7. August 2016

Erbschaftssteuer geschickt umschifft

© Andrey_Popov/Shutterstock.com

Schenkungen müssen genau wie das Erbe versteuert werden. Wer es geschickt anstellt, kann durch eine Schenkung trotzdem Steuern sparen. Denn alle zehn Jahre greift der Freibetrag aufs Neue. Außerdem bringt eine Schenkung einige Vorteile mit sich. Trotzdem sollte sie genau durchdacht sein und nicht übereilt gehandelt werden.

Geben ist seliger als Nehmen – und Schenken manchmal günstiger als Vererben. Das gilt zumindest, wenn man einige Grundsätze beachtet. Wer große Summen, wertvolle Gegenstände oder Immobilien auch nach der Lebenszeit in guten Händen wissen will, muss dies nicht ausschließlich über ein Testament regeln. Er kann auch zu Lebzeiten verschenken. Der Vorteil: Erbstreitigkeiten können vermieden werden. Wer geschickt schenkt, kann außerdem Steuern vermeiden.

Wer etwas erbt, muss Steuern zahlen für den Teil des Betrages beziehungsweise Wertes des Erbes, der über den Steuerfreibetrag hinausgeht. Gleiches gilt für die Schenkung zu Lebzeiten: Ab einem gewissen Betrag fällt eine Schenkungssteuer an. Das betrifft nicht nur Geldgeschenke, sondern auch Gegenstände und Immobilien. Schenker und Beschenkter müssen eine Schenkung innerhalb von drei Monaten beim Finanzamt melden. Das gilt natürlich nicht bei Sachen von geringem Wert, wird aber bei teuren Gegenständen, Immobilien und größeren Geldbeträgen relevant. Das Finanzamt schätzt dann den Wert der Gegenstände und Immobilien. Die Freibeträge und Steuerklassen sind bei der Erbschafts- und Schenkungssteuer identisch. Trotzdem gibt es Möglichkeiten, Steuern zu sparen.


Steuersatz steigt mit Vermögen

Wie viel versteuert werden muss, hängt von der Summe ab und dem Verwandtschaftsgrad. Eine genau Einteilung der Steuerklassen nach Prozent liefert das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz (ErbStG).


Steuerpflichtiges Erbe oder Geschenk bis einschließlich … Euro Steuern in Prozent in entsprechender Steuerklasse
I II III
75.000 7 15 30
300.000 11 20 30
600.000 15 25 30
6.000.000 19 30 30
13.000.000 23 35 50
26.000.000 27 40 50
Über 26.000.000 30 43 50

Diese Steuerfreibeträge gelten

Jedem Erwerber, ganz gleich ob beschenkt oder beerbt, steht ein Steuerfreibetrag zu. Innerhalb dieses Freibetrags fallen keine Steuern an. Erst wenn der Betrag überschritten wird, müssen Steuern gezahlt werden. Der Steuerfreibetrag unterscheidet sich je nach Verwandtschaftsbeziehung. Ehepartner und Partner in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft können bis zu 500.000 Euro erhalten, ohne Steuern zahlen zu müssen. Kindern stehen 400.000 Euro zu, Enkeln 200.000 Euro. Die Steuerfreibeträge beziehen sich jeweils auf Schenkungen von einer Person oder einen Erbfall. Schenken also Mutter und Vater, gilt der Steuerfreibetrag zwei Mal. Hat der Verstorbene innerhalb der 10 Jahre vor seinem Tod dem Beerbten etwas geschenkt, wird das auf den Steuerfreibetrag bei Todesfall hinzugerechnet. Das bedeutet aber auch: Schenkungen, die länger als 10 Jahre zurückliegen, werden nicht berechnet. Das ist ein großer Vorteil, der genutzt werden kann, um Steuern zu sparen.


verbrauchertipp: Alle 10 Jahre gilt der Freibetrag erneut. Wer schon weiß, dass das Erbe über der Freigrenze liegen wird, kann frühzeitig einen Teil verschenken.


Erbschafts- und Schenkungssteuer richten sich nach Höhe des vererbten oder verschenkten Betrages und der Steuerklasse. Drei Steuerklassen gibt es insgesamt. Und diese richten sich wiederum nach dem Verwandtschaftsverhältnis. Ehegatten, Lebenspartner und Kinder sowie Enkel beispielsweise fallen unter Steuerklasse I. Bei dem „Erwerb von Todes wegen“, also dem Erbe, zählen auch noch Eltern des Verstorbenen – wenn der keine Nachkommen hat – in die erste Steuerklasse. Bei Schenkungen sind Eltern zusammen mit den Geschwistern und geschiedenen Partnern in Steuerklasse II. Alle übrigen Erwerber bilden die Steuerklasse III.

Freibeträge

Verwandtschaftsgrad Steuer-klasse Persönlicher Freibetrag (in Euro)
Ehepartner I 500.000
Eingetragene Lebenspartner 500.000
Kinder, Stiefkinder, Adoptivkinder, Kinder verstorbener Kinder 400.000
Enkel, Stiefenkel 200.000
Urenkel 100.000
Eltern und Groß- und Urgroßeltern* 100.000
Geschwister, Nichten und Neffen, Stiefeltern, Schwiegerkinder, Schwiegereltern, geschiedene Ehegatten, getrennte eingetragene Lebenspartner II 20.000
Onkel, Tanten, Lebensgefährten und andere III 20.000
*Steuerklasse I gilt nur bei Erbschaften, nicht bei einer Schenkung. Dann gilt Steuerklasse II mit entsprechendem Freibetrag. Quelle: Erbschaftssteuer- und Schenkungssteuergesetz (ErbStG)

§ 16 Freibeträge

Immobilien verschenken

Wer nicht bares Geld und teure Gegenstände verschenken will, sondern ein Haus oder eine Wohnung, muss einiges beachten. Er muss einen Notar aufsuchen und dort die Grundbuch-Eintragung vornehmen lassen. Wie Sie es richtig lesen und verstehen, erfahren Sie im Artikel „Kein Buch mit 7 Siegeln“ in dieser Ausgabe. Die Bundesnotarkammer hilft bei der Suche nach einem Notar. Probleme können sich ergeben, wenn der Beschenkte noch minderjährig ist. Dann funktioniert die Schenkung nur, wenn sie für den Minderjährigen keine rechtlichen Nachteile mit sich bringt. Als rechtlich nachteilig gilt zum Beispiel der Erwerb von Wohnungseigentum. Denn der minderjährige Erbe wird Mitglied der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und daraus können sich Verpflichtungen ergeben, vor denen ihn der Gesetzgeber schützen will.

Allerdings kann das klassische Erbe ohnehin die bessere Wahl sein: Eine zusätzliche Steuerbefreiung gibt es nämlich, wenn das Haus vererbt, also nicht verschenkt, wird und der Erbe für mindestens zehn Jahre dort einzieht. Das gilt allerdings nur, wenn der Erbe das Kind des Verstorbenen ist oder sein Ehe- beziehungsweise Lebenspartner.

Bei einer Schenkung sollte außerdem bedacht werden, ob der Schenker das Haus noch weiter bewohnen oder selbst vermieten möchte. Er kann mit dem Beschenkten ein lebenslanges Wohnrecht vereinbaren. Wer nicht mehr selbst im Haus leben will, für den kommt der sogenannte Nießbrauch infrage. Dabei einigen sich die Parteien darauf, dass der Schenker das Haus weiter nutzen darf, also beispielsweise die Einnahmen aus Vermietung behält. Außerdem kann eine solche Vereinbarung den Wert der Immobilie schmälern. Der sogenannte „Kapitalwert des Nießbrauchs“ wird dann von dem vom Finanzamt berechneten Wert abgezogen. Das kommt dem Steuerfreibetrag zugute.


verbrauchertipp: Lassen Sie sich nicht von einer möglichen Steuerersparnis zu einer Schenkung verleiten. Überlegen Sie sich genau, ob Sie beispielsweise das Haus noch weiter nutzen wollen oder ob Sie die Schenkung an Bedingungen knüpfen möchten.


Kettenschenkungen

Statt einen großen Betrag auf einmal zu verschenken, kann man auch Teile über mehrere Personen verschenken. Wer also beispielsweise ein Haus im Wert von 800.000 Euro an seinen Enkel verschenken will, könnte auf die Idee kommen, je eine Hälfte an den Sohn und die Tochter zu schenken und diese zu bitten, ihre Teile jeweils an den Enkel weiterzugeben, zum Beispiel weil die Kinder bereits ein Haus haben und Enkel es eher brauchen können. Dann läge die Schenkung innerhalb des jeweiligen Freibetrages der beiden Kinder. Bei einer direkten Schenkung müsste der Enkel bei 100.000 Euro Freibetrag die restlichen 700.000 Euro versteuern. Der Umweg über die Kinder ist theoretisch möglich, in der Praxis aber heikel. Die Finanzbehörden müssen den Zwischenerwerb, hier also die Schenkung an Sohn und Tochter, anerkennen. Das tun sie meist nicht, wenn der Erstbeschenkte zur Weitergabe verpflichtet ist. Auch ist die Zeit, die zwischen den Schenkungen verstreicht, ein Indiz. Ein schneller Übergang spricht dafür, dass lediglich die Schenkungssteuer umgangen werden sollte.

Wiederholen ist gestohlen?

Das Gesetz betrachtet eine Schenkung grundsätzlich als endgültig. Sie kann nur in Ausnahmefällen widerrufen werden, nämlich nur, wenn der Geschenkte „groben Undank“ zeigt. Der Begriff ist sehr schwammig und bedarf einer Auslegung im Einzelfall. Der Schenker kann aber mit dem Beschenkten ein Rückforderungsrecht vereinbaren. Das geschieht vertraglich. In so einer Klausel kann beispielsweise stehen, dass das verschenkte Haus wieder an seinen ursprünglichen Eigentümer zurückfallen soll, falls der Beschenkte stirbt oder insolvent wird. Diese Möglichkeit sollte jedoch nicht zur vorschnellen Schenkung verleiten. Solche Rechte müssen wirksam in den Schenkungsvertrag eingebunden werden – das ist meist ein Job für den Anwalt. Denkbar und oft sinnvoll sind allerdings Gegenleistungen für die Schenkung. Das können das oben erwähnte Wohnrecht oder der Nießbrauch sein oder eine regelmäßige Zahlung des Beschenkten an den Schenker. Das wäre denkbar, wenn ein Kind beispielsweise das Haus erhält und dort auch wohnt. Dafür gibt es den Eltern aber regelmäßig Geld, dass diese ihren Lebensunterhalt bestreiten können.

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Dr. Alisha Ricard hat Jura an der Universität Mainz mit den Schwerpunkten Kartell- und Gesellschaftsrecht studiert. Sie hat journalistische Erfahrung bei der Börsen-Zeitung, dem Handelsblatt und dem ZDF gesammelt. In der verbraucherblick-Redaktion schreibt sie ebenso gerne über die „trockenen“ Themen aus dem Zivilrecht wie aufregende Reiseberichte.