Auswärtstätigkeit oder Entfernungskostenpauschale (ANÜ und anschließend Einsatz bei drittem Unternehmen ohne ANÜ)

  • Hallo,


    zum Thema ANÜ (Leiharbeit) und Auswärtstätigkeit gibt es im Forum ja schon einige Einträge. Allerdings gehen die Meinungen hier auseinander, wann eine Auswärtstätigkeit vorliegt und wann nicht. Daher schilder ich hier meine persönliche Situation kurz, eventuell is es bei mir ja klarer:


    Ich war von 08.01.2018 bis 31.01.2019 von meinem eigentlichen Arbeitgeber A an Arbeitgeber B ausgeliehen. Damit das ganze AÜG-konform war, habe ich bei bei der Firma A für diese Zeit einen Zusatzvertrag unterschrieben, der eine monatliche Bonuszahlung vereinbart (Gehaltsanpassung an Lohnniveau bei Tarifunternehmen (=Entleiher).


    Hier noch ein paar Zusatzinformationen:


    Entfernung zum Arbeitsgeber A: 25km

    Entfernung zum Entleiher: 22km


    Inhalt des Arbeitsvertrags bei Arbeitgeber A: "... Die Tätigkeit umfasst die Programmierung und Entwicklung von Software in unterschiedlichen Programmiersprachen und – Umgebungen nach Kundenvorgabe, Absprache mit Kunden und in Projektteams, Einweisung und Schulung beim Kunden, Inbetriebnahme und Testen von Softwareprogrammen sowie Tätigkeiten als Leiharbeitnehmer gemäß Ziff. 6 dieses Vertrages. Die Ausübung der Tätigkeit erfolgt am Hauptsitz des Arbeitgebers oder einer Niederlassung in der Bundesrepublik Deutschland. Je nach Projekterfordernis ist auch ein Arbeitsort beim Kunden eingeschlossen.


    Zusatzvertrag im Rahmen der ANÜ: "Für den Einsatz vor Ort im Projekt XY für unseren Kunden B erhalten Sie ab dem 08.01.2018 bis zum Ende dieser Tätigkeit, vorraussichtlich 30.04.2018 eine monatliche Bonuszahlung in Höhe von X€ zusätzlich zu Ihrem vertraglich vereinbarten monatlichen Bruttogehalt."


    Der Einsatz wurde 3x verlängert (inkl. Vertragsnachträgen), bis einschließlich 31.01.2019. Liegt hier nach der aktuellen Rechtslage eine Auswärtstätigkeit vor?


    Falls ja, würde mich die steuerliche Verrechnung interessieren. Bisher hab ich folgende Informationen:

    Als Fahrkosten können nicht wie bei der Entfernungskostenpauschale 30ct/Kilometer (einfach) gerechnet werden sondern es müssen die tatsächlichen Kosten angegeben werden. Da ich mit den öffentlichen Verkehrsmitteln fahre sind das bei mir 12 Monatstickets zu je 74,59€ (= 895€). Hinzu kommt die Verpflegungskostenpauschale von 12€/Tag für die ersten 3 Monate (63 x 12€ = 756€). In Summe wären das dann 1651€. Wenn ich die Entfernungspauschale anrechnen würde dann kämen hier 1643€ raus (219 Tage x 25km x 0,30€). Erstmal also nur 8€ Unterschied und eventuell muss ich dem Finanzamt auch noch beweisen, dass ich die Monatstickets nur beruflich nutze. Da die Entfernungskostenpauschale nun aus dem Werbungskosten-Block fällt habe ich da nur noch Arbeitsmittel in Höhe von 620€ stehen, folglich würde hierfür die Werbungskostenpauschale von 1000€ anwendbar sein. Auf den ersten Blick würde ich so also 388€ mehr Steuerabzug generieren.


    Was passiert denn, wenn das FA die Zeit als Leiharbeiter nicht als Auswärtstätigkeit ansieht? Wird dann aus den Fahrkosten automatisch eine Entfernungskostenpauschale oder werden die Fahrkosten einfach gestrichen, sodass ich am Ende gar keine Fahrkosten anrechnen kann? Das scheint mir aber doch sehr hart.

    Ab dem 02.02.2019 bin ich nun weiterhin beim Kunden vor Ort eingesetzt, allerdings nicht als Leiharbeiter sondern als "Externer" (getrenntes Büro, extra MA-Ausweis, etc). Wie verhält es sich hier mit der steuerlichen Sicht? Für diese Tätigkeit beim Kunden vor Ort gibt es keinen Zusatzvertrag. Ob mein AG mir hier eine Bescheinigung ausstellen kann weiß ich auch nicht. Daher erstmal die Frage, ob es überhaupt relevant ist.

    • Offizieller Beitrag

    Liegt hier nach der aktuellen Rechtslage eine Auswärtstätigkeit vor?

    M.E. ja.


    Als Fahrkosten können nicht wie bei der Entfernungskostenpauschale 30ct/Kilometer (einfach) gerechnet werden sondern es müssen die tatsächlichen Kosten angegeben werden. Da ich mit den öffentlichen Verkehrsmitteln fahre sind das bei mir 12 Monatstickets zu je 74,59€ (= 895€). Hinzu kommt die Verpflegungskostenpauschale von 12€/Tag für die ersten 3 Monate (63 x 12€ = 756€). In Summe wären das dann 1651€.

    So ist es.


    Ab dem 02.02.2019 bin ich nun weiterhin beim Kunden vor Ort eingesetzt, allerdings nicht als Leiharbeiter sondern als "Externer" (getrenntes Büro, extra MA-Ausweis, etc). Wie verhält es sich hier mit der steuerlichen Sicht? Für diese Tätigkeit beim Kunden vor Ort gibt es keinen Zusatzvertrag. Ob mein AG mir hier eine Bescheinigung ausstellen kann weiß ich auch nicht. Daher erstmal die Frage, ob es überhaupt relevant ist.

    Ohne alle vertraglichen Eventualitäten zu kennen, wage ich hier keine Prognose. Ist m.E. ein Fall für einen Angehörigen der steuerberatenden Berufe.

  • Ab dem 02.02.2019 bin ich nun weiterhin beim Kunden vor Ort eingesetzt, allerdings nicht als Leiharbeiter sondern als "Externer" (getrenntes Büro, extra MA-Ausweis, etc).

    Das klingt für mich nach Werkvertrag, was aber erstmal nichts zu sagen hat. Hier hängt es davon ab, welche Festlegung Dein Arbeitgeber für die erste Tätigkeitsstätte getroffen hat.

    Da die Entfernungskostenpauschale nun aus dem Werbungskosten-Block fällt habe ich da nur noch Arbeitsmittel in Höhe von 620€ stehen, folglich würde hierfür die Werbungskostenpauschale von 1000€ anwendbar sein. Auf den ersten Blick würde ich so also 388€ mehr Steuerabzug generieren.

    Das halte ich für eine falsche Vorgehens- bzw. Betrachtungsweise. Auch die tatsächlichen Kosten (egal ob ÖPNV oder privates Kfz) zählen zu den Werbungskosten - somit liegst Du also mit diesen über 1000 €. Aber auch hier ist die Festlegung des Arbeitgebers für die erste Tätigkeitsstätte bedeutsam. Diese fragt das FA möglicherweise ab, also am besten jetzt schon anfordern.

    Wenn der Einsatzbetrieb (Entleiher) als erste Tätigkeitsstätte festgelegt wurde, ist es keine Auswärtstätigkeit und es greift nur die Entfernungspauschale. Zu dieser Frage gibt es aber ein abweichendes Urteil des FG Niedersachsen (9 K 130/16), wonach ein Leiharbeiter prinzipiell beim Entleiher keine erste Tätigkeitsstätte haben könne. Das ist jetzt in Revision beim BFH (VI R 6/17) anhängig, die Verhandlung ist am 10. April 2019 geplant.

  • Ob dies wirklich zum Tragen kommt? Der TE schreibt doch, dass er nicht mehr über den Entleiher tätig ist, sondern - wie du am Anfang ja auch schreibst - eher im Rahmen eines Werk-/Dienstleistungsvertrages.

  • Nun, der Werkvertrag kann über seinen Arbeitgeber laufen oder er ist als Selbständiger dort. Ich tendiere zu ersterem, weil

    Ab dem 02.02.2019 bin ich nun weiterhin beim Kunden vor Ort eingesetzt

    Als Selbständiger ist man ja nicht eingesetzt ... :)

    Deshalb sehe ich immer noch Rz 5 (und 13) des BMF-Schreibens zum Tragen kommen - sprich "dienst- oder arbeitsrechtliche Festlegungen" des Arbeitgebers.