Berechnung Grund und Boden bei vermieteter Immobilie vom Finanzamt (wie dagegen vorgehen?)

  • Hallo zusammen,


    es ist keine direkte Frage, welche die Steuersoftware betrifft, aber ggf. kann jemand helfen oder Erfahrungen austauschen, da mittlerweile immer mehr die sog. Arbeitshilfe zur Aufteilung eines Gesamtkaufpreises für ein bebautes Grundstück herangezogen wird, was m.E. zu völlig unrealistisch hohen Bodenwerten führt (in jedem Fall in Ballungsräumen), so dass nur noch ein kleiner Teil auf eine Wohnung entfällt, die bei Vermietung entsprechend abgeschrieben werden kann.


    In meinem Fall ist es so, dass eine neu erworbene Immobilie in Hamburg (Baujahr c. 1970, Kauf in 2020) vermietet wird und wir im Kaufvertrag keine gesonderte Aufteilung zwischen Wohnungs- und Grundstückspreis getroffen haben (in der Vergangenheit hatten wir nie Probleme bei einer "fairen" Aufteilung ggü dem Finanzamt gehabt, oft war dies 10-20% Bodenwert und 80-90% für die Wohnung in früheren Fällen bei anderen Wohnungen - Schätzung erfolgte Pi mal Daumen).


    Das Finanzamt hat nun erstmalig o.g. Verfahren angewendet (für die, die es nicht kennen: Hierbei wird der m² Preis des Bodens (Bodenrichtwert) genommen und mit der Gesamtfläche des Objektes/der Objekte multipliziert und dann entsprechend zum Miteigentumsanteil ins Verhältnis gesetzt. Für die Wohnung werden die typischen Herstellungskosten (THK) herangezogen vom Baujahr. Diese beiden Werte werden zueinander ins Verhältnis gesetzt).


    In meinem Fall kommt bei einer "Standardwohnung" von c. 60 m² in einem Mehrfamilienhaus mit einem Miteigentumsanteil um die 1% ein Bodenwert von c. 85% heraus und nur 15% für die Wohnung. Somit wird p.a. fast nichts mehr abgeschrieben. Ehrlich gesagt fehlen mir da die Worte und es erscheint völlig unlogisch (bei also EUR 200.000 Kaufpreis entfallen EUR 170.000 auf den Boden und nur EUR 30.000 auf die Wohnung!). Wer sich das ausgedacht hat muss vom Finanzministerium auf jeden Fall Mitarbeiter des Jahres geworden sein, denn so sinken die Steuererstattungen erheblich.


    Wenn man im Internet danach googelt findet man bislang erstaunlich wenig darüber. Es scheint wohl mal eine Klage gegeben zu haben, was bis zum BFH ging, die das System auch bemängelten und vorschlugen einen Gutachter zu beauftragen. Ich vermute nur, das FA wird keinen Gutachter beauftragen und ich will dafür nicht auch noch Geld ausgeben. Aber so richtig viele Hilfen findet man im Netz bislang nicht dazu.


    Mein nächster Schritt wäre einen Steuerberater und ggf. Rechtsberater aufzusuchen, aber vielleicht gibt es aus der Community nützliche Tipps, Argumentationen o.ä. die ähnliches erlebt haben?


    Vielen Dank!

    Steuerwirt

    • Offizieller Beitrag

    In meinem Fall ist es so, dass eine neu erworbene Immobilie in Hamburg (Baujahr c. 1970, Kauf in 2020) vermietet wird und wir im Kaufvertrag keine gesonderte Aufteilung zwischen Wohnungs- und Grundstückspreis getroffen haben (in der Vergangenheit hatten wir nie Probleme bei einer "fairen" Aufteilung ggü dem Finanzamt gehabt, oft war dies 10-20% Bodenwert und 80-90% für die Wohnung in früheren Fällen bei anderen Wohnungen - Schätzung erfolgte Pi mal Daumen).

    Dann hast Du einfach Glück gehabt. Die 10-20% GruBo-Anteil waren schon früher oft viel zu gering. Das "neue" Verfahren hätte ggf. schon seit Jahren angewendet werden müssen.


    In meinem Fall kommt bei einer "Standardwohnung" von c. 60 m² in einem Mehrfamilienhaus mit einem Miteigentumsanteil um die 1% ein Bodenwert von c. 85% heraus und nur 15% für die Wohnung. Somit wird p.a. fast nichts mehr abgeschrieben. Ehrlich gesagt fehlen mir da die Worte und es erscheint völlig unlogisch (bei also EUR 200.000 Kaufpreis entfallen EUR 170.000 auf den Boden und nur EUR 30.000 auf die Wohnung!). Wer sich das ausgedacht hat muss vom Finanzministerium auf jeden Fall Mitarbeiter des Jahres geworden sein, denn so sinken die Steuererstattungen erheblich.

    Wenn ich die in den letzten Jahren sprunghaft gestiegenen Grundstückspreise sehe, dann wundert mich da gar nichts. Wenn in Hamburg 2020 der durchschnittliche Grundstückskaufpreis bei über 800€/m² lag, dann sagt das doch eine Menge über die Verhältnisse aus.


    Der Gutachterausschuss für Grundstückswerte


    Ich vermute nur, das FA wird keinen Gutachter beauftragen und ich will dafür nicht auch noch Geld ausgeben.

    Warum sollte das FA Dir die Kosten ersparen und das in Auftrag geben. Die wenden das anerkannte Verfahren an und wer etwas abweichendes möchte, der muss dann eben einen Gutachter beauftragen. Für steuermindernde Tatbestände bist Du beweispflichtig.


    Mein nächster Schritt wäre einen Steuerberater und ggf. Rechtsberater aufzusuchen, aber vielleicht gibt es aus der Community nützliche Tipps,

    Die dann aber auch einen Gutachter beauftragen werden bzw. müssen und Dir lediglich Schreibarbeit abnehmen.

  • Vielen Dank für die Rückmeldungen und die Zeit hierfür. Das weiss ich sehr zu schätzen.


    Ich merke, dass es unterschiedliche Sichtweisen hierzu gibt bzgl. einer "fairen" Verteilung zwischen Boden und Wohnung. Auch der BFH hat die Methode nicht unkritisch gesehen und wenn im Vertrag eine andere Verteilung gewählt worden wäre (wenn diese nicht komplett abwegig ist), müsste diese i.d.R. akzeptiert werden, somit schient es da kein richtig oder falsch zu geben.


    Von daher freue ich mich auch über andere Meinungen dazu.

    • Offizieller Beitrag

    Auch der BFH hat die Methode nicht unkritisch gesehen und wenn im Vertrag eine andere Verteilung gewählt worden wäre (wenn diese nicht komplett abwegig ist), müsste diese i.d.R. akzeptiert werden, somit schient es da kein richtig oder falsch zu geben.

    Nein auch das muss/te das FA nicht akzeptieren, denn in den Vertrag können die Beteiligten ja grundsätzlich reinschreiben, was sie wollen. Die könnten die Zahlen auch würfeln.


    Arbeitshilfe zur Aufteilung eines Gesamtkaufpreises für ein bebautes Grundstück (Kaufpreisaufteilung) - Quelle: BMF
    (Durch BMF erstellt unter Berücksichtigung der aktuellen höchstrichterlichen Rechtsprechung!)

  • Hinzu kommt, dass der BFH andere Methoden zugelassen hat, aber diese kann nur ein Gutachter richtig anwenden. Eine Pi mal Daumen-Rechnung wird sicher nicht mehr anerkannt werden.

    Und hier liegt ja wohl auch die wesentliche Wertsteigerung in Hamburg in Grund und Boden. Eine Bausubstanz aus 1960 ist ja im Wesentlichen schon abgescrhieben, wo sollen da noch 80% der Anschaffungskosten belegt werden? Das wären ja rd. 160 TEUR für eine 60 Jahre alte Wohnung, m. E. nach völlig unrealistisch.

    Siehe hier -

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  • miwe4

    Hat das Thema geschlossen.