Finanzamt erkennt Einzelfahrtenbewertung 2020 nicht an

  • Hallo zusammen, ich habe 2020 aufgrund der aktuellen Corona-Maßnahmen relativ häufig im Home-Office gearbeitet. Aus diesem Grund habe ich 65 Tage im Büro verbracht und diese Tage auch in der Steuererklärung angegeben. Mein Firmenwagen wurde wie die vorherigen Jahre mit der 1% Regelung sowie den 0,03% je Entfernungskilometer versteuert. Nur die Monate März – Mai hat der Arbeitgeber auf komplette Home-Office Tätigkeiten umgestellt, so dass das Gehalt bzw. die Lohnsteuer für diese 3 Monate entsprechend angepasst wurde. Damals dachte ich noch, dass ich in den darauffolgenden Monaten wieder öfters ins Büro fahre.


    Bei der Einkommenssteuererklärung habe ich nun die entsprechenden Angaben gemacht, so dass das Steuer-Sparbuch 2021 einen reduzierten Brutto-Lohn berechnet und daraus eine Steuerrückzahlung resultiert. Das Finanzamt erkennt diese jedoch nicht an, da kein Fahrtenbuch geführt wurde und rechnet mit 173 Fahrten ins Büro. Der Unterschied zwischen der berechneten Rückzahlung (Software) sowie der Forderung vom Finanzamt ist nicht unerheblich. Des weiteren möchte das Finanzamt regelmäßige Zusatzzahlungen für diese Jahr haben.


    Ich dachte, dass ein Fahrtenbuch aufgrund der Corona-Pandemie nicht notwendig wäre. Liege ich hier falsch oder habe ich noch eine Möglichkeit eine Änderung beim Finanzamt zu bewirken ?

  • Was hat die Corona-Pandemie mit den Vorschriften zu Fahrtkosten zu tun? Nichts. Du müsstest eine Bescheinigung deines Arbeitgebers anfordern, an wieviel Tagen du im Büro warst, das könnte helfen. Sonst ist die 1% und 0,03% wegen der Pauschalierung zwingend anzuwenden und nur über ein Fahrtenbuch zu widerlegen.

  • Naja, wenn Du nach Einzelfahrtenbewertung und Corona googelst, dann erhält Du zahlreiche Suchergebnisse die darauf hindeuten, dass es für letztes Jahr eine Vereinfachung ohne Fahrtenbuch gibt. Eine Bescheinigung vom Arbeitgeber über die 65 Fahrten ins Büro reicht nicht aus, was ich verwunderlich finde.

    • Offizieller Beitrag

    Ich dachte, dass ein Fahrtenbuch aufgrund der Corona-Pandemie nicht notwendig wäre. Liege ich hier falsch oder habe ich noch eine Möglichkeit eine Änderung beim Finanzamt zu bewirken ?

    Du liegst falsch. Durch Corona hat sich insoweit überhaupt nichts geändert, da die ganzen Alternativen bereits durch die bisherigen Regelungen umfassend geregelt sind. Haben wir im Forum aber auch schon so beschrieben und sollte über die erweiterte Forumssuche auffindbar sein.


    Eine Bescheinigung vom Arbeitgeber über die 65 Fahrten ins Büro reicht nicht aus, was ich verwunderlich finde.

    Weil das entsprechende BMF-Schreiben es eben abschließend und gleich für alle Steuerbürger regelt. Und da steht auch drin, welche Nachweise bei welchem Sachverhalt zu erbringen sind. Und eine Bescheinigung, die nur 65 Tage, ohne jede weitere Konkretisierung, nennt, reicht auch meiner Meinung nach nicht aus.


    2018-04-04-LSt-Behandlung-Ueberlassung-betrieblichen-Kfz-Arbeitnehmer.pdf (hier insbesondere RZ.10 Buchstabe f)


    Zitat

    f) Im Rahmen seiner Einkommensteuerveranlagung ist der Arbeitnehmer nicht an die im Lohnsteuerabzugsverfahren angewandte 0,03 %-Regelung gebunden und kann einheitlich für alle ihm überlassenen betrieblichen Kraftfahrzeuge für das gesamte Kalenderjahr zur Einzelbewertung wechseln. Hierzu muss der Arbeitnehmer fahrzeugbezogen darlegen, an welchen Tagen (mit Datumsangabe) er das betriebliche Kraftfahrzeug tatsächlich für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte genutzt hat. Zudem hat er durch geeignete Belege glaubhaft zu machen, dass und in welcher Höhe der Arbeitgeber den Zuschlag mit 0,03 Prozent des Listenpreises für jeden Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte ermittelt und versteuert hat (z. B. Gehaltsabrechnung, die die Besteuerung des Zuschlags erkennen lässt; Bescheinigung des Arbeitgebers).

    Darüber hinaus gibt es keine Vereinfachungen. Sollte so auch Deinem AG bekannt sein.


    Du musst also klären, was auf Deinen Sachverhalt passt und das ggf. mit dem Sachbearbeiter klären.

  • Mein Problem ist, dass der Sachbearbeiter vom Finanzamt nur ein komplett geführtes Fahrtenbuch akzeptiert. Dies kann ich rückwirkend nicht mehr erstellen, zumindest nicht in glaubwürdiger Form.


    Auf diversen Internetseiten ist jedoch die Rede davon, dass dies nicht unbedingt benötigt wird.


    Zitat: http://www.iww.de

    Damit das Finanzamt die Reduzierung des Arbeitslohns im Veranlagungsverfahren durchführt, muss der Arbeitnehmer plausible Aufzeichnungen vorlegen, an welchen Tagen er seinen Dienstwagen im Jahr 2020 tatsächlich für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte genutzt hat. Es muss sich bei den Aufzeichnungen übrigens nicht um ein Fahrtenbuch handeln. Es genügen formlose und glaubhafte Aufzeichnungen (FG Nürnberg 23.1.20, 4 K 1789/18).


    Wenn es hier um einen kleinen Betrag ginge, würde ich das Thema auf sich beruhen lassen. Aber der Unterschied zwischen der errechneten Rückzahlung und der Forderung vom Amt ist für mich nicht unerheblich.


    Dazu kommt, dass der Arbeitgeber für dieses Jahr auf die Einzelbewertung umgestellt hat und das Finanzamt nun auch noch zusätzliche Vorauszahlungen von mir fordert.

    • Offizieller Beitrag

    Auf diversen Internetseiten ist jedoch die Rede davon, dass dies nicht unbedingt benötigt wird.

    Internetseiten interessieren das FA nicht, aber recht muss es auch nicht immer haben. Maßgeblich ist der BMF-Erlass und da habe ich Dir doch oben die entsprechende Fundstelle genannt sowie zitiert. Das ist auch für das FA verbindlich.


    2018-04-04-LSt-Behandlung-Ueberlassung-betrieblichen-Kfz-Arbeitnehmer.pdf (hier insbesondere RZ.10 Buchstabe f)

    Zitat

    f) Im Rahmen seiner Einkommensteuerveranlagung ist der Arbeitnehmer nicht an die im Lohnsteuerabzugsverfahren angewandte 0,03 %-Regelung gebunden und kann einheitlich für alle ihm überlassenen betrieblichen Kraftfahrzeuge für das gesamte Kalenderjahr zur Einzelbewertung wechseln. Hierzu muss der Arbeitnehmer fahrzeugbezogen darlegen, an welchen Tagen (mit Datumsangabe) er das betriebliche Kraftfahrzeug tatsächlich für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte genutzt hat. Zudem hat er durch geeignete Belege glaubhaft zu machen, dass und in welcher Höhe der Arbeitgeber den Zuschlag mit 0,03 Prozent des Listenpreises für jeden Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte ermittelt und versteuert hat (z. B. Gehaltsabrechnung, die die Besteuerung des Zuschlags erkennen lässt; Bescheinigung des Arbeitgebers).

  • Im Urteil steht aber etwas anderes - schon wenn ich die Leitsätze lese, steht nichts davon da, dass formlose und glaubhafte Aufzeichnungen ausreichen.

    Zitat:

    1. Ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch muss zeitnah und in geschlossener Form geführt werden, um so nachträgliche Einfügungen oder Änderungen auszuschließen oder als solche erkennbar zu machen. Aufzeichnungen mit Bleistift genügen diesen Anforderungen nicht.

    2. Eine Ausnahme von der zugrunde liegenden Typisierung bei der Ermittlung des Zuschlags nach § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG anhand einer Einzelbewertung der tatsächlichen Fahrten mit 0,002% des Listenpreises im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG je Entfernungskilometer erfordert nicht zwingend die Angabe der genauen Tage (Datumsangabe), an denen der Steuerpflichtige die Arbeitsstätte aufgesucht hat. Der erkennende Richter muss den Verwaltungsvorgaben (BMF IV C 5 - S-2334 / 08 / 10010 vom 01.04.2011) nicht folgen, wenn er keinen Anlass sieht die Angaben im Fahrtenbuch in Zweifel zu ziehen.

    Da steht nur, dass ein Richter der Verwaltung nicht folgen muss, wenn er keinen Zweifel am ordnungsgemäßen Fahrtenbuch hat. Da lag aber dann ein Fahrtenbuch vor.


    Im Sachverhalt kann man erkennen, was tatsächlich gegeben war.

    In den Einkommensteuererklärungen der Streitjahre beantragten die zusammenveranlagten Kläger, die private PKW-Nutzung nach den tatsächlichen Kosten zu berechnen. Anhand eines Taschenkalenders, in denen die täglichen Einsatzorte, die Gesamtkilometer, die gefahrenen Kilometer und die Zeiten aufgezeichnet wurden, ermittelten die Kläger die privat gefahrenen Kilometer. Zusätzlich ermittelten sie aus den Gesamtkosten des Fahrzeugs einen tatsächlichen Kilometersatz pro gefahrenen Kilometer. Weiterhin gab der Kläger in den Erklärungen an, die Arbeitsstätte 63-mal (2012), 62-mal (2013), 79-mal (2014), 85-mal (2015) und 71-mal (2016) aufgesucht zu haben


    Es ging also nicht darum, statt der 0,3% die 0,002% anzuwenden, sondern um Ansatz der tatsächlichen Kosten pro Kilometer. Und dazu ist noch mehr notwendig als ein Fahrtenbuch.

  • Ich habe nicht von formlosen Aufzeichnungen gesprochen. Die Tage im Büro könnte ich über den Arbeitgeber nachweisen. Kundenbesuche gab es aufgrund von Corona nicht. Der Sachbearbeiter ist jedoch der Meinung, dass ein Fahrtenbuch vorgelegt werden muss.


    Im Thread "Dienstwagen - Verringerung Bruttoarbeitslohn nicht anerkannt" geht's um genau das gleiche Problem. Hab ich jedoch leider vorher nicht gesehen.


    Wenn das Finanzamt im Recht ist, was ich nicht widerlegen kann, dann sind meiner Meinung nach die meisten Hinweise zum Thema Firmenwagen zu Corona-Zeiten im Internet irreführend.