Geringere Steuerrückzahlung nach Insolvenzgeld bei gleichbleibendem Nettolohn?

  • Hallo,


    als Berufsanfänger sind meine Erfahrungen bzgl. Steuererklärungen eher gering. Daher bitte ich hier um Hilfe.


    Ich arbeite nun seit ca. 1,5 Jahren bei meinem Arbeitgeber, der leider letztes Jahr Insolvenz anmelden musste. Ich habe für 3 Monate Insolvenzgeld bezogen, das über die Insolvenzverwaltung ausgezahlt wurde.

    Mein Nettolohn hat sich dabei NIE geändert, ich habe immer den gleichen Betrag auf mein Konto überwiesen bekommen, immer pünktlich und ohne Lohnausfall.


    Über unser Personalwesen wurde uns nach der Insolvenz mitgeteilt, dass wir unsere Einkommenssteuererklärung für das Jahr 2019 zunächst nicht ausführen sollten, da wir vom Büro des Insolvenzverwalters für die drei Monate des Insolvenzgeldes eine Korrekturmeldung und eine Bescheinigung der Agentur für Arbeit erhalten.


    Nachdem ich diese Dokumente nun erhalten habe, habe ich sämtliche Angaben inkl. Lohnersatzleistung bei WISO Steuer:Start eingepflegt und komme auf eine voraussichtliche Stuerrückzahlung von 300€, wobei diese Zahl von ca. 1500€ einbricht, sobald ich die Lohnersatzleistung angebe.


    Das verstehe ich nicht, da ich doch immer meinen gleichen Nettolohn ausgezahlt bekommen habe habe ich doch auch die gleichen Steuern bezahlt?


    Kann mir da jemand helfen?

    • Offizieller Beitrag

    Nachdem ich diese Dokumente nun erhalten habe, habe ich sämtliche Angaben inkl. Lohnersatzleistung bei WISO Steuer:Start eingepflegt und komme auf eine voraussichtliche Stuerrückzahlung von 300€, wobei diese Zahl von ca. 1500€ einbricht, sobald ich die Lohnersatzleistung angebe.


    Das verstehe ich nicht, da ich doch immer meinen gleichen Nettolohn ausgezahlt bekommen habe habe ich doch auch die gleichen Steuern bezahlt?


    Kann mir da jemand helfen

    Stichwort: Progressionsvorbehalt

  • Danke für die schnelle Rückmeldung.


    Verstehe ich das wie folgt richtig:


    Ich habe mit dem Insolvenzgeld eine Lohnersatzleistung erhalten. Diese ist steuerfrei gewesen, unterliegt aber dem Progressionsvorbehalt. Heißt: Mein Steuersatz wird erhöht, obwohl ich den gleichen Betrag ausgezahlt bekommen habe.


    Richtig?


    Verständlich wäre es für mich, wenn ich einen höheren Betrag ausgezahlt bekommen hätte, da das Insolvenzgeld ja steuerfrei ist, ich aber nachträglich höhere Steuern zahlen müsste. Aber so habe ich ja als Arbeitnehmer eine höhere finanzielle Belastung, obwohl ich der Firma auch in der Insolvenz treu gebleiben bin und mir nicht eine andere Arbeitstelle gesucht habe.

    • Offizieller Beitrag

    Ich habe mit dem Insolvenzgeld eine Lohnersatzleistung erhalten. Diese ist steuerfrei gewesen, unterliegt aber dem Progressionsvorbehalt. Heißt: Mein Steuersatz wird erhöht, ..... .


    Richtig?

    Soweit ja.


    Aber so habe ich ja als Arbeitnehmer eine höhere finanzielle Belastung, obwohl ich der Firma auch in der Insolvenz treu gebleiben bin und mir nicht eine andere Arbeitstelle gesucht habe.

    Wohl eher nicht. Die monatliche Lohnsteuertabelle stellt darauf ab, dass der maßgeblich Bruttolohn jeden Monat gleich ist. Hättest Du also keine Lohnersatzleistungen würdest Du bei der auf einer Jahrestabelle (Grund-/Splittingtabelle) beruhenden Einkommensteuerfestsetzung eine Erstattung erwarten können. Diese wird nun durch die dem Progressionsvorbehalt unterliegenden Einkünfte zumindest teilweise aufgezehrt (Prinzip der steuerlichen Belastbarkeit).

  • Du solltest auch mal prüfen, ob der bescheinigte Bruttolohn in der Lohnsteuerbescheinigung nur 9 Monatsgehälter enthält - und nicht alle 12.

    Es kommt häufig vor, dass der Arbeitgeber/Insolvenzverwalter aufgrund der 3 Monate Simulation falsche Werte an das Finanzamt übermitteln.

  • Aber so habe ich ja als Arbeitnehmer eine höhere finanzielle Belastung, obwohl ich der Firma auch in der Insolvenz treu gebleiben bin und mir nicht eine andere Arbeitstelle gesucht habe.


    Wohl eher nicht. Die monatliche Lohnsteuertabelle stellt darauf ab, dass der maßgeblich Bruttolohn jeden Monat gleich ist. Hättest Du also keine Lohnersatzleistungen würdest Du bei der auf einer Jahrestabelle (Grund-/Splittingtabelle) beruhenden Einkommensteuerfestsetzung eine Erstattung erwarten können. Diese wird nun durch die dem Progressionsvorbehalt unterliegenden Einkünfte zumindest teilweise aufgezehrt (Prinzip der steuerlichen Belastbarkeit).

    Das verstehe ich leider nicht, wahrscheinlich auch, weil ich absolut keinen Schimmer von der Thematik habe. Warum zehrt der Progressionsvorbehalt die Erstattung auf, wenn der ausgezahlte Betrag der gleiche war? Mit welcher Begründung? Weil das Insolvenzgeld steuerfrei ist? Warum wird dann aber nicht der Bruttolohn als Insolvenzgeld ausgezahlt sondern der Nettolohn?

    Das nenne ich einen finanziellen Nachteil. Ich will nicht widersprechen oder rumnörgeln aber für mich erscheint es - als Laien - unfair. :/

    • Offizieller Beitrag

    Das nenne ich einen finanziellen Nachteil. Ich will nicht widersprechen oder rumnörgeln aber für mich erscheint es - als Laien - unfair. :/

    Nein, denn Du hast dasselbe Netto, für das jemand mit ganzjährig Bruttoarbeitslohn viel mehr Lohnsteuer (Einkommensteuer) zahlen müsste. Und es bleibt ja steuerfrei, es erhöht eben nur den auf die steuerpflichtigen Einkünfte anzuwendenden Steuersatz (Progression). Aber das können andere bestimmt einfacher erklären als ich. Nachzulesen gibt es dazu auf jeden Fall reichlich.


    Progessionsvorbehalt - Quelle: Buhl steuernsparen.de

  • Vielleicht versteht der TO es besser, wenn er einmal prüft, wieviel Lohnsteuer er/sie in den drei Monaten nicht gezahlt hat (ist ja aus den Lohnabrechnungen der Vormonate zu ersehen, was monatlich vom Arbeitgeber einbehalten wurde). Diese Beträge werden beim Insolvenzgeld nicht einbehalten und damit nicht gezahlt, aber es wird das Netto ausbezahlt. Damit fehlen Vorauszahlungen in Form der Lohnsteuer, die (teilweise) durch den Progressionsvorbehalt ausgeglichen werden. De Facto ist damit ja das Bruttogehalt weiter gezahlt worden (auch Sozialversicherungsbeiträge wurden ja nicht einbehalten).