Abschreibung Eigentumswohnung / Kaufpreisaufteilung

  • Hallo zusammen,


    ich habe eine interessante Eigentumswohnung in Innenstadtnähe gefunden, die ich evtl. kaufen möchte. Überall im Internet lese ich, dass eine Kaufpreisaufteilung 20% (Boden) 80% (Gebäude) der Regel entspricht. Aus einem Gutachten der potentiellen Eigentumswohnung geht folgendes hervor:


    - Bodenwert 850 €/m² >> entspricht bei der 50 m² Wohnung 86,000 EUR
    - Der Gesamtkaufpreis beläuft sich auf 104,000 EUR >> d.h. nur ~17% Gebäudeanteil abschreibefähig
    - Das Gebäude ist aus dem Jahr 1954, hat 6 Wohneinheiten, wurde ~1998 renoviert, steht auf einem Grundstück von ~610 m²


    Muss man sich bei der Kaufpreisaufteilung an das Gutachten halten bzw. wird es das Finanzamt tun? 17% für das Gebäude erscheint mir extrem niedrig. Oder ist es in Top-Lagen durchaus möglich, das bei älteren Gebäuden die Verhältnisse so stark von der überall propagierten 20/80 Aufteilung abweichen?


    Viele Dank für Eure Hilfe. Beste Grüße,
    Kalle

  • Es geht hier aber um deinen Grundstücksanteil und nicht um die Wohnfläche. Der Kaufpreis ist dann aufzuteilen, wenn das Verhältnis nicht "passt". Grundsätzlich ist der Bodenrichtwert Ausgangspunkt der Berechnung. Wenn alle Wohnungen gleich groß wären, hättest du tatsächlich einen Wert für Grund und Boden von 85.000 Euro. Dann wäre der Zustand der Wohnung zu prüfen, um auf den Wert der Wohnung zu kommen. Die Summe der beiden Werte wird dann im Dreisatz auf den Kaufpreis angewendet, also z.B. Wert der Wohnung beispielhaft 18-fache jährliche Miete (ist ortsabhängig) 300Euro x 12 x 18 = 64.800 Euro, insgesamt dann 149.800 Euro. Bei 104.000 Kaufpreis wäre der Anteil GruB dann rd. 45.000 Euro.

    • Offizieller Beitrag

    Muss man sich bei der Kaufpreisaufteilung an das Gutachten halten bzw. wird es das Finanzamt tun?

    Zu diesem Zweck (u.a.) gibtes solche Gutachten. Also ja.


    Oder ist es in Top-Lagen durchaus möglich, das bei älteren Gebäuden die Verhältnisse so stark von der überall propagierten 20/80 Aufteilung abweichen?

    Ja da ist möglich und gar nicht so selten. Es gibt Lagen, da werden die Objekte nur gekauft, um sie anschließend abzureißen und neu zu bebauen.

  • Danke für eure detaillierten Antworten. Natürlich gefällt mir babuschkas Antwort mehr ;) Bei der im Gutachten angenommenen Nettokaltmiete von 450 EUR würde ich auf 55,000 EUR Gebäudeanteil kommen.


    @babuschka: ja, alle Wohneinheiten sind in etwa 50m² groß - die Werte stammen alle aus dem Gutachten


    miwe4: Also abbruchreif ist das Gebäude noch nicht. Aufgrund von Modernisierungen wird dem Gebäude ein fiktives Baujahr von 1978 und eine Restnutzungsdauer von 34 Jahren zugeteilt.


    Also irgendwie bin ich hier ein bisschen verloren. Auf der einen Seite finde ich 17% Gebäudeanteil aus den beschrieben Gründen zu niedrig, auf der anderen Seite wäre eine 20/80 Aufteilung im Anbetracht der Gebäudelage auch nicht fair....

    • Offizieller Beitrag

    Auf der einen Seite finde ich 17% Gebäudeanteil aus den beschrieben Gründen zu niedrig, ...

    Wenn das doch laut Wertgutachten eben die genauen Wertverhältnisse sind. Üblicherweise sollten die eigentlich auch im Kaufvertrag so niedergeschrieben sein, damit es hinterher nicht zu Rechtsunsicherheiten kommt.

  • Das Finanzamt davon überzeugen zu wollen, dass der Bodenrichtwert nicht objektbezogen sei, ist ein sehr engagiertes Vorhaben. Sich auf dieses Parkett ohne passenden Partner (Fachanwalt) zu trauen, kann eigentlich nur schiefgehen. Die Frage ist natürlich, ob sich das Prozessrisiko wirklich lohnt.
    Natürlich kann man babuschka's Berechnung einfach mal so einreichen und dann abwarten, was passiert.


    -Hi

  • Hallo zusammen,


    soweit mir bekannt, ist die Angabe im Vertrag schon fast "die Bibel" für die Aufteilung. Alles andere ist wohl eher als Hilfe bei der Ermittlung gedacht. Das FA wird daher die Aufteilung im Vertrag ansetzen und dann kann nur über das Verfahren Einspruch - Finanzgericht - BFH eine Änderung erreicht werden.


    nesciens

    • Offizieller Beitrag

    Alles andere ist wohl eher als Hilfe bei der Ermittlung gedacht. Das FA wird daher die Aufteilung im Vertrag ansetzen und dann kann nur über das Verfahren Einspruch - Finanzgericht - BFH eine Änderung erreicht werden.

    Es sei denn natürlich, da ist etwas unter fremden Dritten komplett Unübliches vereinbart, wo jeder "dran fühlen" kann. Dann kann es allerdings noch ganz andere Probleme geben.

  • Ausserdem wurde von der Finanzverwaltung eine Anleitung zur Berechnung des Anteils von Grund und Boden im Januar 2015 veröffentlicht nebst einer Excel-Tabelle zur Ermittlung.

    Irgendwie komme ich mit einer ersten überschlägigen Berechnung nach dieser Excel Tabelle bei mir zu einem viel zu hohen Bodenanteil. Das was die Excel Tabelle dabei (vor dem Dreisatz) als Gebäudewert ansetzt, hat mit den hiesigen inzwischen üblichen Kaufpreisen anscheinend nicht mehr viel zu tun.


    Ist diese Excel Tabelle jetzt "Stand der Dinge" wenn nichts im Kaufvertrag steht?
    Könnte man auch anders vorgehen?

  • also ich finde diese Excel Arbeitshilfe nebst dieser Anleitung genial.


    Verfügt sie sogar über ein eigenes Arbeitsblatt mit Hyperlinks zu Gutacherausschüssen o. Bodenrichtwertinformationen (BORIS) einiger Bundesländer. Bis hinunter zu Gemeinden.
    Ich würde sagen, wenn im Kaufvertrag nichts steht, entweder Kommune anfragen oder dieses Arbeitsblatt heran ziehen. Ist schließlich Stand 03.2016

    • Offizieller Beitrag

    Irgendwie komme ich mit einer ersten überschlägigen Berechnung nach dieser Excel Tabelle bei mir zu einem viel zu hohen Bodenanteil.

    Also entspricht Dein rechnerisches Ergebnis wohl dem Aufteilungsmaßstab laut Gutachten.

    Das was die Excel Tabelle dabei (vor dem Dreisatz) als Gebäudewert ansetzt, hat mit den hiesigen inzwischen üblichen Kaufpreisen anscheinend nicht mehr viel zu tun.

    Aber genau das berücksichtigt ein Gutachter doch.


    Nur weil einem das Ergebnis nicht gefällt, bedeutet dies doch nicht, dass es unzutreffend ist.

  • Irgendwie komme ich mit einer ersten überschlägigen Berechnung nach dieser Excel Tabelle bei mir zu einem viel zu hohen Bodenanteil. Das was die Excel Tabelle dabei (vor dem Dreisatz) als Gebäudewert ansetzt, hat mit den hiesigen inzwischen üblichen Kaufpreisen anscheinend nicht mehr viel zu tun.

    Und warum nicht? Auch im Ausgangsthread war ein sehr hoher Bodenanteil gegeben - kann durchaus passieren bei älteren Gebäuden. Der Wert von Grund und Boden ist ja auch teilweise sehr stark gestiegen. Ausserdem: vergleichst du jetzt den Gebäudewert mit den üblichen (Gesamt-)Kaufpreisen am Markt? Das ist doch Äpfel und Birnen vergleichen. In den am Markt (sprich Zeitungen, immobiliensites etc.) angebotenen Immobilien ist der Grundstückspreis doch immer noch enthalten .... Das ergibt ja in vielen Fällen die Problematik des Aufteilens.

  • Noch mal: setzt man den Bodenrichtwert laut örtlicher Tabelle ein, dann ergibt sich laut obiger Exceltabelle für die "Summ - ermittelten Einzelwerte" bei mir weniger als die Hälfte des tatsächlichen Kaufpreises.
    Das ist meines Erachtens keine Schätzung mehr.

  • Bodenwert 850 €/m² >> entspricht bei der 50 m² Wohnung 86,000 EUR
    - Der Gesamtkaufpreis beläuft sich auf 104,000 EUR >> d.h. nur ~17% Gebäudeanteil abschreibefähig
    - Das Gebäude ist aus dem Jahr 1954, hat 6 Wohneinheiten, wurde ~1998 renoviert, steht auf einem Grundstück von ~610 m²

    Noch mal: setzt man den Bodenrichtwert laut örtlicher Tabelle ein, dann ergibt sich laut obiger Exceltabelle für die "Summ - ermittelten Einzelwerte" bei mir weniger als die Hälfte des tatsächlichen Kaufpreises.

    Was denn nun? Im ersten Beitrag nennst du einen Bodenwert von 850 Euro und im letzten Beitrag kommst du auf weniger als 50%.
    Das kann sein (Vermutung meinerseits, da Angaben von dir fehlen): in der Berechnungshilfe wird ja von typisierten Herstellungskosten ausgegangen + plus dem Bodenwert. Das kann in Summe mehr sein als du bezahlt hast. Dann würde sich der Anteil von weniger als 50% erklären. Du hast aber im ersten Beitrag nur gerechnet Kaufpreis - Bodenwert. Daraus hat sich dann die Aufteilung von dir ergeben - was für mich schon plausibel war, da sich seit 1954 in vielen Gegenden von Deutschland der Bodenwert stark verteuert hat, die Gebäude aber inzwischen stark renovierungs- und erneurungsbedürftig sind z. B. im Hinblick auf sanietäre Anlagen, Heizung etc.

  • hallo Kalle,
    ich kann deine Zahlen nicht nachvollziehen!
    Nimmt man die 50 qm sind das bei 850,-€/qm doch nur 42500,-€ Bodenwert!

  • Der Bodenwert errechnet sich aus dem Wert des Grundstücks auf dem die Immobilie steht
    610 m² x 850 €/m² = 518.500 €
    Der Anteil der Wohnung an diesem Grundstückswert beträgt bei - wie angegeben - 6 gleich großen Wohnungen im Objekt
    518.500 € / 6 = 86.416,67 €


    -Hi

  • Der Bodenwert errechnet sich aus dem Wert des Grundstücks auf dem die Immobilie steht
    610 m² x 850 €/m² = 518.500 €
    Der Anteil der Wohnung an diesem Grundstückswert beträgt bei - wie angegeben - 6 gleich großen Wohnungen im Objekt
    518.500 € / 6 = 86.416,67 €


    -Hi

    Oh' brauch ich jetzt zwar nicht, aber wieder was dazu gelernt :)