Kinderfreibetrag und Kinderbetreuungskosten

  • Hallo,


    in der Steuerklärung meiner Freundin (geschieden und alleinerziehend) hatte diese nachgewiesene Kinderbetreuungskosten in Höhe von EUR 1.460,00 geltend gemacht. Die Übertragung des vollen Kinderfreibetrages vom Kindesvater auf sie hatte sie NICHT beantragt. Dementsprechend hätten Kinderbetreuungskosten in Höhe von EUR 686,00 vom zu versteuernden Einkommen in Abzug gebracht werden müssen.
    Das Finanzamt ihr hat nun entgegen der Abgabe der Steuererklärung den vollen Kinderfreibetrag zugesprochen - dementsprechend wurden keine Kinderbetreuungskosten berücksichtigt, da diese unter dem Betrag von EUR 1.548,00 liegen.


    Dadurch hat sich der Erstattungsbetrag von EUR 314,00 auf EUR 240,00 reduziert.


    Frage:
    Ist diese Übertragung des gesamten Kinderfreibetrages durch das Finanzamt ein MUSS oder kann man dem widersprechen?
    Ich habe es so verstanden, dass man die Übertragung des vollen Freibetrages beantragen KANN, aber NICHT MUSS!
    Vielleicht ist es von Relevanz, dass sie Kindergeld in voller Höhe und nicht nur in Höhe von 50% erhalten hat?


    Vielen Dank vorab für eine Rückinfo.


    H. Matton

  • Hallo Holger,


    die Übertragung der Kinder-Freibeträge ist nur möglich wenn die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt sind, z.B. die nicht erfüllten Unterhaltszahlungen oder das ein Elternteil im Ausland ist/war oder verstorben ist. Ohne die Erfüllung dieser Voraussetzung ist die Übertragung der Freibeträge nicht möglich.


    Exakt heißt das:
    Der volle Kinderfreibetrag kann nur in 2 genau definierten Sachverhalten beantragt/übertragen werden.
    1. der andere Elternteil lebt im Ausland
    2. weil der andere Elternteil seine Unterhaltsverpflichtung nicht zu mindest. 75 % erfüllt hat.


    Und hierin liegt ein oft verkanntes Problem. Der andere Elternteil muß mit einer amtlichen Unterhaltsfeststellung verpflichtet sein und auch zahlungsfähig sein. Ein Sozialhilfeempfänger ist nicht zahlungsfähig. Seine Unterhaltsverpflichtung ruht. Trotzdem hat die Kindes-Mutter z.B.
    keinen Anspruch auf den vollen Kinderfreibetrag. Auch nicht, wenn der Kindes-Vater unbekannten Aufenthaltes ist. Die unfreundliche Rechtsprechung zu diesem Thema ist eindeutig.
    Anders ist es bei der Übertragung des Erziehungsfreibetrags. Der kann übertragen werden, sofern das Kind bei dem anderen Elternteil nicht gemeldet ist. Beide Elternteile (nicht verheiratet) haben jeweils Ansprüche auf 0,5 Kinderfreibeträge. Grundsätzlich! Egal, ob das Kindergeld an Einen ausbezahlt wird. Der andere Elternteil hat einen zivilrechtlichen Anspruch.

  • Hallo Fruehling,


    danke für die ausführliche Antwort. Mir ist klar geworden, dass ich da etwas durcheinander geschmissen habe.


    Nicht der KINDERfreibetrag, sondern der Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf wurde meiner Freundin zu 100% zugerechnet, obwohl dies in der Steuererklärung nicht beantragt wurde. Das Finanzamt hat dies "eigenmächtig" gemacht, wobei die Voraussetzungen für die Möglichkeit der Übertragung dieses Freibetrages m.E. erfüllt sind (das Kind ist bei meiner Freundin gemeldet und nicht beim Kindesvater).


    Kann das Finanzamt denn diesen Freibetrag OHNE Beantragung übertragen?
    Muss man dies akzeptieren?
    Und wenn dies einmal geschehen ist, muss das dann die Folgejahre ganau so umgesetzt werden?


    Gruß


    Holger

  • Hallo Holger,


    es kann aber auch sein, daß der leibliche Kindesvater die Übertragung des BEA-Freibetrages in seiner ESt-Erklärung zugestimmt/angegeben hat.


    Es gibt ja immer zwei Elternteile, die das beeinflussen können.
    Ihre Freundin kann ja mal beim FA nachfragen und nachforschen, woher der kpl. BEA-Freibetrag kam.
    Dann kann man reagieren.