Ende letzen Jahres bin ich umgezogen.
Ich habe mir eine Eigentumswohnung gekauft und meine alte Mietwohnung gekündigt. Umgezogen bin ich innerhalb derselben Stadt.
In meiner alten Wohnung bin ich mit dem Bus zur Arbeit gefahren. Der Bus fuhr 20 Minuten, ich lief 15 Minuten zur Bushaltestelle und dann nochmal etwa 10 Minuten zum Büro. Das heißt eine Gesamtzeit des Arbeitsweges von 45 Minuten. Zusätzlich regelmäßige Verspätungen der Busse.
Mein neuer Arbeitsweg sind etwa 10-12 Minuten zu Fuß, der Bus fällt weg.
Das heißt der Arbeitsweg verkürzt sich von etwa 1:30 auf unter 25 Minuten. Somit liegt eine Zeitersparnis von über einer Stunde vor.
Soweit ich verstanden habe, bezieht sich die Zeitersparnis auf tatsächlich gesparte Zeit, nicht auf theoretische Berechnungen.
Da ich kein Auto besitze und das Auto für meinen Weg zur Arbeitsstelle nicht benutze, ist die Strecke in Kilometern irrelevant.
Mein Beruf erfordert meine Anwesenheit im Büro an fast jedem Tag. Homeoffice gibt es nur sporadisch, Einsätze beim Kunden vor Ort nur wenige Male im Jahr. Der überwiegende Teil meiner Arbeit wird im Büro durchgeführt.
Ich benutze das WISO Steuersparbuch zum erfassen meiner Steuer, und beziehe vieles von meinem Wissen auf die dort gegebenen Empfehlungen und Texte.
Ich zitiere mal die für mich relevanten Stellen.
Zitat von WISO Hilfe: UmzugskostenAlles anzeigenEine berufliche oder dienstliche Veranlassung ist gegeben
- wenn durch den Wohnungswechsel eine erhebliche Verkürzung der Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte eintritt. Nach ständiger BFH-Rechtsprechung liegt eine erhebliche Fahrzeitverkürzung dann vor, wenn es zu einer mindestens einstündigen Verringerung der Dauer von Hin- und Rückfahrt insgesamt kommt,
[...]
Eine erhebliche Fahrzeitverkürzung liegt nach Ansicht des Bundesfinanzhofs aber nur dann vor, wenn die Zeitersparnis von mindestens einer Stunde auf Grund von häufigen, täglichen Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsplatz insgesamt zu einer hohen Zeitersparnis führt.
[...]
Bei einem Umzug innerhalb desselben Ort gilt:
- tritt - auch innerhalb einer Großstadt - eine mindestens einstündige Fahrzeitverkürzung pro Tag ein, so sind die Umzugskosten als Werbungskosten abzugsfähig (BFH VI R 189/97).
Aufgrund dieser Punkte habe ich meinen Umzug in meiner Steuererklärung als beruflich bedingten Umzug mit angegeben, und alle entsprechenden Sachen dort angefügt.
Nun habe ich vor knapp einer Woche Post vom Finanzamt bekommen, mit Rückfragen zu zwei anderen Punkten (irrelevant für diesen Fall, hoffe ich), und der Anmerkung, dass der Umzug nicht anerkannt wird.
Ich zitiere aus dem Schreiben:
Zitat von Schreiben des FinanzamtsNachrichtlich teile ich Ihnen mit, dass die Umzugskosten nicht berücksichtigt werden, da sie nicht beruflich veranlasst waren und die Voraussetzungen nicht greifen.
Voraussetzung für die Umzugsbedingten Kosten ist die Verkürzung der Zeit für den Weg zur Arbeitsstätte und zurück um täglich insgesamt mindestens eine Stunde; (BFH-Urteile vom 27.07.1995, BStBl 1995 II, 728 und vom 21.02.2006, IX R 79/01).
Ich habe die Kontaktnummer der Frau vom Finanzamt angerufen, um kurz mit ihr zu klären was hier gemeint ist.
Grob zusammengefasst waren ihre Worte dass sie "noch nie von einem Umzug innerhalb einer Stadt gehört hätte, der anerkannt worden wäre" und die tatsächliche Fahrzeit hier nicht relevant ist, das die Strecke mit dem Auto ja nicht wirklich viel kürzer wäre. Auf die Anmerkung, dass ich kein Auto besitze und den Weg auch nicht mit einem Auto zurückgelegt habe meinte sie, dass sei hier nicht wichtig.
Auch dass ich nun zu Fuß gehen kann wäre nicht wichtig.
Ich habe gefragt was ich liefern muss, damit der Umzug anerkannt wird, und sie meinte ich kann gerne ausführlich darlegen, wieso ich denke dass es so ist, aber sie wird es vermutlich eh an die Rechtsabteilung geben müssen.
Danach habe ich nochmal ein bisschen weiter recherchiert, und bin auf eine weitere Stelle in der WISO-Hilfe gestoßen:
Zitat von WISO Hilfe: UmzugskostenIn Ausnahmefällen kann es auch ausreichen, wenn Sie auf Grund des Umzugs Ihre Arbeitsstätte künftig zu Fuß erreichen können. Dies führt zu einer wesentlichen Verbesserung der Arbeitsbedingungen, so dass in diesen Fällen von einer beruflichen Veranlassung der Umzugskosten ausgegangen werden kann, selbst wenn die Zeitersparnis weniger als eine Stunde ausmacht (FG Köln 3 K 3502/13).
Das heißt das Vermeiden eines öffentlichen Busses sollte doch zusätzlich ein einscheidender Punkt sein, weshalb der Umzug beruflicher Natur ist.
Jetzt kommen wir zum Grund aus dem ich diesen Thread eröffne.
Übersehe ich irgendetwas, liege ich falsch? Ich habe versucht so gründlich wie möglich zu recherchieren, aber ich möchte natürlich sichergehen, dass ich hier keinen Fehler mache.
Sollte ich richtig liegen, wie gehe ich nun am besten vor?
Ein Schreiben für das Finanzamt machen zur Erklärung, mit mit den Belegen mitsenden, die ich eh nachreichen muss? Oder den Steuerbescheid abwarten und dann Einspruch einlegen?
Wie setze ich so einen Text am besten auf, gibt es Beispiel-Urteile, die ich zitieren kann?
Habe bisher da nur das gefunden, was im dritten Zitat in diesem Post hier erwähnt wird.
Ich bin über jede Hilfe und Erleuchtung dankbar.