12. Dezember 2015

Was tun, wenn es im Urlaub kracht?

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Andere Länder, andere Sitten: Mancherorts gilt beispielsweise die rote Ampel bei den Verkehrsteilnehmern nicht unbedingt als zwingendes Zeichen zum Anhalten, sondern mehr als ein nett gemeinter Vorschlag, dem man aber nicht unbedingt nachzukommen braucht. Wenn es im Urlaub zu einem Autounfall kommt, sollten Sie Folgendes beachten.

Eben bestaunt man noch den feurigen Sonnenuntergang über dem Meer, plötzlich kommen Romantik, Urlaubsgefühl und Ihr Wagen zu einem abrupten und ungewünschten Halt: Es scheppert und kracht. Ein Unfall, mitten im Urlaub! Das ist auch im Heimatland schon ein Schock, doch im Ausland kann er einen noch stärker belasten. Denn vielleicht spricht man die Sprache nicht gut oder sogar gar nicht. Man weiß womöglich nicht genau, ob man Schuld hat, weil man die Verkehrsregeln nicht kennt. Aus der Urlaubsentspannung wird plötzlich heftiger Stress. Jetzt heißt es, einen kühlen Kopf bewahren. Folgendes sollten Sie tun, wenn Sie in einen Unfall verwickelt werden.

Unfallstelle absichern

Das Auto abstellen, die Warnblinkanlage einschalten und die reflektierende Warnweste anziehen. Dann das Warndreieck aufstellen und mögliche Unfallzeugen bitten, auf die Polizei zu warten. Dann Polizei und Rettungsdienst anrufen und Erste Hilfe bei etwaigen Verletzten leisten.


Polizei und Notruf

Die Notrufnummer 112 gilt in allen EU-Ländern. Meist ist sie mehrsprachig besetzt. In manchen Ländern wie Kroatien und Slowenien ist es vorgeschrieben, die Polizei bei jedem Unfall zu rufen, auch bei Bagatellschäden. Dort ist das polizeiliche Protokoll die Grundlage für die Schadensregulierung. Wichtig ist, dass Sie sich von den Beamten jeweils eine Durchschrift des Unfallprotokolls aushändigen lassen. In anderen Ländern wie Frankreich und Italien muss die Polizei nur bei Personenschäden und schweren Unfällen gerufen werden. Wenn Sie die Polizei alarmieren, sollten Sie auf jeden Fall auf sie warten – selbst wenn Ihr Unfallgegner den Ort des Geschehens verlässt oder es gar keinen „Gegner“ gibt, weil Sie ein geparktes Fahrzeug gerammt haben. Wenn Ihr Unfallgegner Fahrerflucht begeht, kann auch die Verkehrsopferhilfe helfen.


Unfall dokumentieren

Versicherungen und Automobilclubs wie der ADAC oder der AvD empfehlen, alles Wichtige am Unfallort zu fotografieren: die Schäden möglichst von allen Seiten, Verkehrsschilder, Bremsspuren, Glassplitter, Kennzeichen und die Unfallsituation. Sie benötigen außerdem die Versicherungsangaben des Unfallgegners, die persönlichen Daten der Beteiligten und etwaiger Zeugen. Vergessen Sie nicht, den genauen Unfallort festzuhalten.


Checkliste

  • Ort, Datum und Zeit des Unfalls
  • Namen und Anschrift der beteiligten Personen
  • Namen und Anschriften von Unfallzeugen
  • die Kennzeichen aller beteiligten Fahrzeuge
  • Versicherungsscheinnummer und Versicherer des Unfallgegners
  • Schäden am Fahrzeug und an Gegenständen wie beispielsweise dem Gepäck
  • Fotos der Schäden, der Unfallsituation und der Verkehrslage (Straße, Schilder, etc.)
  • gegebenenfalls Aktenzeichen und Anschrift der aufnehmenden Polizeibehörde


verbrauchertipp: Auf keinen Fall sollten Sie eine Schuldanerkenntnis oder eine Abfindungserklärung unterschreiben – selbst dann nicht, wenn klar ist, dass Sie den Unfall verursacht haben. Klingt komisch, aber oft hat man den Überblick in einer derartigen Lage nicht. Vielleicht ist man ja doch nicht schuld. Ebenso wenig sollten Sie Dokumente unterschreiben, die Sie nicht vollkommen verstehen – weil Sie zum Beispiel in einer fremden Sprache geschrieben wurden.


Europäischer Unfallbericht

Wenn Sie einen Europäischen Unfallbericht dabei haben, füllen Sie ihn gemeinsam mit Ihrem Unfallgegner aus. Achten Sie darauf, welche Sachverhalte angekreuzt werden – auch hier gilt: Unterschreiben Sie nur, was Sie auch verstehen. In einigen europäischen Ländern sind die Angaben im Unfallbericht alleinige Beurteilungsgrundlage für die Haftung hinsichtlich der Unfallfolgen und nicht mehr anfechtbar. Sie können dem Unfallgegner eine Kopie Ihrer Grünen Karte aushändigen, soweit Sie eine bei sich führen. Den Bericht können Sie sich beispielsweise hier herunterladen. Am besten, Sie drucken ihn auf Deutsch und in der jeweiligen Landessprache aus und haben ihn im Auto immer dabei.

Bei Verletzungen

Wurden Sie oder Ihre Mitfahrer bei dem Unfall verletzt, ohne dass Notarzt oder Krankenwagen nötig waren, sollten Sie rasch, nachdem alles Wesentliche am Unfallort geklärt wurde, zu einem Arzt in der Nähe gehen – am besten einem, der Deutsch oder Englisch spricht. Lassen Sie sich auf jeden Fall ein Attest geben, damit Sie später gegebenenfalls Schadensersatz und Schmerzensgeld geltend machen können.

Kfz-Versicherung informieren

Gerade bei Schäden im Ausland ist es sinnvoll, zeitnah die Kfz-Versicherung zu informieren. Auch wenn die Schuld nicht bei Ihnen liegt, kann es sein, dass Ihre Versicherung unberechtigte Ansprüche abwehren muss. Sie sollte daher Bescheid wissen. Wenn vorhanden, sollten Sie auch die Rechtsschutzversicherung oder die Versicherung Ihres Auslandsschutzbriefes benachrichtigen.


Was tun bei Unfall mit Mietwagen?

Lassen Sie einen Unfall mit einem Mietwagen in jedem Fall von der Polizei aufnehmen. Außerdem müssen Sie den Verleiher sofort von dem Schaden informieren. Grundsätzlich sollten Sie nur einen Wagen mit Vollkaskoversicherung und niedriger Selbstbeteiligung mieten und bei einem Leasingfahrzeug die Vorgaben der Leasinggesellschaft genau befolgen.


Kosten

Sie müssen in der Regel in Vorleistung treten. Und das kann teuer werden: Abschleppdienst, Überführung nach Deutschland, Reparaturen, zusätzliche Übernachtungen oder ein Mietwagen kosten viel Geld. Zwar bekommen Sie meistens am Ende alles von der Versicherung ersetzt, zunächst bezahlen trotzdem Sie. Ein dickes Polster für Notfälle und die nötigen Scheine, Karten und Telefonnummern sollten also dabei sein.


Wie komme ich als Versicherter an mein Geld?

Im Ausland gelten andere Regeln. So werden nicht immer alle Kosten von der gegnerischen Versicherung ersetzt. Problematisch kann es beispielsweise bei Überführungskosten werden, einem Mietwagen, Gutachten, Anwaltskosten und Übernachtungen im Hotel. Hier gibt es eine Pflicht, die Kosten zu minimieren. Wenn der Wagen beispielsweise ganz einfach mit ein bisschen Panzertape und einem neuem Rücklicht wieder verkehrstüchtig gemacht werden kann, werden Sie kaum die Kosten für eine Überführung und einen Mietwagen erstattet bekommen.

Neben der Möglichkeit, den Schaden im Ausland direkt beim Unfallverursacher oder dessen Versicherer geltend zu machen, können Sie Ihre Ansprüche auch von Deutschland aus regulieren lassen – aber nur, wenn der Unfall gut dokumentiert wurde. Versicherungen aus den Ländern der EU haben einen Regulierungsbeauftragten in Deutschland, an den Sie sich auf Deutsch wenden können. Diese Stellen werden allerdings von der gegnerischen Versicherung beauftragt. Es sind keine neutrale Schlichtungsstellen. Einen eigenen Anwalt ersetzen sie also nicht.


Wann Sie einen Anwalt brauchen

In den meisten Fällen lohnt sich ein Anwalt, denn der kennt das Recht im jeweiligen Land und die Sprache – so kann er sich auch beispielsweise um den Papierkram kümmern. Sollten deutlich überhöhte Geschwindigkeit, Missachtung von Verkehrszeichen oder Alkohol eine Rolle gespielt haben, sollten Sie auf jeden Fall einen Anwalt zu Rate ziehen. Ebenso bei schweren Unfällen, besonders solchen mit Verletzten. Wenn Sie eine Rechtsschutzversicherung besitzen, sollten Sie immer einen Anwalt in Anspruch nehmen. Deutschsprachige Anwälte im Ausland werden Ihnen von der Versicherung oder dem Automobilclub empfohlen. Wenn Sie selbst der Unfallverursacher sind, benötigen Sie bei Sachschäden nicht unbedingt einen Anwalt. Der von Ihnen Geschädigte wird sich an Ihre Versicherung wenden, die wickelt den Schaden dann ab.


Diese Notfall-Nummern sollten Sie dabei haben

Bei einem Unfall brauchen Sie Unterstützung – die holen Sie sich auch per Telefon.

  • Notrufnummer des jeweiligen Landes (EU immer 112)
  • die Nummer Ihrer Kfz-Versicherung – sollten Sie eine Mobilitätsgarantie für Ihr Fahrzeug haben, finden Sie darin ebenfalls eine Notrufnummer
  • die Nummer eines Automobilclubs
  • Zentralruf der Autoversicherer: 0049 (0)180-2502
  • Nummer der Deutschen Botschaft im jeweiligen Reiseland
  • Krankenversicherung
  • gegebenenfalls Rechtsschutzversicherung

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