Willkür im Finanzamt

  • Hallo,


    wie kann ich mich gegen Willkür im Finanzamt wehren? Mittlerweile ist meine Steuererklärung bei der Rechtsbehelfsstelle gelandet.

    Dort kommt man mir mit sehr sehr komischen Argumente, wieso meine Werbungskosten nicht anerkennt werden.


    Zum Beispiel wird behauptet, dass zwar das Seminar anerkannt werde, jedoch nicht die Fahrtkosten (sind ganz normale, nichts besonderes).

    Oder es wird gesagt, ich solle dankbar sein, dass ein Posten anerkannt wird, über Kleinigkeiten wie Bewerbungsfotos wolle man da gar nicht reden. Und so geht es für jeden Posten weiter: Fachliteratur seien keine Werbungskosten. Verlust könne man nur geltend machen, wenn man im gleichen Jahr auch Steuern bezahlt habe.


    Und das Beste:

    Ich solle doch bitte schön nächstes Jahr keine Werbungskosten geltend machen, weil ich eine berufliche Rehabilitation mache.



    Wie kann ich mich wehren, ohne das ich Klage einreichen muss? Gibt es Schlichtungsstellen? Ist ein Gespräch mit dem Chef des Finanzamtes sinnvoll? Einschalten des Behindertenbeauftragten der Stadt?


    Viele Grüße,

    Sandra

    • Offizieller Beitrag

    Wie kann ich mich wehren, ohne das ich Klage einreichen muss? Gibt es Schlichtungsstellen? Ist ein Gespräch mit dem Chef des Finanzamtes sinnvoll? Einschalten des Behindertenbeauftragten der Stadt?

    Du solltest das alles meiner Ansicht nach mit einem Anwalt besprechen. Wir können das sowieso aus den Häppchen, die Du gepostet hast, nicht beurteilen und daraus irgendwelche Ratschläge geben. Dürfen wir auch nicht. Ein Forum zur Nutzung von Steuer-Software ist für diese Diskussion nicht geeignet.

  • alternativ auch vielleicht erstmal mit einem Steuerberater sprechen. Vieles ist "Glaubhaftmachung" und "Ermessensspielraum".

    Gerade wenn es menschelt, sollte man wen neutrales fragen ohne gleich die ganzen großen Geschütze aufzufahren. Vielleicht hat das FA ja auch in dem einen oder anderen Punkt Recht und hat es Dir nur blöd erklärt... Ist ja - theoretisch - auch nicht auszuschließen.

    • Offizieller Beitrag

    Zum Beispiel wird behauptet, dass zwar das Seminar anerkannt werde, jedoch nicht die Fahrtkosten (sind ganz normale, nichts besonderes).

    Was darin begründet sein könnte, dass bei Reisekosten die Fahrten bzw. dabei entstandenen Kosten nachzuweisen bzw. glaubhaft zu machen sind. Es gibt ja auch Fahrgemeinschaften etc. .


    Oder es wird gesagt, ich solle dankbar sein, dass ein Posten anerkannt wird, über Kleinigkeiten wie Bewerbungsfotos wolle man da gar nicht reden.

    Es gibt so etwas wie Ermessensspielraum. Und ohne nähere Infos zu jeder einzelnen Position kann man da als Dritter gar nichts beurteilen.


    Und so geht es für jeden Posten weiter: Fachliteratur seien keine Werbungskosten.

    Wenn der Beleg lediglich die Info Fachliteratur trägt, oftmals gestempelt oder sogar schon vorgedruckt, dann ist dieser Beleg in der Tat nicht anzuerkennen. Auf diese Art und Weise haben Leute schon versucht, Ihre tägliche Tageszeitung, Sportzeitungen und sonstige Allgemeinliteratur etc. abzusetzen. Einfach mal in einen Laden stellen und beobachten, was da so alles als Fachliteratur bescheinigt wird.


    Verlust könne man nur geltend machen, wenn man im gleichen Jahr auch Steuern bezahlt habe.

    Stimmt eingeschränkt, da man nicht weniger als 0€ Einkommensteuer zahlen kann. Allerdings ist bei negativem Gesamtbetrag der Einkünfte der Verlustrücktrag-/vortrag i.S.d. § 10d EStG zu beachten.


    Und das Beste:

    Ich solle doch bitte schön nächstes Jahr keine Werbungskosten geltend machen, weil ich eine berufliche Rehabilitation mache.

    Das kommt natürlich wie immer auf den beruflichen Zusammenhang und die Art der geltend gemachten Aufwendungen an.


    Wie kann ich mich wehren, ohne das ich Klage einreichen muss?

    Nach Ergehen einer Einspruchsentscheidung ist das die einzige verbleibende Möglichkeit.


    Gibt es Schlichtungsstellen? Ist ein Gespräch mit dem Chef des Finanzamtes sinnvoll? Einschalten des Behindertenbeauftragten der Stadt?

    Dazu gibt es Steuerberater. Ein/e Vorsteher/in des Finanzamtes wird sachliche Entscheidungen der Mitarbeiter nicht kommentieren, solange deren persönliches Verhalten keinen Grund zur Beanstandung gibt.

  • Wie kann ich mich wehren, ohne das ich Klage einreichen muss? Gibt es Schlichtungsstellen? Ist ein Gespräch mit dem Chef des Finanzamtes sinnvoll? Einschalten des Behindertenbeauftragten der Stadt?

    Ich kann mich hier miwe4 nur anschließen: es ist ganz klar in der AO geregelt. Erste Instanz ist die Rechtsbehelfsstelle. Wenn diese nicht abhilft oder abhelfen kann, steht nur noch die Klage zur Verfügung, in erster gerichtlicher Instanz das zuständige Finanzgericht, dann - eventuell nur nach Zulassung - der Bundesfinanzhof. Schlichtungsstellen sind in der AO nicht vorgesehen - es gibt sie also nicht. Der Chef des Finanzamtes wird nichts anderes sagen als die Mitarbeiter in der Rechtsbehelfsstelle und der Behindertenbeauftrage kann hier sicher nicht helfen, weil es keine konkreten Hinweise gibt, dass diese Bescheide/Informationen nur aufgrund deiner Behinderung erfolgt sind.


    Maßgebend hier sind die Vorschriften des Einkommensteuergesetzes, und diese sind für alle gleich. Behinderte bekommen zusätzlich einen Steuerfreibetrag, aber ansonsten sind die Regeln wie bei jedem anderen auch anzuwenden. Es kann daher entweder an der Art der Glaubhaftmachung liegen (siehe miwe4) oder daran, dass das Gesetz den Ansatz schlicht und einfach nicht vorsieht. Hier kann dir nur Hilfe durch hierzu befügte Personen gegeben werden.