Grundsätzliche Verständnis-Frage wegen Abschreibungsdauer / Verkauf / Gewinn

  • Hallo zusammen,


    ich habe (eigentlich schon länger) die Frage, ob ein zu rascher Verkauf eines Anlagegutes ungünstig ist, d.h.:
    - Ich kann nur einen Teil des Gutes abschreiben und meinen Gewinn mindern
    - Bei Verkauf erziele ich dann fast immer eine größere Einnahme, als ich bereits abschreiben konnte, was dadurch meinen Gewinn erhöht.


    Demnach würde es sich empfehlen, ein Anlagegut selbst dann noch zu behalten, wenn es nicht mehr gebraucht wird (und keinen zu großen Wertverlust bekommen wird, z.B. ein Kamera-Objektiv).


    Oder wo ist mein Denkfehler?


    Wäre klasse, wenn mir da mal Jemand Auskunft geben könnte.


    Dank und Gruß
    Jürgen

  • Wenn ein aktiviertes Wirtschaftsgut abgeschrieben wird, bevor die Abschreibungsdauer zu Ende ist, entsteht beim Verkauf entweder ein Gewinn oder ein Verlust, im Idealfall bleibt der Erlös ergebnismäßig her betrachtet neutral. Da das Wirtschaftsgut zur Nutzung im Betriebsvermögen angeschafft wird, dient es ja dem Wertschöpfungsprozess des Unternehmens und deshalb im eigentlichen Sinne nicht zum "Steuersparen"; die Steuerersparniss ist deshalb nur eine indirekte Folge der Abschreibung. Im Idealfall geht der abgeschriebene Wert also in die Wertschöpfung ein und dadurch ist das Wirtschaftsgut als solches steuerneutral, weil der durch das Gut geschaffene Umsatzwert und die darauf anfallende Abnutzung des Gutes sich dann aufheben.


    Der Denkfehler liegt also darin, dass ein Gut beim Verkauf zu einem über dem Restwert der Abschreibung liegenden Wert eben vor dem Verkauf zu hoch, also über den Grad seiner tatsächlichen Abnutzung hinaus, abgeschrieben wurde, was beim Verkauf dann eben wieder wertberichtigt wird. In diesem Sinne macht man also beim Verkauf des Gutes nur einen "Scheingewinn", wenn man es über seinem aktuellen Restwert hinaus veräußert, den entsprechenden Aufwand hatte man ja bereits zuvor zu hoch abgesetzt.


    Natürlich ist das letzlich alles eine Frage der Bewertung: steuerlich nennt man den tatsächlichen Restwert auch den "Teilwert", der sich daraus ergibt, was ein unbeteiligter Dritter zum Feststellungszeitpunkt für diesen Gegenstand auf dem freien Markt bezahlen würde. Eine Restwertabschreibung ist aber steuerlich immer möglich. Wenn also ein Wirtschaftsgut während der Abschreibungsphase weniger Wert geworden ist, als ich beispielsweise in diesem Zeitraum abgeschriben habe, der gebuchte Restwert also deutlich unterschritten wir, dann kann dieses Wirtschaftsgut durch eine sogenannte Teilwertabschreibung zusätzlich zur normalen Abschreibung abgeschrieben werden. Eine Teilwertzuschreibung im umgekehrten Sinne ist steuerlich aber unzulässig.

  • Ein weiterer Denkfehler liegt darin, dass ein Wirtschaftsgut, das nicht mehr für den Betrieb benötigt wird, zwingend zu Privatvermögen wird. Und dabei ist ebenfalls der Abgangswert zu ermitteln, also analog zu einem Verkauf der Abgangsgewinn/-verlust wird ausgewiesen.

  • Vielen Dank schonmal, besonders an memolu für die ausführliche Erklärung.


    Trotzdem ist mir gerade folgender Fall noch nicht klar:


    - Ich kaufe ein Anlagegut und verkaufe es nach ein paar Monaten wieder (= nur geringe Abschreibung als Verlust buchbar)
    - Der Verkauf bringt mir vielleicht minimal Verlust (= hohe Einnahme als Gewinn buchbar)



    Dass ich die MwSt. dem Staat zurückgeben muss, weil ich auch beim Kauf diese geltend machen durfte, leuchtet mir ein.
    Aber warum ist es (aus steuerlicher Sicht) gerechtfertigt, dass ein Verkauf eines Anlagegutes (nicht eines von mir erstellen Produktes oder meiner Dienstleistung), meinen Gewinn erhöht. Denn zwar habe ich durch meinen raschen Verkauf wenig Geld verloren, aber der Gewinn erhöht ja u.U. meine Einkommenssteuer.
    Und gerade weil es sich nicht um ein Produkt meiner Freiberuflichkeit handelt, sondern nur um ein Arbeitsmittel, wundere ich mich über diese Regelung.
    Wenn ich also z.B. meine Kameramarke wechsele und womöglich durch den Verkauf ein paar Tausend Euro einnehme, steigt mein Prozentsatz in der Einkommenssteuer – selbst wenn ich erst wenig des Anschaffungspreises abschreiben konnte.


    Deshalb ging ich halt davon aus, dass sich eine lange Abschreibung eben doch eher steuerlich rentiert (unabhängig von der Sichtweise, ob ich mit dem Gut etwas dazuverdiene).

    • Offizieller Beitrag

    So wirklich gelesen hast Du das obige aber wohl nicht, auf jeden Fall nicht verstanden. Belese Dich doch einmal zum Anlagenabgang bzw. der Abschaffung und der damit verbundenen (gewinnwirksamen +-) Ausbuchung des Rest-/Buchwertes des WG aus dem BV.

  • Demnach würde es sich empfehlen, ein Anlagegut selbst dann noch zu behalten, wenn es nicht mehr gebraucht wird (und keinen zu großen Wertverlust bekommen wird, z.B. ein Kamera-Objektiv).

    das nicht mehr für den Betrieb benötigt wird, zwingend zu Privatvermögen wird.

    Deshalb ging ich halt davon aus, dass sich eine lange Abschreibung eben doch eher steuerlich rentiert (unabhängig von der Sichtweise, ob ich mit dem Gut etwas dazuverdiene).

    Du hörst vor dem Ende der Überlegungen auf.


    Alles, was das Betriebsvermögen verlässt (gleichgültig, ob nicht mehr benötig, damit Übergang zu Privatvermögen) oder Verkauf, ist ein Abgang und muss entsprechend verbucht werden. Mit dem Abgang wird der Restbuchwert in die "Ausgaben" (Aufwendungen) gebucht, damit wird dein Gewinn aus dem Verkauf vermindert (nämlich um den Betrag der noch nicht vorgenommenen AfA)! Nur bei Überführung in das Privatvermögen hättest du in Höhe der noch nicht erfolgten AfA einen "Verlust", da der Restbuchwert zu Privatvermögen wird.


    Du solltest deine Aussage daher noch einmal überprüfen.

  • Danke nesciens für die ergänzenden Erklärungen,
    ich habe den von dir beschriebenen Teil, dass ja noch ein Restbuchwert meinem Gewinn entgegengerechnet wird, aus dem ersten Beitrag nicht herausgelesen. Da ich keine Kenntnisse von Buchungsvorgängen habe, ist auch das, was "Mein Büro" tut, eine Black Box für mich.


    Aber nun ist (denke ich) der Groschen gefallen bei mir:
    Letztendlich kann ich also (durch die Abschreibungen und den Restbuchwert, falls vorhanden) immer diese Ausgaben meinem Gewinn durch den Verkauf entgegensetzen.


    Auch der Hinweis mit dem Verlust in Höhe des Restbuchwertes bei Übergang ins Privatvermögen, war sehr hilfreich. Danke nochmal!