Geerbtes Haus ohne Nachweis der Anschaffungskosten

  • Wir haben ein Haus geerbt, für das keinerlei Unterlagen mehr existieren bzgl. Kaufvertrag, Anschaffungskosten, Kaufdatum etc.

    Die Erblasserin hat seit ca. 1987 bis zu ihrem Tod 2015 das Haus selbst bewohnt, seit 2020 ist das Haus nun vermietet.

    Das genaue Anschaffungsdatum ist nicht bekannt, die Kosten auch nicht. Aber wir haben eine Wertfeststellung des Hauses "für Zwecke der Erbschaftsteuer" aus dem Jahr 2016. Das Finanzamt hat eine Abschreibung auf der Grundlage dieses festgestellten Wertes in der ESt-Erklärung nicht anerkannt.

    Kann ich aufgrund dieses festgestellten Wertes die Abschreibung ansetzen? Auf was könnte ich mich in einem etwaigen Widerspruch beziehen? So etwas passiert doch sicherlich häufiger ...

    • Offizieller Beitrag

    Wir haben ein Haus geerbt, für das keinerlei Unterlagen mehr existieren bzgl. Kaufvertrag, Anschaffungskosten, Kaufdatum etc.

    Die Erblasserin hat seit ca. 1987 bis zu ihrem Tod 2015 das Haus selbst bewohnt, seit 2020 ist das Haus nun vermietet.

    Es gelten zwingend die Bemessungsgrundlagen des Erblassers (Fußstapfentheorie § 11d EStDV)


    Aber wir haben eine Wertfeststellung des Hauses "für Zwecke der Erbschaftsteuer" aus dem Jahr 2016. Das Finanzamt hat eine Abschreibung auf der Grundlage dieses festgestellten Wertes in der ESt-Erklärung nicht anerkannt.

    Womit das FA vollkommen recht hat.


    Kann ich aufgrund dieses festgestellten Wertes die Abschreibung ansetzen?

    Nein (s.o.).


    Auf was könnte ich mich in einem etwaigen Widerspruch beziehen? So etwas passiert doch sicherlich häufiger ...

    Du wirst wohl oder übel tiefer einsteigen müssen und solltest irgendwie versuchen, die Daten/Angaben zu erhalten. Ansprechpartner könnte hier z.B. die Bewertungsstelle des FA sein, das ja die allgemein bekannten Einheitswerte aller Objekte seit jeher festgestellt hat und entsprechende Unterlagen der Bauherren/Eigentümer i.d.R. von Beginn an vorliegen hat.

    • Offizieller Beitrag

    Gerne. Wende Dich an die Bewertungsstelle und Du wirst die erforderlichen Zahlen und Daten bekommen. Kannst ja dann netter Weise an dieser Stelle mal Rückmeldung geben. ;)

  • Ansprechpartner könnte hier z.B. die Bewertungsstelle des FA sein, das ja die allgemein bekannten Einheitswerte aller Objekte seit jeher festgestellt hat und entsprechende Unterlagen der Bauherren/Eigentümer i.d.R. von Beginn an vorliegen hat.

    Widersprechen Sie sich nicht selber? Einerseits sagen Sie, es sei korrekt, dass die Wertfeststellung des Hauses "für Zwecke der Erbschaftsteuer" *, die üblicherweise nach dem Sachwertverfahren ermittelt wird, für Zwecke der Abschreibung nicht anerkannt wird und andererseits sagen Sie, dass man die Einheitswerte für die Abschreibung ansetzen soll, die überhaupt nichts mit dem tatsächlichen Wert der Immobilie zu tun haben und die völlig veraltet sind und wo selbst das Bundesverfassungsgericht gesagt hat, dass die bei gleichen Immobilien so unterschiedlich ausfallen, dass hier völlige Willkür herrscht und die würde das Finanzamt dann akzeptieren? Das kann ich irgendwie nicht nachvollziehen. Wo gibt es dafür Entscheidungen, die Ihre Aussage belegen?


    Googelt man nach geerbte Immobilie Abschreibung, so findet man gleich als eines der ersten Suchergebnisse die Webseite hier:


    2.4.5 Abschreibungsgrundlagen Zeile 33 - Helfer in Steuersachen

    Dort ist ausführlich für alle Fälle dargelegt, wie die Abschreibung anzusetzen ist.

    Im Abschnitt "Unentgeltlicher Erwerb einer Immobilie" wird auch Ihr angeführter § 11d EStDV aufgeführt. Allerdings steht im nächsten Abschnitt "Abschreibungsgrundlage unbekannt" folgendes:

    Zitat

    Vielfach sind bei unentgeltlichem Erwerb einer vermieteten Immobilie die ursprünglichen Herstellungskosten und damit auch die Buchwerte nicht bekannt, weil dazu die Unterlagen fehlen. In diesen Fällen müssen die Herstellungskosten geschätzt und die Buchwerte neu berechnet werden. Als Schätzungsgrundlage können die Regelungen der Sachwertrichtlinie dienen. Diese Richtlinie gibt Hinweise für die Ermittlung des Sachwerts nach den §§ 21 bis 23 der Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV) vom 19. Mai 2010 (BGBl. I S. 639).

    Im Sachwertverfahren ist der Sachwert der baulichen Anlagen (ohne Außenanlagen) ausgehend von den Herstellungskosten unter Berücksichtigung der Alterswertminderung zu ermitteln (§ 21 Absatz 2 ImmoWertV). Im Einzelfall ist zu entscheiden, ob ein Bausachverständiger für die Ermittlung des Sachwerts eingeschaltet werden muss.

    So, und oben angeführte Wertfeststellung des Hauses "für Zwecke der Erbschaftsteuer" ist eben genau eine Schätzungsgrundlage nach dem Sachwertverfahren. Folglich müsste diese akzeptiert werden, da sie den tatsächlichen Wert des Hauses zum Tag der Übereignung/des Erbfalls angibt. Und genau dieser Wert ist es doch, der dann abgeschrieben werden muss (zzgl. evt. weiterer Renovierungskosten). Es kann doch nicht sein, dass der Erbe für den Wert Erbschaftssteuer zahlt, er aber nicht den Wert der Immobilie nach diesem Wert abschreiben kann, was ist das für eine Logik? Keine Belege mehr da und alles muss an Mieteinnahmen versteuert werden? Dann lohnt sich doch die Vermietung gar nicht. Bei Vermietung werden normal ca. 2 bis 5 % Gewinn gemacht, hier wären es dann vermutlich aber eher 80 % (je nach Renovierungskosten, sonstiger laufender Kosten, die als Werbungskosten sofort angesetzt werden können). Das ist doch völlig unsinnig.


    Bitte um Aufklärung. Vielen Dank.


    *) Korrekt müsste es glaube ich heißen "Bescheid über die gesonderte Feststellung des Grundbesitzwerts auf den [Todestag] für Zwecke der Erbschaftssteuer"

    P. S.: Ich gendere nicht. Der Erbe kann natürlich auch die Erbin sein. Oder meinetwegen auch das Lebewesen, welches geerbt hat.