Einspruch gegen Steuerbescheid: Falsche Kaufpreisermittlung des Gebäudes und falscher Startzeitpunkt für lineare Abschreibung

  • Hallo zusammen,


    meine Steuerbescheide für 2018 und 2019 sind eingegangen. Erfreulicherweise ist alles wie beantragt berücksichtigt worden, mit einem (allerdings großen) Haken. Bei einer vermieteten Hamburger Immobilie (Kaufvertrag 11/2017) wurden aus meiner Sicht einige Dinge falsch gemacht:

    1) Falsche Aufteilung des Kaufpreises auf Gebäude (relevant für lineare Abschreibung) und Boden

    2) Keine Berücksichtigung von Kaufnebenkosten

    3) Falscher Zeitpunkt für Start der linearen Abschreibung ("Übergang von Nutzen und Lasten").


    Zu 1)

    Die Finanzbeamtin hat hier ein Template "Berechnung zur Aufteilung eines Grundstückskaufpreises, Fassung 2020" verwendet. Vermutlich werde ich sie nicht davon abbringen können, dieses Template zu verwenden, allerdings hat sie hier ein paar Daten verwendet, die falsch oder zumindest angreifbar sind:

    a) Zur Ermittlung Hamburger Bodenrichtwerte gibt es ein Portal Boris.HH, auf dem entsprechende Werte je Flurstück und in Abhängigkeit der jeweiligen Immobilie (EFH, MFH, Bürogebäude etc.) abzulesen sind. In meinem Fall wurden Bodenrichtwerte aus 2018 anstatt 2016 verwendet (589 € je m² anstatt 336 €). Begründung: Es würde für das Finanzamt als Stichtag nur der Veräußerungsbescheid des Finanzamts für Verkehrssteuern und Grundbesitz zählen (auf dem Bescheid steht anscheinend Veräußerung in 02/2019). Das ist jedoch Quatsch, da für den Bodenrichtwert der letzte Stichtag vor dem Kaufvertrag entscheidend ist. Dies hat mir auch ein Finanzbeamter vom "Finanzamt für Verkehrssteuern und Grundbesitz", der in Hamburg wohl DER Experte für Bodenrichtwerte ist, bereits telefonisch bestätigt. Ich kann mich auch auf ihn berufen und er würde im Zweifel auch auf einen entsprechenden Paragrafen aus dem Erbrecht verweisen können, der hier eindeutig sei.

    -> Ich werde Einspruch einlegen und hier vermutlich auch meinen Einwand anerkannt bekommen.


    b) In diesem Template wird mit THK (typisierte Herstellungskosten) je m² des Gebäudes gerechnet. Hierbei wird von bundesweiten Durchschnittswerten ausgegangen. Besagter Experte hatte mir auch mitgeteilt, dass in Hamburg die THK ca. 4% höher sind als im Bundesdurchschnitt. Bei der Ermittlung des Bodenrichtwerts (siehe a) wird ja auch kein Durchschnitt angesetzt, sondern höhere Hamburger Werte (schlecht für mich), warum sollte das dann bei den THK anders sein?

    -> Beim Einspruch werde ich mein Glück mit den 4% versuchen, vielleicht geht es ja ebenfalls durch.


    c) Beim Bauträger habe ich bereits angefragt, ob es möglich sei, eine Kalkulation/ Aufteilung oder Ähnliches zu erhalten, auf der hervorgeht, welcher Anteil für das Gebäude bezahlt wurde und welcher für den Boden.

    -> Falls ich wie angekündigt nächste Woche eine Rückmeldung erhalte und diese für mich attraktiver ausfällt als die (neue) Berechnung mit dem Template, werde ich beim Einspruch die Dokumente des Bauträgers mit einreichen und explizit darauf verweisen, ansonsten nicht.


    Frage an die Community: Macht das so alles Sinn? Gibt es noch etwas, dass ich beachten müsste?


    Zu 2)

    Die Finanzbeamtin hat sämliche Kaufnebenkosten überhaupt nicht berücksichtigt. Dies sind in meinem Fall: Honorar für Gutachter bei Abnahme, diverse Notargebühren, Grundbucheintragungen, Grunderwerbsteuer, Maklercourtage, Einbau einer festen Duschglasabtrennung.


    Frage an die Community: Das kann ich doch alles ansetzen, oder nicht? Auf welchen Paragrafen/ gesetzliche Regelung sollte ich hier verweisen? Und müssen diese Kaufnebenkosten auch auf Gebäude und Boden aufgeteilt werden oder ist dies anders geregelt?


    Zu 3)

    Im Kaufvertrag steht unter "Termine, Abnahme, Übergabe", dass der Kaufgegenstand bis zum 28. Februar 2019 bezugsfertig hergestellt wird und eine frühere Übergabe vom Verkäufer mit einer Frist von 2 Monaten anzukündigen sei. Dies ist vermutlich der Grund, weshalb in diesem Veräußerungsbescheid auch der 28. Februar 2019 eingetragen ist. Tatsächlich hat die Übergabe aber bereits im November 2018 stattgefunden und die Wohnung wird seit 01/2019 vermietet.


    Im Kaufvertrag steht explizit in § 6.2: "Der Verkäufer wird den Kaufgegenstand, vorbehaltlich des Zahlungseingangs gem. § 6.4, nach der vollständigen Fertigstellung einschl. Bezugsfertigkeit und der Abnahme an den Käufer übergeben. Der Käufer ist verpflichtet, den Kaufgegenstand abzunehmen, wenn Bezugsfertigkeit hergestellt ist. Bei früherer Fertigstellung ist der Käufer auch zu einer früheren Übernahme verpflichtet."

    Und in § 6.4: "Der Verkäufer ist zur Übergabe nur dann verpflichtet, wenn der Käufer alle bis zum Übergabetag fällig gewordenen Zahlungen erbracht und der Käufer den Kaufgegenstand abgenommen hat."


    Frage an die Community: Zählt nun der Tag der Übergabe (11/2018) als Datum für Übergang von Nutzen und Lasten oder der Tag der Überweisung der finalen Kaufpreisrate (12/2018)? Jedenfalls ist es nicht 02/2019, oder? Das wäre völlig hirnrissig, die Immobilie wird ja z.B. bereits seit 01/2019 vermietet.


    Folgende Links habe ich zumindest auf die Schnelle gefunden, die meine Argumentation (wirtschaftlicher Übergang bei Abnahme ist entscheidend, rechtlicher Übergang erfolgt später) stützt:

    - notar.de/themen/immobilien/besitz-nutzen-lasten

    - immoverkauf24.de/immobilienverkauf/immobilienverkauf-a-z/eigentumsuebergang


    Frage an die Community: Gibt es hier ein bestimmtes Gesetzt/ eine bestimmte Regelung, auf die ich verweisen kann? Die Finanzbeamtin war ja relativ klar (aber wohl falsch) in ihrer Einschätzung, dass ausschließlich der Veräußerungsbescheid nach Grundbucheintragung relevant wäre.


    Vielen Dank Euch!!!

    • Offizieller Beitrag

    Und immer daran denken, dass das FA im Einspruchsfall auch bisher, vielleicht unerwarteter Weise, zu Deinen Gunsten berücksichtigte Besteuerungsgrundlagen vollumfänglich erneut prüfen kann.

  • Hallo zusammen, danke für die bisherigen Rückmeldungen. Also hat auf meine Fragen erstmal niemand eine Antwort?


    Ja, dass dann auch andere Aspekte erneut (und dann ggf anders) geprüft werden können ist klar, aber bei einer Differenz von ca. 30.000€ Abschreibungswert werde ich dieses Risiko wohl eingehen müssen.

  • Du solltest dir überlegen, steuerlichen Rat einzuholen. Bei dem Betrag fällt dies nicht ins Gewicht und dieser ist bei Vermietung und Verpachtung absetzbar als Aufwand.


    Grund: es könnte durchaus sein, dass der Berater der Erbschaftsteuerstelle zwar über die Bewertung in Erbschaft- und Schenkungsteuerfällen fit ist, aber den Unterschied zur Berechnung für die Trennung von Grund und Boden einerseits und Gebäude beim Kauf sich irrt. Ich jedenfalls würde hier nicht so pauschal von einer falschen Berechnung ausgehen.

    Viele der von dir genannten Kosten gehören zu den Anschaffungskosten und werden dann entsprechend dem ermittelten Prozentsatz verteilt, andere können (sofern für die Finanzierung) sofort als Werbungskosten angesetzt werden.

    Daher meine ich, die Kosten für einen Berater in dieser Angelegenheit sind gut angelegtes Geld.

    • Offizieller Beitrag

    Doch, habe ich.

    Mehr würde in Richtung Steuerberatung gehen....


    Und welches Risiko?

    Wenn das Finanzamt zu deinen Ungunsten den Steuerbescheid ändern will muss es Verböserung (das heißt das tatsächlich so) androhen, § 367 Abs. 2 AO

    https://www.gesetze-im-internet.de/ao_1977/__367.html


    Dann kannst du deinen Einspruch immer noch zurückziehen, § 362 AO

    https://www.gesetze-im-internet.de/ao_1977/__362.html