"Aus Vereinfachungsgründen" bedeutet nicht "Pauschbetrag"

  • Hallo,


    vor dem Steuerbescheid gab es mit dem FA Korrespondenz.


    Ich habe Aufwendungen für Ausstattung und Einrichtung einer Zweitwohnung (doppelter Haushalt) am Beschäftigungsort in der Steuererklärung für das Steuerjahr 2020 angesetzt. Zuerst habe ich über 5.000 EUR angesetzt. Das FA hat davon aber nur ca. 300 € akzeptiert. Dann habe ich die Steuererklärung nochmals abgegeben und 5.000 € angesetzt, weil in der Software steht



    Den Grund für diesen Text in der Software habe ich gefunden: BMF-Schreiben vom 25.11.2020, BStBl 2020 I S. 1228, Tz. 108


    Der Höchstbetrag umfasst sämtliche entstehenden Aufwendungen wie Miete, Betriebskosten, Kosten der laufenden Reinigung und Pflege der Zweitwohnung oder -unterkunft, Zweitwohnungsteuer, Rundfunkbeitrag, Miet- oder Pachtgebühren für Kfz-Stellplätze, Aufwendungen für Sondernutzung (wie Garten), die vom Arbeitnehmer selbst getragen werden, nicht jedoch Aufwendungen für Hausrat, Einrichtungsgegenstände oder Arbeitsmittel, mit denen die Zweitwohnung ausgestattet ist. Aufwendungen für die erforderliche Einrichtung und Ausstattung der Zweitwohnung, soweit sie nicht überhöht sind, können als sonstige notwendige Mehraufwendungen der doppelten Haushaltsführung berücksichtigt werden (BFH-Urteil vom 4. April 2019, VI R 18/17, BStBl 2019 II S. 449). Übersteigen die Anschaffungskosten des Arbeitnehmers für Einrichtung und Ausstattung der Zweitwohnung (ohne Arbeitsmittel) insgesamt nicht den Betrag von 5.000 € einschließlich Umsatzsteuer, ist aus Vereinfachungsgründen davon auszugehen, dass es sich um notwendige Mehraufwendungen der doppelten Haushaltsführung handelt. Wird die Zweitwohnung oder -unterkunft möbliert angemietet, überschreitet die Miete den Höchstbetrag und enthält der Mietvertrag keine Aufteilung der Miete für die Überlassung der Wohnung und der Einrichtung und Ausstattung, ist die Miete im Schätzwege aufzuteilen (BFH-Urteil vom 4. April 2019, VI R 18/17, BStBl 2019 II S. 449). Aufwendungen für einen separat angemieteten Garagenstellplatz sind in den Höchstbetrag einzubeziehen und können nicht als „sonstige“ notwendige Mehraufwendungen zusätzlich berücksichtigt werden. Maklerkosten, die für die Anmietung einer Zweitwohnung oder -unterkunft entstehen, sind als Umzugskosten zusätzlich als Werbungskosten abziehbar (R 9.9 Absatz 2 LStR 2015) oder vom Arbeitgeber steuerfrei erstattbar. Sie sind nicht in die Höchstbetragsberechnung mit einzubeziehen.


    Im Steuerbescheid schreibt das FA: "Bei den 5.000 € gemäß des BMF-Schreibens vom 25.11.2020 Rn 108 handelt es sich nicht um einen Pauschbetrag. Auf Aufwendungen müssen tatsächlich für die Wohnung am Beschäftigungsort vorgelegen haben. 300 € werden entsprechend berücksichtigt."


    Also hätte ich von Anfang an 5.000 € angegeben, hätte das FA nicht weiter nachgefragt?

    Bei einem Steuerzahler wird vereinfacht, bei dem anderen nicht? Ausschlaggebend ist nur, ob man mehr als 5.000 € ansetzt? Wer "zu frech" im Auge des FA ist, hat Pech gehabt? Wie ist das vom Vorgehen vom verfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz gedeckt?


    Wenn man ME den Gleichbehandlungsgrundsatz ernst nimmt, dann führen "aus den Vereinfachungsgründen" letztendlich zu einem Pauschbetrag.


    Habt ihr neben dem Gleichbehandlungsgrundsatz mehr Begründungen für einen Einspruch?


    LG
    Kugolo

    • Offizieller Beitrag

    Also hätte ich von Anfang an 5.000 € angegeben, hätte das FA nicht weiter nachgefragt?

    Nein.



    Bei einem Steuerzahler wird vereinfacht, bei dem anderen nicht? Ausschlaggebend ist nur, ob man mehr als 5.000 € ansetzt? Wer "zu frech" im Auge des FA ist, hat Pech gehabt? Wie ist das vom Vorgehen vom verfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz gedeckt?

    Da steht nirgends, dass diese 5.000€ der Höhe nach nicht nachzuweisen seien. Ein Nachweis der tatsächlichen Kosten hat regelmäßig zu erfolgen. Und das FA wird immer nachfragen, schon wegen der Höhe.

  • In der Software steht: "Heißt: Hier müssen keine Belege eingereicht werden. Natürlich müssen die Kosten tatsächlich angefallen sein und nachgewiesen werden, falls das FA nachfragt."


    Im BMF-Schreiben steht: Übersteigen die Anschaffungskosten des Arbeitnehmers für Einrichtung und Ausstattung der Zweitwohnung (ohne Arbeitsmittel) insgesamt nicht den Betrag von 5.000 € einschließlich Umsatzsteuer, ist aus Vereinfachungsgründen davon auszugehen, dass es sich um notwendige Mehraufwendungen der doppelten Haushaltsführung handelt.


    Also: Wenn nicht über 5000 €, dann ist davon auszugehen, dass es sich um notwendige Mehraufwendungen der doppelten Haushaltsführung handelt. Der Staat kann doch nicht willkürlich bei Bürger A einmal so und bei Bürger B einmal so entscheiden.


    Belege für die über 5000 € habe ich nachgewiesen, dass FA war aber der Auffassung, dass es sich um Einrichtung für den Familienwohnsitz handelte. Die Argumentation, dass sich diese Ausgaben nur verschoben haben, weil die Familie im Frühjahr 2020 wegzog, einige Möbel in der Wohnung am Beschäftigungsort blieben, Möbel für den Familienwohnsitz gekauft wurden und die Möbel vom Beschäftigungsort bei meinem Hinterher-Umzug im Herbst 2020 in den Sperrmüll (Nachweis auch vorhanden) gingen, folgte das FA nicht.

    • Offizieller Beitrag

    Wenn nicht über 5000 €, dann ist davon auszugehen, dass es sich um notwendige Mehraufwendungen der doppelten Haushaltsführung handelt.

    Was aber nicht bedeutet, dass man keine tatsächlichen Kosten in dieser Höhe haben muss und, vor allem, nicht, dass das FA diese Belege nicht sehen möchte. Im Gegenteil, denn:

    Habt ihr neben dem Gleichbehandlungsgrundsatz mehr Begründungen für einen Einspruch?

    Tatsächliche Kosten nachweisen oder aber gleich die Mehrarbeit sparen. Man könnte ansonsten auch einen Strick draus drehen.

  • Wenn nicht über 5000 €, dann ist davon auszugehen, dass es sich um notwendige Mehraufwendungen der doppelten Haushaltsführung handelt.

    Was aber nicht bedeutet, dass man keine tatsächlichen Kosten in dieser Höhe haben muss und, vor allem, nicht, dass das FA diese Belege nicht sehen möchte. Im Gegenteil, denn:


    Und was wird dann vereinfacht? Oder was möchte das BMF vereinfachen?

    • Offizieller Beitrag

    Und was wird dann vereinfacht?

    Du musst z.B. nicht nachweisen, dass der für den doppelten Haushalt angeschaffte 50 Zoll Flatscreen oder die Zweit-Hifi-Anlage notwendig und angemessen ist.


    Oder was möchte das BMF vereinfachen?

    Das nimmt dem FA nicht das Recht, die entsprechenden Belege bei Zweifeln etc. anzufordern. Im Gegenteil, es liegt im pflichtgemäßen Ermessen des Bearbeiters diese Belege ggf. anzufordern.


    Also hast Du jetzt Belege in entsprechender Höhe oder hast Du sie nicht? Bei Letzterem würde ich mich dann an Deiner Stelle zurückhalten.

  • Also hast Du jetzt Belege in entsprechender Höhe oder hast Du sie nicht? Bei Letzterem würde ich mich dann an Deiner Stelle zurückhalten.

    Ja, das schrieb ich bereits:


    "Belege für die über 5000 € habe ich nachgewiesen, dass FA war aber der Auffassung, dass es sich um Einrichtung für den Familienwohnsitz handelte. Die Argumentation, dass sich diese Ausgaben nur verschoben haben, weil die Familie im Frühjahr 2020 wegzog, einige Möbel in der Wohnung am Beschäftigungsort blieben, Möbel für den Familienwohnsitz gekauft wurden und die Möbel vom Beschäftigungsort bei meinem Hinterher-Umzug im Herbst 2020 in den Sperrmüll (Nachweis auch vorhanden) gingen, folgte das FA nicht."

    • Offizieller Beitrag

    "Belege für die über 5000 € habe ich nachgewiesen, dass FA war aber der Auffassung, dass es sich um Einrichtung für den Familienwohnsitz handelte. Die Argumentation, dass sich diese Ausgaben nur verschoben haben, weil die Familie im Frühjahr 2020 wegzog, einige Möbel in der Wohnung am Beschäftigungsort blieben, Möbel für den Familienwohnsitz gekauft wurden und die Möbel vom Beschäftigungsort bei meinem Hinterher-Umzug im Herbst 2020 in den Sperrmüll (Nachweis auch vorhanden) gingen, folgte das FA nicht."

    Der Argumentation des FA kann ich allerdings folgen. In Deiner Argumentation hast Du ein Eigentor geschossen. Wobei das FA ja bestimmt auch Belege bezüglich Lieferort etc. beanstandet hat. Der Einspruch steht Dir doch frei. Aber das hat nun rein gar nichts mit der o.g. Regelung zu tun und zeigt nur umsomehr, dass die Beleganforderung regelmäßig sinnvoll ist.

  • "Belege für die über 5000 € habe ich nachgewiesen, dass FA war aber der Auffassung, dass es sich um Einrichtung für den Familienwohnsitz handelte. Die Argumentation, dass sich diese Ausgaben nur verschoben haben, weil die Familie im Frühjahr 2020 wegzog, einige Möbel in der Wohnung am Beschäftigungsort blieben, Möbel für den Familienwohnsitz gekauft wurden und die Möbel vom Beschäftigungsort bei meinem Hinterher-Umzug im Herbst 2020 in den Sperrmüll (Nachweis auch vorhanden) gingen, folgte das FA nicht."

    Der Argumentation des FA kann ich allerdings folgen. In Deiner Argumentation hast Du ein Eigentor geschossen. Wobei das FA ja bestimmt auch Belege bezüglich Lieferort etc. beanstandet hat. Der Einspruch steht Dir doch frei. Aber das hat nun rein gar nichts mit der o.g. Regelung zu tun und zeigt nur umsomehr, dass die Beleganforderung regelmäßig sinnvoll ist.

    Wieso Eigentor? Was hätte man anderes anführen können?

    Lieferort wurde vom FA nicht kommentiert, aber sie standen auf den Belegen.

  • Die Argumentation, dass sich diese Ausgaben nur verschoben haben, weil die Familie im Frühjahr 2020 wegzog, einige Möbel in der Wohnung am Beschäftigungsort blieben, Möbel für den Familienwohnsitz gekauft wurden und die Möbel vom Beschäftigungsort bei meinem Hinterher-Umzug im Herbst 2020 in den Sperrmüll (Nachweis auch vorhanden) gingen, folgte das FA nicht.

    Anschaffungen für den Famiilenwohnsitz sind keine Ausgaben für den doppelten Haushalt! Damit hast du ein Eigentor geschossen (Angabe "Verschoben", "Möbel für den Familienwohnsitz", "Möbel vom Beschäftgungsort.... in den Sperrmüll")

  • Bei den Industrieversicherungen kenne ich den Begriff "ersparte Kosten". Wenn der Versicherte einen Versicherungsfall geltend macht, wendet er vom Versicherungsfall unabhängige Kosten auf, die aber die Kosten des Versicherungsfall reduzieren. Diese ersparte Kosten sind zu Gunsten des Versicherten anzurechnen. Mit dem Begriff "ersparte Kosten" weiß eigentlich jeder Schadensregulierer was damit gemeint ist.


    So ähnlich ist der Fall auch bei mir. Die Kombination aus 3,5-Tonnen-Sprinter für Umzug Familie, 3,5-Tonnen-Sprinter Umzug für mich und Sperrmüll haben einen 7-Tonnen-LKW erspart, der mit professionellen Fahrer viel teurer gewesen wäre. Ich habe sozusagen mitgewirkt, die Aufwendungen für den Beschäftigungsort gering zu halten, zu meinen Gunsten, aber auch zu Gunsten aller Steuerzahler.


    Gibt es ein ähnlichen Begriff wie "ersparte Kosten" im Steuerrecht, bei dem das FA versteht, worauf ich hinaus will? Wenn nicht, müsste die Herangehensweise vom FA akzeptiert bzw. müsste es vom FA nicht geprüft werden (Amtsermittlungsgrundsatz, keine Dispositionsmaxime), wenn ich schon in der Korrespondenz mit dem FA diesen Fall geschildert habe?


    Oben wird erwähnt, dass FA ein Ermessensspielraum hat. Ja, aber wenn der einmal genutzt wird, dann kommt die sogenannte Selbstbindung der Verwaltung ins Spiel. Kennt jemand ähnliche Fälle zum Thema "ersparte Kosten" im Steuerrecht?

  • Nein, den gibt es nicht. Bei der Steuer zählen nur tatsächlich bewirkte Zahlungen (Kosten). Das wären ja Einnahmen analog z.B. zur 1%-Regelung bei Dienstfahrzeugen, die dann zusätzlich zu versteuern wären. Das willst du doch sicher auch nicht.

    Fazit für mich: du hast den Begriff der Kosten für die doppelte Haushaltsführung zu weit ausgelegt und das Finanzamt hat deshalb gestrichen. Du kannst nur prüfen, ob die anerkannten 300 Euro alle Kosten sind, die tatsächlich für deinen doppelten Haushalt angefallen sind.