Entfernungspauschale Flugbegleiter

  • Guten Tag,


    ich habe meinen Steuerbescheid vom Finanzamt bekommen. Alles wurde akzeptiert, bis zu der Entfernungspauschale, die um 50% vom Finanzamt gekürzt worden ist.
    Ich bin Flugbegleiter und fahre von Fulda zum Flughafen Frankfurt am Main. Im WISO-Programm habe ich folgendes bei den "Angaben zur regelmäßigen Arbeitsstätte" (wahrscheinlich war hier ein Fehler, da ich diese
    Entfernungspauschlae über "Reiskosten bei Auswärtstätigkeiten" geltend gemacht haben sollte) :


    Flughafen Frankfurt FRA (Fulda-Frankfurt einfache Entfernung 103 km/Hin- und Rückfahrt 2x103=206km gemäß BFH 09.06.2011-keine regelmäßige Arbeitsstätte : 45Tage x 206km x 0,30 EUR = 2.781 EUR.


    Vom Finanzamt wurden mir nur die Hälfte davon (1.391 EUR)berechnet.


    Es steht nirgendwo im Steuerbescheid warum diese Kürzung. Ich dachte, bei den „Erläuterungen zur Festsetzung“ hätte man eine Begründung eingeben sollen, aber da stand nichts. Jetzt möchte ich Einspruch einlegen und
    mich auf die drei Urteile des BFHs vom 09.06.2011 beziehen. Eine der Kernaussagen der Richter lautet:


    „Eine „regelmäßige Arbeitsstätte“ kann nur an einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers sein, wenn sich dort der qualitative Schwerpunkt der beruflichen Tätigkeit des Arbeitnehmers befindet.“


    Bei einem Lohnsteuerhilfeverein habe ich diese Anmerkung gefunden:


    „Viele Berufsgruppen, z. B. Kraftfahrer, Busfahrer, Bauarbeiter, Dachdecker, Außendienstmitarbeiter, Kundendienstmonteure, Piloten, Flugbegleiter, Zugbegleiter ... haben daher am Betriebssitz des Arbeitgebers keine regelmäßige Arbeitsstätte und können höhere Fahrtkosten geltend machen, wenn der Arbeitnehmer sein Fahrzeug benutzt!
    ……………………………………………………..
    Die Finanzverwaltung wendet diese Urteile grundsätzlich an. Hierzu muss aber ein Antrag gestellt werden, da lt. BMF-Schreiben vom 15.12.2011 sonst eine regelmäßige Arbeitsstätte unterstellt und die ungünstigere Entfernungspauschale angesetzt wird.“


    Muss ich mit dem Einspruch so einen Antrag stellen oder ist es zu spät? Wie würde so ein Antrag lauten sollen?


    Macht es überhaupt Sinn, Einspruch einzulegen oder riskiere ich eine „Verböserung“? Ich habe um die 400 EUR weniger als ich mit WISO Programm berechnet habe…


    Vielen herzlichen Dank,


    Leon

    • Offizieller Beitrag

    Sieht doch irgendwie so aus, als wäre es Dein Heimatflughafen und somit Deine regelmäßige ASt i.S.d. Vorschrift (Hinweis 9.4 LStH 2011).


    Für Tage, an denen nur eine Hin- oder nur eine Rückfahrt durchgeführt wird, ist natürlich nur die hälftige Entfernungspauschale anzusetzen.

  • Sieht doch irgendwie so aus, als wäre es Dein Heimatflughafen und somit Deine regelmäßige ASt i.S.d. Vorschrift (Hinweis 9.4 LStH 2011).

    Danke für Ihre Antwort :) Allerdings ist dieses Urteil vom 2004 (BFH vom 5.8.2004 - BStBl II S. 1074).


    Da es sich bei dem fliegenden Personal um eine Wechseltätigkeit handelt, könnte ich mich auf das folgende Urteil beziehen?
    - Regelmäßige Arbeitsstätte bei mehreren Tätigkeitsstätten : BFH, 09.06.2011 - VI R 36/10 ( auch http://www.bfhurteile.de/bfhur…tml?tx_qcombfhurteile_pi1[az]=VIR3610 )



    Vielen Dank!

  • Zitat: Easydutyplan.de


    "Der Begriff der regelmäßigen Arbeitsstätte bei mehreren Tätigkeitsstätten des Arbeitnehmers wurde mit den Urteilen vom 9. Juni vergangenen Jahres (VI R 55/10, BFH/NV 2011, S. 1764, VI R 36/10, BFH/NV 2011 S. 1763, VI R 58/09, BFH/NV S. 1761) grundlegend geändert.


    So galt bis zu diesem Zeitpunkt der, ortsgebundene, Mittelpunkt der dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit des Arbeitnehmers und damit der Ort, an dem der Arbeitnehmer seine aufgrund des Dienstverhältnisses geschuldete Leistung zu erbringen hat, als die regelmäßige Arbeitsstätte i.S.d. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG – im Regelfall also der Betrieb oder eine Betriebsstätte des Arbeitgebers, der der Arbeitnehmer zugeordnet ist und die er nicht nur gelegentlich, sondern mit einer gewissen Nachhaltigkeit, also fortdauernd und immer wieder aufsucht.


    Folglich erkannten bisher viele Finanzbehörden für Mitglieder der Crew nicht das Flugzeug, sondern nur die Homebase als regelmäßige Arbeitsstätte an: den vom Arbeitgeber zugeordneten Stamm-flughafen.


    Mit der neuen Rechtsprechung des BFH gilt endlich der Ort, an dem der Arbeitnehmer typischerweise den Schwerpunkt seiner Arbeit zu erbringen hat, als regelmäßige Arbeitsstätte i.S.d. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG, also nicht mehr jeder beliebige Tätigkeitsort. Für die Begründung einer regelmäßigen Arbeitsstätte ist damit nicht mehr ausschlaggebend, dass der Arbeitnehmer den Betriebssitz oder sonstige Einrichtungen des Arbeitgebers aufsucht. Entscheidend werden Art und Schwerpunkt der Tätigkeit: die qualitativen Merkmale der jeweils zu erbringenden Arbeitsleistung und das konkrete Gewicht der dort verrichteten Tätigkeit – immer im Rahmen einer auf Dauer angelegten beruflichen Tätigkeit.


    Bezogen auf das fliegende Personal ist demnach zweifelsfrei Cockpit bzw. Kabine der Ort, an dem Verkehrsflugzeugführer/in bzw. Flugbegleiter/in schwerpunktmäßig die vertraglich festgelegte Arbeitsleistung erbringen.


    Als Folge dieser neuen Rechtsprechung hat der BFH in Streitfällen entschieden, dass der Betriebssitz des Arbeitsgebers keine regelmäßige Arbeitsstätte darstellt, wenn der Arbeitnehmer dort zwar regelmäßig, aber lediglich zur Kontrolle bzw. Abstimmung erscheint.


    Somit stellt für das fliegende Personal nicht mehr die Betriebsstätte, also das Flughafengebäude, die regelmäßige Arbeitsstätte gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG dar. Die eigentliche berufliche Tätigkeit findet außerhalb, nämlich im Flugzeug, statt. Folglich geht das fliegende Personal einer Fahrtätigkeit nach, die unter den einheitlichen Reisekostenbegriff der Auswärtstätigkeit fällt.


    Bei beruflich bedingter Auswärtstätigkeit sind die Fahrtkosten grundsätzlich in der tatsächlichen Höhe als Werbungskosten absetzbar. Wird für die Fahrten das eigene Fahrzeug benutzt, können die Fahrtkosten zum tatsächlichen Kilometer-Kostensatz oder alternativ mit der Dienstreisepauschale geltend gemacht werden. Die Dienstreisepauschale beträgt je gefahrenem Kilometer mit dem Pkw 0,30 €.


    Bedingt durch die Auswärtstätigkeit des fliegenden Personals können nun die Fahrtkosten für die Hin- und für die Rückfahrt steuerlich geltend gemacht werden. "