben. Der Bundesgerichtshof hat dazu lediglich festgelegt, dass die Angaben verständlich und nachprüfbar sein müssen.


5 Angaben sind Pflicht

Das Mindestmaß einer korrekten Nebenkostenabrechnung hat der Bundesgerichtshof geregelt (BGH, Entscheidung 23.11.1981, VIII ZR 298/80). Demnach gehören folgende fünf Angaben zu einer ordnungsgemäßen Betriebskostenabrechnung:

– Aufstellung der Gesamtkosten
– Angaben und Erläuterung des Verteilerschlüssels
– Gesamtwohnfläche des Mietshauses
– Anteilsberechnung der Mietpartei
– Abrechnung der Vorauszahlungsbeträge


Fehlt eine der Pflichtangaben, ist die gesamte Nebenkostenabrechnung formal falsch und somit unwirksam.

Werden die formalen Pflichtangaben aufgeführt, müssen Mieter ganz genau in die einzelnen Positionen schauen. Nicht sämtliche Kosten, die zur Immobilie gehören, müssen tatsächlich vom Mieter bezahlt werden.


17 Arten von Betriebkosten

Laut Paragraf 2 der Betriebskostenverordnung (BetrKV) müssen Mieter nur folgende Kosten übernehmen:

Grundsteuer

– Heizkosten*

– Wasserversorgung

– Warmwasserversorgung

– Verbundene Heizungs- und Warmwasserversorgung

– Entwässerung

– Aufzug

– Straßenreinigung und Müllbeseitigung

– Gebäudereinigung und Ungezieferbekämpfung

– Gartenpflege

– Beleuchtung Außenbereich, Treppenhaus und Gemeinschaftsräume

– Schornsteinreinigung

– Sach- und Haftpflichversicherung

– Hauswart

– Gemeinschaftliche Antennenanlage und/oder Breitband-Internet-Anlage

– Gemeinschaftliche Einrichtung zur Wäschepflege

– Sonstige Kosten (z. B. Winterdienst, gemeinschaftliche Sauna)

*Heizkosten: Sind nur umlagefähig, wenn das Haus eine Zentralheizung besitzt. Bei dezentralen Gasthermen oder Nachtspeicheröfen in einem Mehrfamilienhaus rechnet der Mieter den Verbrauch direkt mit dem Versorger ab.


Untergejubelte Kosten

Was auf den vielen Seiten der Abrechnung auf den ersten Blick logisch erscheint, ist es manchmal nicht. Kosten wie Verwaltungs- und Reparaturkosten, die zwar zum Haus oder der Wohnung zählen, sind vom Vermieter allein zu tragen.

verbrauchertipp: Schauen Sie im Mietvertrag, ob es einen Passus zu Kleinreparaturen gibt. Sie müssen Kosten nur bis etwa 120 Euro übernehmen und nur für Armaturen, Schalter und Griffe, die zur Wohnung zählen. Rohre und Leitungen in der Wand zählen nicht dazu. Liegen die Kosten darüber, muss der Vermieter diese allein bezahlen. Bei mehreren Reparaturen im Jahr gelten sechs bis acht Prozent der Jahresmiete für die Gesamtsumme als akzeptabel.

Ein gelegentlich zu Tricksereien einladender Posten sind die Angaben zu Hausmeisterkosten. Nur wenn der „richtige“ Arbeiten wie Wartungen erledigt, das Treppenhaus reinigt oder die Straße kehrt, sind sie umlagefähig – aber nicht doppelt. Ein Hausmeister, der den Garten pflegt, darf nicht erneut als Posten der Gartenpflege auftauchen. Sobald ein Hausmeister als Verwalter agiert, Abrechnungen erstellt oder Wachdienst spielt, handelt er nicht mehr im Auftrag des Mieters, sondern im Interesse des Vermieters. Somit sind es keine Betriebskosten mehr.


Verbotene Kosten

Zu den nicht umlagefähige Kosten zählen:

– Reparaturen und Instandhaltung in der Wohnung, am Haus oder beim Aufzug
– Hausverwaltung
– Wachdienst oder Pförtner
– Vermieter-Versicherungen wie Rechtsschutz, Mietausfall, Schufa-Prüfungen etc.
– Prozesskosten
– Mitgliedsbeiträge wie zum Beispiel Haus & Grund
– Kontoführungsgebühren, Telefonkosten, Porto und Versand


Noch schwerer für Mieter zu durchschauen, sind Kosten für leerstehenden Wohnungen. Kosten wie Mietausfall, Heizung, Reinigung oder Sanierung, die Vermietern daraus entstehen, können nicht auf Mieter abgewälzt werden. Das hat der Bundesgerichtshof (VIII ZR 159/05) entschieden. Laut diesem Urteil betrifft das auch Betriebskosten, die nach der Wohnfläche abgerechnet werden müssen, weil der tatsächliche Verbrauch einzelner Mieter nicht erfasst worden ist.

Kosten plausibel?

Der erste Schritt beim Prüfen der Abrechnung ist der Griff zur Vorjahresabrechnung. So kann der Mieter kontrollieren, ob es bei den verschiedenen Kostenpositionen unerklärliche Preissprünge gegeben hat. Über die Höhe der Vorauszahlungen gibt es jedoch keine gesetzlichen Regelungen. Laut Deutschem Mieterbund (DMB) soll sich der Vermieter keinen finanziellen Vorteil, keinen kostenlosen Kredit über die monatliche Vorauszahlungen verschaffen. Deshalb dürfen diese Abschläge die tatsächlich zu erwartenden Beträge nicht übersteigen.

Nur wann ist das der Fall? Als Orientierung dient der Betriebskostenspiegel des Deutschen Mieterbundes, der kostenlos im Internet oder beim örtlichen Mieterverein erhältlich ist. Die Übersicht weist die durchschnittliche Höhe der einzelnen Betriebskostenarten in Deutschland aus. Im Jahr 2013 lag beispielsweise der monatliche Durchschnittspreis mit allen Betrieskostenarten pro Quadratmeter bei 3,29 Euro. Davon entfielen allein 1,51 Euro auf Heizung und Warmwasser.

verbrauchertipp: Setzen Sie die erste Vorauszahlung lieber ein Stück höher als erwartet an. Das erspart Ihnen bei der ersten Abrechnung ein böses Erwachen. Nach der Jahresabrechnung können Mieter und Vermieter die Höhe anpassen.

Vor allem bei den Heizkosten kommt es oft zu Verwirrungen. Deshalb hat der Gesetzgeber dafür genaue Vorgaben getroffen mit der Heizkostenverordnung (HeizkostenV). Die besagt, dass mindestens 50 maximal 70 Prozent der Heizkosten nach Verbrauch abgerechnet werden. 70 Prozent werden meist angewendet bei älteren Gebäuden, welche die Wärmeschutzverordnung von 1994 nicht erfüllen, die mit einer Öl- oder Gasheizung versorgt werden und die schlecht gedämmte Leitungen besitzen. Der restliche Anteil wird pauschal nach Wohnfläche verteilt.

verbrauchertipp: Schauen Sie nach der Aufteilung der Heizkosten. Werden diese nur pauschal, also nach Wohnfläche und nicht nach Ihrem Verbrauch abgerechnet, können Sie die geforderten Kosten um 15 Prozent kürzen.

Einspruch einlegen

Wer Zweifel an den Kosten hat, sollte rechtzeitig Widerspruch einlegen. Vorraussetzung dafür ist aber, dass die Abrechnung überhaupt vorliegt. Dafür bleiben Vermietern maximal zwölf Monate Zeit – im Zweifel auch kein Tag mehr. Denn: Auf die Post kann es der Vermieter bei einer verspäteten Zustellung nicht schieben. Der Dienstleister gilt als „verlängerter Arm“ des Vermieters, der von ihm als Erfüllungsgehilfe beauftragt wurde (§ 278 BGB / BGH VIII ZR 107/08). Kommen die Betriebskosten verspätet, sind sie in der Regel unwirksam. Eine Nachforderung muss dann nicht mehr gezahlt werden. Der Anspruch auf Guthaben (Rückzahlung) bleibt für den Mieter jedoch bestehen. Ab dem Tag der Zustellung ist ein Jahr Zeit, um mögliche Ansprüche beim Vermieter schriftlich anzumelden.

Vorsicht: Auch eine zu hoch wirkende Nachforderung muss gezahlt werden, wie der BGH entschieden hat (VIII ZR 195/03). Dafür sind nur 30 Tage Zeit. Ansonsten geraten Mieter in Verzug (§ 286 BGB). Als Grundsatz gilt das Prinzip der Wirtschaftlichkeit, also ein angemessenes Kosten-Nutzen-Verhältnis zum Beispiel bei Gebäudereinigung, Gartenpflege oder Hausmeisterdiensten. Das zu ermitteln, ist aufwändig, aber in Einzelfällen lohnenswert. Kostenvoranschläge bei regionalen Betrieben dienen als Orientierung.

verbrauchertipp: Zahlen Sie überzogene Nachforderungen unter Vorbehalt und reichen Sie parallel einen schriftlichen Widerspruch bei Ihrem Vermieter ein. Auch besteht die Möglichkeit, einen gewissen Teil der Forderungen zu begleichen. Machen Sie in der Überweisung einen entsprechenden Vermerk wie „Zahlung unter Vorbehalt auf Rückforderung“. Das erhöht Ihre Chancen, unberechtigte Forderungen im Nachgang zurückgezahlt zu bekommen.

Wer es genau wissen möchte, kann die Belege und Rechnungen zu einzelnen Positionen der Nebenkostenabrechnung prüfen. Wem der Weg ins Vermieterbüro nicht zumutbar ist, zum Beispiel wegen körperlicher Beeinträchtigungen oder wenn der Vermieter oder die zuständige Hausverwaltung in einer anderen Stadt ist, kann die Dokumente per Post anfordern – allerdings auf eigene Kosten.

verbrauchertipp: Schauen Sie bei einzelnen Rechnungen externer Dienstleister auf das Datum. Belege aus dem Jahr 2014 dürfen nicht für die Abrechnung des Zeitraums 2015 herangezogen werden.

Wer sich unsicher ist, ob seine Nebenkostenabrechnung stimmt, ob er mögliche Nachzahlungen anteilig oder ganz zahlen muss, kann sich an den örtlichen Mieterverein wenden. Eine Übersicht der deutschlandweit 320 Vereine gibt es beim Deutschen Mieterbund ^www.mieterbund.de^.

BGH erschwert Prüfung

Leider ist die Prüfung einer Abrechnung erschwert worden. Zumindest hat der Bundesgerichtshof im Januar dieses Jahres die formalen Anforderungen an die Nebenkostenabrechnungen gesenkt (BGH VIII ZR 93/15). Begründung: Die Kostenaufstellung dürfe nicht „überfrachtet“ werden. Der vom Vermieter zu leistende Verwaltungsaufwand müsse sich in vertretbaren Grenzen halten. Nunmehr reiche es aus, wenn als „Gesamtkosten“ bei den jeweiligen Betriebskostenarten die Summe angegeben wird, die der Vermieter auf alle Parteien eines Hauses umlegt hat. Wie diese Kosten für eine einzelne Position ermittelt wurden, muss nicht mehr mitgeteilt werden. Problematisch könne dieser Gestaltungsspielraum laut DMB beispielsweise beim Hausmeister werden, wenn dieser auch nicht umlagefähige Aufwendungen für Reparaturen und Verwaltung übernimmt. Eine Vereinfachung und Erleichterung für Mieter ist die BGH-Entscheidung nicht. Um Klarheit über einzelne Positionen zu erlangen, bleibt Mietern nur noch der Weg zum Vermieter, um Einsicht in die Unterlagen und Belege zu bekommen.

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