24. Mai 2018

Mehr Unterstützung für pflegende Angehörige

Früher standen sie mitten im Leben, heute können sie nicht mehr alleine zur Toilette. Wenn Mutter, Vater, Oma oder Opa zum Pflegefall wird, ist das für die Familie meist ein Schock. Da die Pflegebedürftigen oft so lange wie möglich zuhause wohnen möchten, kümmern sich viele Angehörige selbst um sie. Sie bringen sich damit an den Rand ihrer Belastbarkeit. Die staatliche Unterstützung für sie ist ausbaufähig: 70 Prozent der pflegebedürftigen Menschen in Deutschland werden zuhause versorgt, rund 50 Prozent davon von ihren Angehörigen. Das bedeutet, Frauen und Männer in Deutschland pflegen privat um die 1,4 Millionen alte und kranke Menschen. Sie waschen sie, geben ihnen Medikamente, bringen sie zum Arzt und sind auch sonst für sie da. Das ist ein Fulltimejob. Er erfordert Einsatz rund um die Uhr, jeden Tag. Nebenbei stemmen viele pflegende Angehörige noch ihren Beruf und versorgen ihre Kinder.

Um sie zu entlasten, bietet die Pflegekasse Unterstützung. Pflegebedürftigen mit mindestens Pflegegrad 2 zahlt die Pflegekasse Pflegegeld, wenn sie ihre Pflege selbst sicherstellen. Sie können frei darüber verfügen und mit dem Geld ihre Angehörigen unterstützen. Zudem können Beschäftigte unter anderem kurzfristig eine Auszeit aus dem Job von bis zu 10 Tagen nehmen, um die Pflege ihres Angehörigen zu organisieren. Den pflegenden Angehörigen zahlt die Pflegekasse für diese Zeit einen Ausgleich für entgangenes Arbeitsentgelt (Pflegeunterstützungsgeld).

Seit 2011 ist außerdem das Familienpflegezeitgesetz in Kraft. Wer in einem Unternehmen mit mindestens 15 Beschäftigten arbeitet, kann demnach für 6 Monate unbezahlt aus dem Beruf aussteigen. Alternativ können Pflegende ihre Arbeitszeit 2 Jahre lang auf mindestens 15 Stunden pro Woche reduzieren. Das ist in Betrieben ab 26 Mitarbeitern möglich. Ein zinsloses Darlehen soll die finanziellen Einbußen teilweise auffangen. Wie hoch es ausfällt, hängt vom Gehalt vor und während der Pflegezeit ab. Steigt der pflegende Angehörige wieder ins Berufsleben ein, zahlt er das Darlehen aus seinem Gehalt zurück.

Bei vielen Menschen, die ihre Angehörigen pflegen, dürfte das Geld trotzdem knapp sein. Das Darlehen ersetzt das vorherige Gehalt nur zum Teil. Auch die Rückzahlphase dürfte für viele schwierig sein. Wer in einem Betrieb mit weniger als 26 Mitarbeitern arbeitet, hat von der Regelung sowieso nichts. Pflegende Angehörige müssen finanziell, organisatorisch und auch psychologisch besser unterstützt werden. Man kann es nicht oft genug sagen: Das Thema Pflege wird in den nächsten Jahren immer wichtiger werden. Angesichts des Pflegenotstands, der sich bereits jetzt abzeichnet, muss die Politik dringend tätig werden.

Swen Walentowski - verbraucherblick - Anwaltsauskunft-Deutscher AnwaltsvereinRechtsanwalt Swen Walentowski ist Redaktionsleiter und Sprecher von Anwaltauskunft, dem Rechtsportal des Deutschen Anwaltvereins. Das Portal richtet sich an Verbraucher und bietet Informationen und Tipps zu rechtlichen Alltagsfragen.

 

 

 

 

 

 

 

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