Außergewöhnliche Belastung Krankheitskosten vs Erstattung Vorjahr

  • Hallo,


    ich bin gerade beim ausfüllen der Steuer mit TAX 2022.

    Folgender Fall: (Zahlen nur beispielhaft)


    bin Privatpatient

    Ich hatte im Jahr 2020 außergewöhnliche Belastungen gehabt (Krankheitskosten i.H. v 10'000)

    diese hatte ich im Jahr 2021 steuerlich angesetzt und damit auch Steuer gespart.


    ich habe im Jahr 2021 außergewöhnliche Belastungen gehabt (Krankheitskosten i.H. v 1'000)

    Ich habe im Jahr 2021 von der privaten Krankenkasse Erstattungen bekommen (i.H.v. 9'000)


    als ich nun in der TAX Maske die Aufwendungen und die Erstattungen von 2021 eintragen wollte, sperrte das Programm und meinte:


    "Die erhaltenen Erstattungen zu den außergewöhnlichen Belastungen sind höher als die Aufwendungen


    Sie haben bei den Erstattungen einen höheren Betrag eingetragen als bei den Aufwendungen. In diesem Fall können Sie keine außergewöhnlichen Belastungen geltend machen.

    Wenn es sich um eine Ertattung für Auwendungen aus dem Vorjahr handelt, muss die Steuererklärung 2020 korrigiert werden. Mehr...


    Kürzen Sie die Erstatttungen bis zur Höhe der Aufwendungen oder löschen Sie die Angaben"


    Bis dato habe ich dies immer so gemacht. d.h. ich habe die Belastungen von heuer und Erstattungen von letztem Jahr eingetragen. ( Die Krankenkasse zahlt immer recht spät (nach EKST-Frist) aus.

    aber bis jetzt war Erstattung immer geringer als Belastung (hohe Selbstbeteiligung)


    Muss ich jetzt wirklich die Steuererklärung 2020 korrigieren ? :fie:

    oder kann ich "einfach" wie vom Programm vorgeschlagen: Kürzen Sie die Erstatttungen bis zur Höhe der Aufwendungen oder löschen Sie die Angaben" 8)


    • Offizieller Beitrag

    Du hättest bereits bei der Geltendmachung der außergewöhnlichen Belastung die zu erwartenden Erstattungen erklären/berücksichtigen müssen. Zumal zu dem Zeitpunkt der Abgabe der Erklärung die betreffenden Abrechnungen der Krankenkasse sowie der Beihilfenstelle bereits vorlagen.

    Muss ich jetzt wirklich die Steuererklärung 2020 korrigieren ? :fie:

    Ja schnellstens, denn Du hast schon jetzt zumindest eine Steuerverkürzung begangen und solltest sehen, da möglichst mit einem blauen Auge rauszukommen.

  • Hallo Miwe4


    Unwissenheit schützt vor Strafe nicht

    das vorweg.


    Ich hatte dies bisher "immer" so innerhalb von Tax gemacht gemacht. Ausgaben heuer und Erstattungen letztes Jahr.

    Nur eben jetzt waren die Erstattungen vom Vorvorjahr zum ersten mal höher als die Ausgaben vom Vorjahr.


    Ich bin nach dem Grundsatz der EÜR vorgegangen

    dh. im Wirtschaftsjahr tatsächlich zugeflossene Einzahlungen und
    tatsächlich getätigte Auszahlungen


    Was ist das Zufluss- und Abflussprinzip bei der EÜR?


    Für die Erfassung von Einnahmen und Ausgaben gilt bei der EÜR der Zeitpunkt des tatsächlichen Zahlungszuflusses und -abflusses (§ 11 EstG):

    (1) 1Einnahmen sind innerhalb des Kalenderjahres bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind.


    - Zuflussprinzip: Einnahmen dürfen erst dann erfasst werden, wenn Sie bereits auf das Konto des Unternehmers geflossen sind. Forderungen sind keine Einzahlungen und werden daher in der EÜR nicht als Einnahmen behandelt.

    -Abflussprinzip: Ausgaben werden erst nach Abgang vom Konto erfasst. Offene Verbindlichkeiten stellen keine Auszahlung – im Sinne der EÜR also keine Ausgabe – dar.


    So stellt sich mir doch die Frage, habe ich gar so falsch gehandelt?


    ................ ---> und wie kann ich das in TAX nun nach §11 EStG buchen



    Dennoch vielen Dank für die Antwort

  • miwe4 entschuldige, wenn ich mich einmische, aber ich habe das gerade parat.

    Ersatz von Aufwendungen für außergewöhnliche Belastungen sind abzuziehen, auch wenn die Ersatzleistungen erst in einem späteren Kalenderjahr zufließen, aber mit einer Erstattung gerechnet werden konnte. Das hat der Bundesfinanzhof am 21. 8.1974 entschieden.

    Es kann auch gar keine andere Lösung geben, weil negative außergewöhnliche Belastung nicht möglich sind. Deshalb kann man das auch nicht in einem Programm eingeben.

    • Offizieller Beitrag

    Ich bin nach dem Grundsatz der EÜR vorgegangen

    dh. im Wirtschaftsjahr tatsächlich zugeflossene Einzahlungen und
    tatsächlich getätigte Auszahlungen


    Was ist das Zufluss- und Abflussprinzip bei der EÜR?

    Das hat hiermit aber rein gar nichts zu tun.


    Im Übrigen gilt z.B. bei Reisekosten genau dasselbe. Auch da sind die zu erwartenden Erstattungen bereits gegenzurechnen, da Du insoweit wirtschaftlich nicht endgültig belastet bist.


    BFH-Urteil vom 21.8.1974, VI R 236/71, BStBl. 1975 II S. 14) - Quelle: nwb.de

    Zitat

    Kürzung von Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastung um Ersatzleistungen Dritter

    Leitsatz

    Durch Krankheit entstandene Aufwendungen sind steuerlich nur in der Höhe als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen, in der sie das Einkommen des Steuerpflichtigen tatsächlich und endgültig belasten. Bei der Ermittlung der Höhe der außergewöhnlichen Belastung sind auch solche Ersatzleistungen, Beihilfen und andere Erstattungsbeträge abzuziehen, die der Steuerpflichtige erst in einem späteren Kalenderjahr erhält.


    Beschluss vom 21. Februar 2018, VI R 11/16 Krankheits- und Beerdigungskosten als außergewöhnliche Belastung - Verfassungsmäßigkeit der zumutbaren Belastung und der rückwirkenden Anwendung von § 64 EStDV i.d.F. des StVereinfG 2011

    Zitat
    54
    aa) Durch Krankheit entstandene Aufwendungen sind steuerlich nur in der Höhe als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen, in der sie das Einkommen des Steuerpflichtigen tatsächlich und endgültig belasten. Bei der Ermittlung der Höhe der außergewöhnlichen Belastung sind daher auch solche Ersatzleistungen, Beihilfen und andere Erstattungsbeträge abzuziehen, die der Steuerpflichtige erst in einem späteren Kalenderjahr erhält (BFH-Urteile vom 21. August 1974 VI R 236/71, BFHE 113, 367, BStBl II 1975, 14; vom 30. Juli 1982 VI R 67/79, BFHE 136, 396, BStBl II 1982, 744, und vom 15. November 1991 III R 30/88, BFHE 166, 159, BStBl II 1992, 179).


    R 33.1 Satz EStH2020 Satz 2

    Zitat

    2Der Stpfl. ist belastet, wenn ein Ereignis in seiner persönlichen Lebenssphäre ihn zu Ausgaben zwingt, die er selbst endgültig zu tragen hat.

  • Hallo miwe4


    Vielen herzlichen Dank für die ausführlichen Antworten,

    auch an Gewan vielen Dank.


    Ich Dummerchen, wie konnte ich nur das BFH-Urteil vom 21.8.1974 vergessen.

    Dann werde ich also reumütig zum Finanzamt gehen und versuchen meine maxima culpa zu sühnen.


    Euch aber nochmal vielen herzlcihen Dank für Eure kompente Hilfe

  • Ganz schlüssig ist das Verfahren m.E. nicht, denn die Arztrechnung darf man erst im Jahr der Zahlung geltend machen:


    Krankheitskosten werden dem Jahr steuerlich zugerechnet, in dem die Zahlung tatsächlich erfolgt – der Zeitraum der ärztlichen Behandlung oder das Rechnungsdatum sind ohne Bedeutung. (Zitat steuerring.de)


    Das heißt z.B. für einen teuren Krankenhausaufenthalt im Dezember und Rechnungsstellung im Folgejahr, dass der Rechnungsbetrag erst im Folgejahr angesetzt werden kann, die zu erwartende Erstattung dieser Kosten aber schon im Jahr der Behandlung zu berücksichtigen ist. Bei einem hohen Betrag kann es da durchaus vorkommen, dass die Erstattung durch die PKV höher ausfällt als die bis dahin tatsächlich geleisteten Zahlungen im Jahr der Behandlung - das Gesamtergebnis wird dann negativ.

    • Offizieller Beitrag

    Ganz schlüssig ist das Verfahren m.E. nicht, denn die Arztrechnung darf man erst im Jahr der Zahlung geltend machen:

    Und was soll daran nicht schlüssig sein?


    Das heißt z.B. für einen teuren Krankenhausaufenthalt im Dezember und Rechnungsstellung im Folgejahr, dass der Rechnungsbetrag erst im Folgejahr angesetzt werden kann, die zu erwartende Erstattung dieser Kosten aber schon im Jahr der Behandlung zu berücksichtigen ist.

    Da hast Du das Steuerrecht aber grundsätzlich falsch verstanden. Selbstverständlich sind es im Jahr der Zahlung (!) agB. Aber eben nur insoweit als man tatsächlich endgültig wirtschaftlich belastet ist. Also in diesem Veranlagungszeitraum erfolgte tatsächliche Zahlungen gekürzt um sauf diese Aufwendungen bezogen zu erwartende Erstattungen.


    Und mal am Rande, verzichtest Du freiwillig auf Erstattungen, z.B. wegen Beitragsrückerstattung KV, dann sind die Aufwendungen mangels Zwangsläufigkeit überhaupt nicht abziehbar.


    R 33.1 Satz EStH2020 Satz 2

    • Offizieller Beitrag

    Ich Dummerchen, wie konnte ich nur das BFH-Urteil vom 21.8.1974 vergessen.

    Man muss nicht alles wissen. Man muss nur wissen, wo man suchen muss. Und Google hilft da ganz schnell.


    Aber selbst Buhl hat da mit seiner WISO-Reihe in deren Hilfen die Info hinterlegt:

    zu erwartende Erstattung BFH WISO 1 .png

    Bei t@x findet sich das nicht über die Hilfe/Suche. Hätte ich jetzt anders erwartet, da der Preisunterschied ja so groß nicht ist.

  • miwe4

    jetzt muss ich mich auch nochmal einschalten, obwohl es dann langsam off topic wird.

    Zitat

    Man muss nicht alles wissen. Man muss nur wissen, wo man suchen muss. Und Google hilft da ganz schnell.

    Das ist ja das Problem. Ich habe da kein Problem erkannt, deswegen habe ich nicht nach einer Lösung gesucht.

    Da ich immer so verfahren habe, aber noch nie ins Negative gekommen bin, ist das immer Im Programm so durchgegangen. (Psst nicht verraten; auch vom FA). Ich wäre ja nie auf die Idee gekommen, das dies so zu regeln ist, wie Du das so gut erklärt hast.

    Ich werde den Fehler selbstverständliche korrigieren und in Zukunft bei agB so verfahren.


    und jetzt werde ich ein wenig zynisch: Muss ich mich jetzt bei Google jedesmal schlaumachen, wenn ich etwas verbuchen will?

    dann kann ich den ganzen Mist aka Einkommensteuererklärung auch gleich wieder dem Steuerberater geben.


    Ich finde das Programm von Buhl super, das Steuerrecht nicht immer logisch und ich möchte ja alles richtig und gesetzeskonfrom machen. Aber bei sowas da haut es mich dann wirklich aus der Bahn.


    Naja, Dir noch mal vielen herzlichen Dank für Deine kompetente Hilfe