Angabe des Verlustvortrages in erster ESt nach Erststudium

  • Hallo,


    zunächst möchte ich mich für das Engagement der Community bedanken, die hier in ihrer Freizeit mit viel Motivation Fragen beantworten. Das ist nicht selbstverständlich.


    Ich habe von 2010 - 2015 einen Bachelor-Studiengang studiert und arbeite seit Februar 2016 Vollzeit.

    Für die Jahre 2010 - 2012 hatte ich bereits damals (leider nur) je eine vereinfachte Steuererklärung abgegeben, ein Antrag auf gesonderte Verlustfeststellung ist aufgrund der überschrittenen sieben Jahre nun nicht mehr möglich.


    Ende 2017 habe ich mir nun die Einkommenssteuererklärungen für 2013 - 2015 vorgenommen und die Erststudienkosten jeweils als vorab entstandene Werbungskosten geltend gemacht.

    Wie erwartet hat das FA den Bescheid aufgrund der derzeitigen Gesetzeslage nach § 165 Abs. 1 AO als teilweise vorläufig gekennzeichnet und je negatives zu versteuerndes Einkommen angegeben.

    Ein Einspruch in Bescheiden nach dem 20. Februar 2015 grundsätzlich nicht mehr erforderlich.

    Soweit passt alles.


    Nun möchte ich die Einkommenssteuererklärung für das Jahr 2016 (also Arbeitsbeginn nach Studium) machen.

    Mein Verständnis aus den vielen Threads, die ich hier im Forum über die Suche gefunden und gelesen habe, ist folgendes:


    Nach der Verlustverrechnung der genannten Einkommenssteuererklärungen waren die Einkünfte negativ, d.h. ich kann die Beträge entweder im Vorjahr (§ 10d Abs. 1 EStG, Verlustrücktrag) oder im Folgejahr (§ 10d Abs. 2 EStG, Verlustvortrag) verrechnen lassen.


    Auf der einen Seite habe ich gelesen, dass ich das FA im Folgejahr im Mantelbogen auf Seite 4 (Zeile 92) auf den Verlustvortrag aufmerksam machen muss.

    Andererseits habe ich jedoch gelesen, dass, sofern Verlustfeststellungen durch das FA für die angesprochenen Jahre erfolgen, diese Verluste auch automatisch vom FA berücksichtigt und die Bescheide geändert werden.


    Bestätigt das BVerfG die vom BFH festgestellte Verfassungswidrigkeit des Werbungskostenausschlusses für Berufsausbildungskosten, bekomme ich nachträglich auch die Erststudienkosten als Werbungskosten anerkannt, ohne dass ich einen separaten Antrag stellen muss.


    Lange Rede, kurzer Sinn: Wenn ich nun meine ESt-Erklärung für 2016 mache, muss ich dann die berechneten negativ zu versteuernden Einkünfte manuell zusammenrechnen und irgendwo angeben oder berücksichtigt das FA diese automatisch? Da ich 2016 das erste Mal "richtig" verdient habe, möchte ich hier nichts falsch machen.


    Ich danke vorab vielmals und wünsche einen schönen Abend.

    • Offizieller Beitrag

    Wie erwartet hat das FA den Bescheid aufgrund der derzeitigen Gesetzeslage nach § 165 Abs. 1 AO als teilweise vorläufig gekennzeichnet und je negatives zu versteuerndes Einkommen angegeben.

    Das zu versteuernde Einkommen interessiert beim § 10d EStG überhaupt nicht, sondern nur der negative Gesamtbetrag der Einkünfte (G.d.E.).


    Was also hat das FA wie, in welcher Höhe und in welchem Bescheid anerkannt bzw. den Bescheid insoweit als vorläufig bezeichnet?


    Hast Du überhaupt Bescheide über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs i.S.d. § 10 d Absatz 4 EStG bekommen?

    • Offizieller Beitrag

    Hast Du überhaupt Bescheide über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs i.S.d. § 10 d Absatz 4 EStG bekommen?

    raffle-albacore: Das muß dann also auch explizit draufstehen und ist ein gesonderter Bescheid:


  • Danke für Eure Nachrichten, miwe4 und Billy.

    Einen wie von Billy verlinkten Bescheid habe ich nicht bekommen.


    Nun bin ich gerade tatsächlich ziemlich besorgt, dass ich etwas durcheinander gebracht oder vergessen habe.


    Ich habe lediglich den "Bescheid für 2013 (2014 / 2015) über Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag" erhalten.

    Auf diesem steht o.g. Passus ("Der Bescheid ist nach § 165 Abs. 1 Satz 2 AO teilweise vorläufig.").


    Da auf dem Beiblatt folgendes steht: "Die Festsetzung der Einkommensteuer ist gem. § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO vorläufig hinsichtlich [...] der Abziehbarkeit der Aufwendungen für eine Berufsausbildung oder ein Studium als Werbungskosten oder Betriebsausgaben [...]", bin ich davon ausgegangen, dass hiermit implizit der Verlustvortrag gemeint war.


    Ich habe gerade noch einmal nachgeschaut: In den drei von mir mit WISO steuer:Start erstellten und über ELSTER versendeten Steuererklärungen für die Jahre 2013, 2014 und 2015 sind beim Punkt "Verlustausgleich nach §10 d EStG" folgende G.d.E. aufgeführt:

    2013: positiver G.d.E.

    2014: negativer G.d.E.

    2015: positiver G.d.E.


    Im Einkommensteuerbescheid des FA ist der G.d.E. wie folgt:

    2013: positiver G.d.E.

    2014: G.d.E. = 0

    2015: positiver G.d.E.


    Müsste der G.d.E. nicht negativ sind?

    Ich fürchte, dass ich grundlegend etwas falsch verstanden und/oder durchgeführt habe.

    Würdet Ihr bitte Licht ins Dunkle bringen? Ich sehe gerade den Wald vor lauter Bäume nicht mehr...

    • Offizieller Beitrag

    Da auf dem Beiblatt folgendes steht: "Die Festsetzung der Einkommensteuer ist gem. § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO vorläufig hinsichtlich [...] der Abziehbarkeit der Aufwendungen für eine Berufsausbildung oder ein Studium als Werbungskosten oder Betriebsausgaben [...]", bin ich davon ausgegangen, dass hiermit implizit der Verlustvortrag gemeint war.

    Nein, den gibt es erst, wenn ein negativer G.d.E. da ist. Und das FA hat die Kosten für das Studium dann mit Sicherheit (erst einmal) bei den Sonderausgaben berücksichtigt und den Bescheid insoweit nach der genannten Vorschrift als teilweise vorläufig erklärt.


    Ohne negativen G.d.E. gibt es keinen Verlustrücktrag/-vortrag und entsprechend auch keinen Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs auf den 31.12.d.J. . Du kannst insoweit also nur abwarten, was sich in der Rechtsprechung zu dem anhängigen Verfahren tut. ggf. wird das dann von Amts wegen aufgegriffen oder aber mit Allgemeinverfügung als erledigt (endgültig) erklärt. Zur Sicherheit dann nach Verfahrensabschluss des Gerichts das Thema beim FA selber aufgreifen.

  • Nein, den gibt es erst, wenn ein negativer G.d.E. da ist. Und das FA hat die Kosten für das Studium dann mit Sicherheit (erst einmal) bei den Sonderausgaben berücksichtigt und den Bescheid insoweit nach der genannten Vorschrift als teilweise vorläufig erklärt.


    Ohne negativen G.d.E. gibt es keinen Verlustrücktrag/-vortrag und entsprechend auch keinen Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs auf den 31.12.d.J. .

    Ich verstehe. Dann ist der Bescheid vollkommen korrekt und entspricht dem zu Erwartenden aufgrund der momentanen Gesetzeslage.


    Du kannst insoweit also nur abwarten, was sich in der Rechtsprechung zu dem anhängigen Verfahren tut. ggf. wird das dann von Amts wegen aufgegriffen oder aber mit Allgemeinverfügung als erledigt (endgültig) erklärt. Zur Sicherheit dann nach Verfahrensabschluss des Gerichts das Thema beim FA selber aufgreifen.

    Das werde ich machen.


    Gehe ich recht in der Annahme, dass es nicht schaden kann, wenn ich die ESt-Erklärung für 2016 trotzdem schon jetzt mache und nicht erst den Verfahrensabschluss abwarte?


    Ganz herzlichen Dank!

    • Offizieller Beitrag

    Gehe ich recht in der Annahme, dass es nicht schaden kann, wenn ich die ESt-Erklärung für 2016 trotzdem schon jetzt mache und nicht erst den Verfahrensabschluss abwarte?

    Ja, ändert nichts.

    • Offizieller Beitrag

    Du kannst gerne auch hier über den Fortgang in Deiner Sache berichten. Ist bestimmt für viele interessant, da hier sehr oft ähnliche Problematiken auftauchen.