17. September 2016

Das leisten Studienkredite und Stipendien

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Die Entscheidung für einen Studiengang ist gerade getroffen, jetzt werden die Weichen fürs spätere Berufsleben gestellt. So spannend das Unileben ist, ohne passendes Monatsbudget gelingt der Start auf eigenen Füßen kaum. Studienkredite, Stipendien und staatliche Leistungen können die Hochschulausbildung erleichtern. verbraucherblick zeigt alle Möglichkeiten der Ausbildungsfinanzierung. 

Das Leben von Studenten kostet Geld. Wieviel, das hat die Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks zumindest für das Leben an Hochschulen ermittelt. Demnach haben Studenten 2012 durchschnittlich 794 Euro monatlich für Wohnen, Lebensmittel, Kleidung, Lernmittel, Mobilität und weiteres ausgegeben. Eine Menge Geld, das laut den Statistikern jedem Fünften gar nicht zur Verfügung steht. Diese rutschen durchschnittlich jeden Monat mit 45 Euro ins Minus. Um das zu vermeiden, ist der Blick auf die eigenen Einnahmen und Ausgaben sinnvoll. Eine Checkliste bietet einen Überblick über den monatlichen Finanzplan.

Checkliste: Kassensturz

Einnahmen Euro pro Monat
Nebenjobs  
Eltern, Verwandte, Förderung  
Bafög  
Stipendium, Studienkredit
Sonstiges (Erspartes, Zinsen, Renten etc.)
Summe Einnahmen insgesamt

 

Ausgaben

 

Lebenshaltung

Euro pro Monat
Miete inkl. Nebenkosten  
Verpflegung (Lebensmittel, Mensa etc.)  
Telekommunikation (Smartphone, Festnetz, Internet)  
Kleidung  
Mobilität (Benzinkosten, öffentliche Verkehrsmittel, Carsharing etc.)  
Kinderbetreuung  
Pflege Angehöriger  
Sonstiges (Hobbies, Urlaub, Freizeit)  
Summe
 
Ausbildungs-/Studienkosten  
Semesterticket
Studiengebühren  
Rückmelde-/Verwaltungsgebühren  
Studentenwerksbeiträge  
Bücher und Kopien
Computer (Tablet, Laptop, Drucker, Software etc.)
Sonstiges (Recherchen, Materialien, Exkursionen etc.)
Summe
Gebühren und Beiträge  
Versicherungen (BU, Krankenversicherung, Haftpflicht etc.)
Altersvorsorge (Fonds, Bausparen, Riester, VL)  
Rundfunkbeitrag  
Vereinsbeiträge  
Summe
Sonstiges  
Schulden, Zins- und Rückzahlungspflichten
Summe
Summe Ausgaben insgesamt  

 

Bilanz der finanziellen Situation Euro pro Monat
Monatliche Einnahmen
Monatliche Ausgaben  
Finanzierungslücke/Überschuss  

 

Die Finanzierungslücke ist Ja Nein
… nur ein vorrübergehender Engpass?
… auf durch Einsparungen zu schließen?    
… ist durch weitere Finanzquellen oder mit geringeren Rückzahlungsverpflichtungen (Stipendium, Kredit etc.) zu schließen?


Sollte bei allen drei Feldern ein Nein angekreuzt sein, ist eine Anpassung der monatlichen Einnahmen und Ausgaben sinnvoll.

Quelle: CHE-Studienkredit-Test 2016

Die mit Abstand größten Einnahmequellen von Hochschülern sind die eigenen Eltern (87 Prozent), gefolgt von Nebenjob (63 Prozent) und eigenen Verwandten, Bekannte und der oder die Partner/in (26 Prozent). Auf Einnahmen nach Bundesausbildungsförderungsgesetz, kurz Bafög, greifen der Sozialerhebung zufolge 32 Prozent zurück. „Diese Verteilung deckt sich auch mit unseren Erfahrungen“, sagt Annabel Oelmann, Vorstand der Verbraucherzentrale Bremen. Die Finanzexpertin kennt noch eine weitere familiäre Finanzspritze: „Manchmal lohnt auch ein elterlicher Konsumentenkredit, der ans studierende Kind weitergeben wird. Schließlich gibt es kaum Zinsen auf Giro- oder Tagesgeldkonten.“ Wichtig sei dabei die Transparenz, vor allem wenn Geschwister da sind. 


verbrauchertipp: Halten sie einen privaten Studienkredit, den Sie Ihren Kindern gewähren, unbedingt schriftlich fest. Ein formloses Dokument mit vollständigen Namen, Konditionen, Zeitraum und Unterschriften genügt.


„Erst wenn diese Quellen erschöpft sind, sollte über Studienkredite nachgedacht werden“, sagt die Verbraucherschützerin. Lediglich 6 Prozent finanzieren ihr Studium mithilfe einer zusätzlichen Finanzspritze. „Das ist aber sinnvoller, als sich aus Geldmangel gegen ein Studium zu entscheiden“, so Oelmann. Wenngleich viele davor aufgrund der drohenden Verschuldung zurückschrecken, lohnt sich ein Blick auf die Angebote von Banken, Sparkassen und Bildungsfonds.

So funktionieren Studienkredite

Anspruch auf einen Studienkredit hat grundsätzlich jeder Student, außer es steht eine Privatinsolvenz oder eine eidesstattliche Versicherung dagegen. Der Ablauf ist überall derselbe: Auszahlung – Ruhe – Rückzahlung. Im Unterschied zu einem gewöhnlichen Verbraucherkredit, der aufgrund der Bonität zugesagt oder abgelehnt wird, werden diese Vorfinanzierungen nicht auf einen Schlag, sondern in fest vereinbarten monatlichen Raten ausgezahlt. Die Zuteilung erfolgt unabhängig vom Einkommen der Eltern. Nach Ende des Studiums folgt eine Ruhephase von ein bis zwei Jahren ohne Geldfluss. Abschließend muss der Kreditnehmer das Darlehen in Raten zurückzahlen – unabhängig davon, ob der ersehnte Job folgt oder nicht.


verbrauchertipp: Setzen Sie Ihren monatlichen Finanzbedarf eher geringer an, sonst nehmen Sie zu viel Kredit auf. Faustregel: Soviel Kredit wie nötig und nur so viel, wie für ein reibungsloses Studium nötig ist.


Ein paar Stellschrauben im Konstrukt gibt es. Bei einigen Anbietern kann die Höhe der Raten und die Dauer der Zahlungsphasen variabel vereinbart werden – bei manchen Angeboten semesterweise. Was nach Flexibilität klingt, kann im Einzelfall fatal werden, wenn zum Beispiel der Darlehensgeber die Konditionen verändert oder der erhoffte Job nicht sofort kommt. Ein fertig geschnürtes Paket mit festen Zinssätzen und Zahlungsphasen gibt Finanzstartern ein sicheres Gefühl. Besonders in der aktuellen Niedrigzinsphase können Studienkreditnehmer sich gute Konditionen langfristig sichern. Zudem sollte die Ruhephase mindestens ein, besser zwei Jahre sein, da der lückenlose Übergang in den Job nicht immer gelingt.


Studienkredit-Varianten

Im vergangenen Jahr wurden in Deutschland etwa 53.000 Verträge für Studienkredite abgeschlossen. Auf dem Markt gibt es davon vier Arten:

– Allgemeine Studienfinanzierung (Lebenshaltung, Studiengebühren)

– Bildungsfonds (Wird von Anlegern gespeist, nur für ausgewählte Studiengänge, Rückzahlung ist ans Einkommen gekoppelt, ermöglichen auch Auslandssemester)

– Überbrückungs-/Abschlussfinanzierungsangebote (für Examensarbeiten, besonders günstig bis zinsfrei)

– Hochschulspezifische Angebote (meist an privaten Hochschulen, einkommensabhängige Rückzahlung)


Die mit Abstand größten Anbieter sind die staatliche Förderbank KfW und das Bundesverwaltungsamt. Sie schlossen 2015 zusammen 94 Prozent aller Verträge ab. Während die KfW mit ihrem KfW-Studienkredit bis zu 650 pro Monat happige 4,16 Prozent Effektivzins verlangt, gibt es beim Bundesverwaltungsamt mit dem Bildungskredit 100, 200 oder 300 Euro pro Monat für jeweils schlanke 0,87 Prozent. Das günstigste, überregionale Angebot kann zudem mit dem Bafög kombiniert werden. „Zur Überbrückung eines finanziellen Engpasses oder wenn der Fokus ganz auf die Abschlussprüfungen gelegt werden soll, ist diese Variante ganz sinnvoll“, schätzt Finanzfachfrau Oelmann.

Wer ein oder zwei Auslandssemester absolvieren will, hat bei der KfW schlechte Karten. Auch zusätzliche Sonderauszahlungen sind nicht möglich. Fürs Studium in der Ferne sind die Angebote von Bildungsfonds wie Brain Capital, CareerConcept, Festo und Deutsche Bildung geeignet. Dafür sind meist ein Auswahlgespräch, Motivationsschreiben und ein Leistungstest erforderlich. Weitere Konditionen von 39 Studienkrediten und Bildungsfonds bietet die Auswertung vom Centrum für Hochschulentwicklung.

Passt es auch noch, wenn’s nicht mehr passt? Bei einem Studienabbruch wird fast in allen Fällen die Auszahlung gestoppt und ein neuer Rückzahlungsplan erstellt. Manche Anbieter fordern den gesamten Darlehensbetrag sofort, bei anderen kann bei erneuter Studienaufnahme die Fortsetzung beantragt werden.


verbrauchertipp: Schließen Sie keine Versicherungen im Zusammenhang mit dem Kredit ab. Sie sind in der Regel teurer als eine separate Absicherung.


Wer sich für eine finanzielle Förderung eines staatlichen oder privaten Anbieters entscheidet, sollte alle Parameter wie Zinssätze und Ratenhöhen kennen und vor allem Berechnen, welche Beträge zu welchem Zeitpunkt zurückgezahlt werden müssen. Eine praktische Hilfe dafür bietet der Studienkreditrechner der Verbraucherzentrale Bremen.

Beispielrechnung: Finanzierung KfW-Studienkredit (174)

Auszahlung über 9 Semester (54 Monate) monatlich 400 Euro
Kreditsumme 21.600 Euro
Effektivzins 4,16 Prozent (Stand: 23.08.16)
   
18 Monate Ruhezeit (Karenzphase)
Rückzahlung über 120 Monate (10 Jahre) monatlich 220,34 Euro
Gesamtbelastung (Rückzahlung) 26.440,80 Euro
Zinsen 4840,80 Euro

Stand: 23. August 2016

Die Verzinsung ist variabel und wird jeweils zum 1. April und zum 1. Oktober für ein halbes Jahr festgelegt.

Alternative Ausbildungsfinanzierung

Nicht alle Studenten bekommen Bafög, unter anderem, wenn die Eltern zu viel verdienen oder das eigene Vermögen den Freibetrag übersteigt. Dann können Studenten andere Finanzquellen erschließen. Eine davon ist das Stipendium. Sein Vorteil ist, dass es nicht mehr zurückgezahlt werden muss. „Viele schrecken davor zurück, weil sie kein Überflieger-Abitur haben. Dabei braucht es das oft gar nicht“, sagt Finanzexpertin Oelmann und rät: „Mut zum Stipendium. Die Stiftungen reißen sich teilweise um Bewerber.“

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) liefert eine Datenbank zu geeigneten Studienfächern. Der praktische Stipendienlotse zeigt abhängig von gewünschter Stipendienart, angestrebten Abschluss, Bildungsphase, Studienfach, Hochschulstandort und Zielregion mögliche Förderprogramm an. Wer zum Beispiel für sein Masterstudium in die USA gehen will, kann sich beispielsweis an den Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) oder verschiedene Stiftungen wenden.

Ein erst seit fünf Jahren bestehendes Programm ist das Deutschlandstipendium. Es unterstützt mit mindestens 300 Euro monatlich Studierende sowie Studienanfänger mit besonderem gesellschaftlichem Engagement. Auch persönliche Leistungen wie etwas das Überwinden problematischer Bildungsbiografien bringen Pluspunkte. Das Besondere: Es wird einkommensunabhängig zusätzlich zum Bafög gezahlt und fördert für mindestens zwei Semester Stipendiaten, die soziale Projekte realisieren. Finanziert wird das Programm zur Hälfte von Bund sowie von privaten Förderern wie Unternehmen, Stiftungen und anderen Privatpersonen.


verbrauchertipp: Wer sich bereits vor dem Studium sozial engagiert, zum Beispiel in einem Verein, Kirche oder einer Initiative, sollte das bei einer Bewerbung für ein Stipendium angeben.


Die meisten Begabtenförderungen vergeben politiknahe Stiftungen wie die Heinrich-Böll-Stiftung (Die Grünen) oder die Hanns-Seidel-Stiftung (CSU). Bei der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung werden besonders engagierte Studenten mit einem Grundstipendium von bis zu 670 Euro gefördert. Das hängt allerdings vom Einkommen der Eltern ab. Zusätzlich gibt es eine Studienpauschale von 300 Euro im Monat. Wer promoviert, kann sogar mit 1050 Euro im Monat rechnen, plus 100 Euro Forschungspauschale. Unter Stipendiumplus gibt es einen Überblick über die 13 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) unterstützten Begabtenförderungswerke.

Weitere Einnahmequelle

Den meisten Studenten und Auszubildenden – auch Freiwilligendienstleistenden – steht nach dem vollendeten 18. Lebensjahr weiterhin Kindergeld zu. Die staatliche Leistung – derzeit immerhin 190 Euro für Erstgeborene – wird bis zum vollendeten 25. Lebensjahr gewährt und in der Regel stellvertretend von einem Elternteil verwaltet, was im Falle einer Erstausbildung unterhaltspflichtig ist. Zahlen Eltern keinen oder zu wenig Unterhalt, kann der Nachwuchs in Ausbildung die direkte Auszahlung bei der zuständigen Familienkasse (Vordruck KG11e – Antrag auf Auszahlung des anteiligen Kindergeldes) beantragen. Außerdem kann man, wenn einem kein Bafög zusteht, Unterhalt von den Eltern einfordern, zur Not gerichtlich. Bis die Lage geklärt ist, hat ein Student die Möglichkeit beim Bafög-Amt Vorausleistung zu beantragen. Dieses Geld muss man sofort zurückzahlen, wenn der Unterhalt dann fließt.

Seit Jahresbeginn gibt es deutlich mehr Wohngeld. Je nach Mietstufe gibt es bis zu 27 Prozent mehr – bis zu 250 Euro. Studenten, die im eigenen Haushalt leben, haben ebenso darauf Anspruch, außer es wird bereits Bafög gewährt. Entscheidend für diese Leistung ist das summierte Einkommen aller Haushaltsmitglieder.


verbrauchertipp: Reichen Sie Ihren Antrag bis zum Monatsletzten ein, dann wird der gesamte Monat noch rückwirkend berücksichtigt.


 In welcher Höhe das Wohngeld gewährt wird, hängt von vielen Faktoren, ab unter anderem von der Anzahl der Haushaltsmitglieder, der Miethöhe und des Gesamteinkommens des Haushalts. Einen Überblick bieten Tabellen und ein Wohngeldrechner des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB). Die Anträge gibt es bei der Wohngeldstelle der Gemeinde-, Stadt-, Amts- oder Kreisverwaltung.

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