Gefahr eines Steuerstrafverfahrens bei Pflegeaufwendungen und Behinderung


  • Erster Teil des unterstellten Sachverhalts:

    Der Steuerpflichtige hat Aufwendungen für einen ambulanten Pflegedienst in Höhe von 2.000,00 €. Eingetragen wurden diese unter -> Haushaltsnahe Aufwendungen -> Pflege- und Betreuungsleistungen. Die Einkünfte aus selbständiger Arbeit betragen 15.000,00 €.


    In der Berechnung rechnet tax 2022 bei der Einkommensteuer 2021 wie folgt:

    Außergewöhnliche Belastungen 2.000,00

    Zumutbare Belastung -750,00
    Überbelastungsbetrag 1.250,00


    Haushaltsnahe Leistungen (in Höhe der zumutbaren Belastung) 750,00


    Bei den Formularen werden in der "Anlage Außergewöhnliche Belastungen"
    a) in Zeile 32 (Pflegekosten) außergewöhnliche Belastungen von 2.000,00 sowie

    b) in Zeile 37 (Aufwendungen in Zeile 32, die denen einer Haushaltshilfe vergleichbar sind) 2.000,00 Aufwendungen als haushaltsnahe Leistungen, soweit sie als zumutbare Belastung nicht bei den außergewöhnlichen Belastungen berücksichtigt werden, beantragt.


    Dies ist meines Erachtens alles richtig.


    Vollständiger Sachverhalt:

    Ergänzend ist eine Behinderung mit GdB 70 zu berücksichtigen. Da der Behinderten-Pauschbetrag in 2021 hierfür 1.780,00 beträgt und die tatsächlichen Aufwendungen von 2.000,00 höher sind, führt dies zu keiner Änderung der Einkommensteuer-Veranlagung.


    In der Berechnung kommt tax 2022 bei der Einkommensteuer 2021 zum gleichen Ergebnis wie zuvor.


    Bei den Formularen werden in der "Anlage Außergewöhnliche Belastungen" nunmehr in Zeile 33 (Behinderungsbedingte Aufwendungen) statt wie oben in Zeile 32 (Pflegekosten) außergewöhnliche Belastungen von 2.000,00 eingetragen.


    Bis hier ist meines Erachtens immer noch alles richtig bzw. akzeptabel.


    Außerdem werden bei den Formularen jetzt in der Anlage Haushaltsnahe Aufwendungen“ in der Zeile 5 haushaltsnahe Dienstleistungen in Höhe von 2.000,00 eingetragen. Der bisherige Eintrag in Zeile 37 der Anlage Außergewöhnliche Belastungen entfällt. Somit werden diese haushaltsnahen Dienstleistungen in voller Höhe und nicht nur, soweit sie als zumutbare Belastung nicht bei den außergewöhnlichen Belastungen berücksichtigt werden, beantragt.


    Dies führt bei einer erklärungsgemäßen Veranlagung durch das Finanzamt zu einer zu niedrigen Einkommensteuer 2021 – und zwar abweichend von der Berechnung durch tax 2022.


    Einen entsprechenden Fehler gab es bereits in tax 2021 bei der Einkommensteuer 2020, wobei die Zeilen anders nummeriert waren. Zu diesem hat mir die Entwicklungsabteilung nach mehrmonatigen, massiven Beanstandungen meinerseits am 05.10.2021 Folgendes mitteilen lassen:


    "Der Kunde müsste sich beim Bundesfinanzministerium beschweren, Das eigentliche Problem liegt darin, dass im Formular Anlage außergewöhnliche Belastungen die behinderungsbedingten Kosten erfasst werden sollen. Da auf Grund der Behinderung die Pflegekosten behinderungsbedingt sind, müssen diese also in Zeile 15. In Zeile 20 der Anlage wird leider seit Veranlagungszeitraum 2020 der Bezug zu enthaltenen haushaltsnahen Dienstleistungen auf Zeile 14 beschränkt. Wir haben das von Anfang an beim BMF moniert, aber es ist so geblieben. Im Formular Anlage haushaltsnahe Dienstleistungen können wir leider nicht nur den Anteil eintragen, da es unter Umständen beim Finanzamt zur Abweichung der Berechnung der zumutbaren Belastung kommen kann, so dass sich dies zum Nachteil des Steuerpflichtigen auswirken könnte. Daher ist die Befüllung so, wie sie ist und es gibt entsprechende Aufstellungen, bei dem alles deutlich hervorgeht. Wir können nach derzeitiger Lösung hier leider keine andere Befüllung anbieten, haben aber erneut das BMF darüber informiert."


    Ich kann die Ausführungen der Entwicklungsabteilung nicht nachvollziehen – insbesondere nicht, warum die Formulare nicht so wie ohne eine Behinderung mit GdB 70 ausgefüllt werden können.


    Sicher ist es der Entwicklungsabteilung unbenommen, die vom Bundesfinanzministerium herausgegebenen Formulare für „falsch“ zu halten. In so einem Fall sollte meines Erachtens dann aber im Hauptvordruck die Zeile 45 „Ergänzende Angaben zur Steuererklärung“ ausgefüllt und der Sachverhalt erläutert werden. Die Steuererklärung wird dann im Finanzamt auf jeden Fall durch einen Menschen geprüft.


    Hierzu gibt es keinerlei Hinweise von tax 2022. Wenn mir ein Steuerstrafverfahren drohen kann, würde ich dies aber doch gerne vor Abgabe der Steuererklärung wissen.