Abfindung - Anwendung 1/5-Regelung, Vorjahr mit außergewöhnlichen Ereignissen

  • Ich habe dir nur noch auf deine Bitte geantwortet, was ich nach deinen weiteren Erläuterungen denke.

    Dafür danke ich Dir auch.
    Du siehst also ebenso wie @miwe4 hier keinen Sondertatbestand, das macht mich natürlich wenig optimistisch. :/


    Aber ich werde die Möglichkeit der mündlichen Erörterung nutzen (habe da nochmal gesucht und auch gefunden (§ 364a Abs. 1 Satz 1 AO).

  • So, nun das Ergebnis.
    Mein Einspruch ist, da ich die Rücknahmeerklärung nicht unterschrieben habe, in der Rechtsbehelfsstelle gelandet. Die hat nochmal diverse Unterlagen (Arbeitsvertrag, Kündigung, Protokoll Arbeitsgericht) angefragt, obwohl die schon dort waren. :(


    Ich hatte meine Position zusätzlich zu denen im Einspruch mit folgenden Argumenten untermauert:

    Zitat von entejens

    Im BFH-Urteils vom 27. Januar 2010, Az IX R 31/09 heißt es im Rz 12: Eine darauf aufbauende Vergleichsberechnung lediglich am Maßstab des Vorjahres ist aber keineswegs zwingend. Sie gilt nur für den Normalfall, in dem die Verhältnisse des Vorjahres --z.B. im Zuge einer normalen Gehaltsentwicklung-- auch diejenigen des Folgejahres mit großer Wahrscheinlichkeit abbilden.

    Zitat von entejens

    Der Wegfall der einsatzbezogenen Zulage ist so gravierend, daß die bei mir gegebene Situation gerade nicht den Normalfall darstellt, denn die Situation von 2014 bildet nicht ansatzweise die Situation von 2015 ab. Das Urteil hat sicherlich ein von ungewöhnlich hohe Provision beeinflußtes Gehalt als Grundlage, bezieht sich aber in der Begründung und in den Leitsätzen nicht auf diesen Spezial- sondern auf den allgemeinen Fall, daß sich "aus den Verhältnissen des Vorjahres "keine Vorhersagen für den (unterstellten) normalen Verlauf bei Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ableiten lassen." (2. Leitsatz des BFH-Urteils vom 27. Januar 2010, Az IX R 31/09)

    Zitat von entejens

    Zusätzlich beziehe ich mich auf Rz 11 Satz 5 des BMF-Schreibens vom 1. November 2013: Andererseits kommt § 34 Abs. 1 EStG unter dem Gesichtspunkt der Zusammenballung auch dann in Betracht, wenn im Jahr des Zuflusses der Entschädigung weitere Einkünfte erzielt werden, die der Steuerpflichtige nicht bezogen hätte, wenn das Dienstverhältnis ungestört fortgesetzt worden wäre und er dadurch mehr erhält, als er bei normalem Ablauf der Dinge erhalten hätte (BFH vom 04.03.1998 – BStBl II S. 787)
    Es findet also ein Vergleich der Ist-Größe (das, was der Steuerpflichtige in dem betreffenden Veranlagungszeitraum (Streitjahr) einschließlich der Entschädigung insgesamt erhält) mit der Soll-Größe (die Einkünfte, die der Steuerpflichtige bei ungestörter Fortsetzung seines Arbeitsverhältnisses (bei normalem Ablauf der Dinge) erhalten hätte) statt (BFH-Beschluß 9. März 2011, IX R 9/10).
    Wie ich in meiner Einspruchsbegründung detailliert angab, betrug die

    • Ist-Größe 2015: xxx € (Brutto-Gehalt Januar-Mai 2015, ALG 1)

    und die

    • Soll-Größe 2015: yyy € (fiktives Brutto-Gehalt Januar-Dezember 2015)

    Daraus ist klar erkennbar, daß ich mit den Einkünften, die ich bei ungestörter Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht erhalten hätte (ALG 1), mehr erhalten habe als bei normalem Ablauf der Dinge.

    Am Wochenende kam dann der neue Bescheid - mein Einspruch hatte in vollem Umfang Erfolg. :thumbsup:


    Ob die Bearbeiterin in der Rechtsbehelfsstelle die Sache prinzipiell anders gesehen hat als die erste Bearbeiterin oder (mindestens) eines meiner Argumente überzeugte, kann ich natürlich nicht sagen. Ich denke aber, daß die Frage der Abbildbarkeit der Verhältnisse des Vorjahres auf das Jahr des Veranlagungszeitraumes beim Vergleich der beiden Jahre prinzipiell sehr wichtig ist.


    --------------------------------------------------------------------------------------------------------------
    Früher dachte ich, die Bestrafung einer Kritik an Gott ist ein Privileg der katholischen Kirche.
    Mittlerweile weiß ich, daß das auch in nichtreligiösen Bereichen der Fall sein kann.


    „Willst du den Charakter eines Menschen erkennen, so gib ihm Macht.“ Abraham Lincoln - wie recht er doch haben kann.

  • Ob die Bearbeiterin in der Rechtsbehelfsstelle die Sache prinzipiell anders gesehen hat als die erste Bearbeiterin oder (mindestens) eines meiner Argumente überzeugte, kann ich natürlich nicht sagen. Ich denke aber, daß die Frage der Abbildbarkeit der Verhältnisse des Vorjahres auf das Jahr des Veranlagungszeitraumes beim Vergleich der beiden Jahre prinzipiell sehr wichtig ist.

    Das müsste aber in den Erläuterungen des neuen Bescheides stehen. Aber wenn keine Abweichungen zur Erklärung, wird hier häufig nur geschrieben, dass dem Einspruch entsprochen wurde. Schön für dich - dürfte doch ein nicht ganz geringes Zubrot sein.

  • Das müsste aber in den Erläuterungen des neuen Bescheides stehen.

    Nein, leider nicht. Da steht lediglich, so wie schon von Dir vermutet,

    Zitat von Finanzamt

    Dieser Bescheid ändert den Bescheid vom 10.10.2016
    Hierdurch erledigt sich Ihr Einspruch/Antraag vom 10.11.2016.

    Im ersten Bescheid, gegen den ich Einspruch eingelegt hatte, stand

    Zitat von Finanzamt

    Da Ihnen zusammen mit Ihrem Bruttoarbeitslohn, der Abfindung und den Lohnersatzleistungen in 2015 weniger Einnahmen zur Verfügung standen als 2014, ist die Grundvoraussetzung der Zusammenballung der Einkünfte im Bezugsjahr nicht vorliegend und es kann keine ermäßigte Besteuerung der gezahlten Abfindung erfolgen.

    Ich gehe davon aus, daß das FA nicht verpflichtet ist, die Entscheidungsänderung zu begründen (was für den Einspruch Erhebenden sicherlich zum Verständnis sinnvoll wäre, es geht ja nicht nur ums Ergebnis).


    Schön für dich - dürfte doch ein nicht ganz geringes Zubrot sein.

    Ja, es sind über 550 € - die Freude ist umso größer, da ich aufgrund der Meinungen von miwe4 und nesciens, die ja nun wirklich ein gutes Stück Ahnung von der Materie haben, nur gering optimistisch war (was jetzt kein Kritik an den beiden ist).
    Und ich habe die kleine Hoffnung, daß meine Argumente eventuell auch anderen helfen können. :)
    Außerdem ist sichtbar, daß man auch bei starker Gegenwehr die (kostenlosen) Rechtsmittel ausschöpfen sollte.


    --------------------------------------------------------------------------------------------------------------
    Früher dachte ich, die Bestrafung einer Kritik an Gott ist ein Privileg der katholischen Kirche.
    Mittlerweile weiß ich, daß das auch in nichtreligiösen Bereichen der Fall sein kann.


    „Willst du den Charakter eines Menschen erkennen, so gib ihm Macht.“ Abraham Lincoln - wie recht er doch haben kann.