Offener Brief an ING-DiBa

  • Hallo,


    das folgende Feedback habe ich auf der Web-SEite der ING-DiBa an die Bank gesendet. (Ich musste dieses dort allerdings in 6 Teile aufteilen.)


    Sehr geehrte Damen und Herren,


    ich war einigen Jahren zufriedener Kunde Ihres Hauses und Nutzer verschiedener Konto-Produkte.


    Seit der aktuellen Änderungen im Rahmen Ihrer PSD2-Umstellung ist die Zufriedenheit in eine deutliche Unzufriedenheit umgeschlagen. Dies hat verschiedene Gründe, die ich Ihnen im Folgenden darlegen möchte.


    Erstens die Einschränkungen bei FinTS: Warum um alles in der Welt stellen Sie den Betrieb der sichersten aller Banking-Schnittstellen ein? Bisher konnte ich die Kontoführung und Auftragserteilung mit einer Banking-Software (Buhl/Wiso MeinGeld) bequem und ohne Zeitdruck offline durchführen. Die tagtäglich auftretenden Gefahren des Web-Banking durch unerkennbare JavaScript-Attacken oder gar durch versehentlichen Aufruf von gefälschten Banking-Seiten habe ich so erfolgreich vermeiden können. Sie zwingen mich jetzt, für jede Überweisung einen potentiell unsicheren Web-Browser zu verwenden, der beinahe täglich aktualisiert werden muss, um die regelmäßig auftretenenden Gefahren möglichst abzublocken. Ganz davon abgesehen, dass unterschiedliche Web-Browser dazu tendieren, die gleiche Seite unterschiedlich darzustellen, und es bei jedem Browser von heute auf morgen vorkommen kann, dass Features nicht mehr unterstützt werden, die von den Banking-Seiten vorausgesetzt werden, kann in einem Browser grundsätzlich nicht ausgeschlossen werden, dass fehlerhafte oder gar böswillige JavaScript- oder andere Erweiterungen ihr Unwesen treiben und sich in eine laufende Banking-Sitzung einklinken. Zugegeben, die Gefahr einer dadurch ungewollten Transaktion aufzusitzen ist durch die notwendige und auch sinnvolle Absicherung über eine TAN relativ gering, aber der Abfluss von Information aus einer Banking-Sitzung ist für sich alleine genommen auch schon ein Szenario, das man als Kunde nicht wirlich erleben möchte. Aber gerade dieser Gefahr setzen Sie mich als Kunden aus, wenn Sie mir die weitere Verwendung von FinTS für Transaktionen verweigern.


    Zweitens die Veränderung beim Login auf der Web-Seite: Aus den bisherigen drei Faktoren beim Login (Zugangsnummer, PIN und DiBa-Key) wurden durch die neue Anmeldung jetzt fünf Faktoren: Zugangsnummer, PIN und DiBa-Key sind geblieben, zusätzlich muss ich jetzt zweimal(!) eine PIN in der ING-Banking-App eintippen. Davon abgesehen, benötige ich jetzt auch noch ein Smartphone, auf dem die ING-Banking-App laufen muss, dieses ist dann eigentlich schon der sechste Faktor. Und das nur, um mal schnell den Kontostand zu prüfen! (Aber schnell muss man ja sowieso sein, weil mehr als 5 Minuten darf man sich nicht auf einer Seite aufhalten, dann wird man "zur Sicherheit" auch schon mal gerne hinauskomplimentiert. Das, was man eigentlich erledigen wollte kann man ja dann gerne nochmal von vorne beginnen...)


    Drittens die Unmöglichkeit, in Ruhe eine Feedback zu verfassen: Die Seite "Feedback" im Service-Bereich der Banking-Seite erlaubt die Eingabe von gerade mal 1024 Zeichen. Davon abgesehen, dass es für manche Leute seehr schwierig ist, sich unter Verwendung so weniger Zeichen verständlich auszudrücken, besteht außerdem noch das Problem, dass man sich innerhalb von 5 Minuten vollständig darüber klar werden muss, was man überhaupt schreiben will. Braucht man länger, weil man sich bei der Formulierung des Feedback nicht dem üblichen Kurzformat des Internet beugen will, dann wird man gnadenlos aus der laufenden Sitzung herausbefördert, und der gerade begonnene Text des Feedbacks wird unwiederruflich verworfen. Ein solches Verhalten sehe ich mindestens als rüpelhaft an, man könnte allerdings auch der Meinung sein, dass Sie als Bank überhaupt nicht an relevantem Feedback interessiert sind.


    Und Viertens die unverholene Überfrachtung mit Werbung: Schon nach dem Login muss man den ersten Werbe-Block wegklicken, damit überhaupt mal mit der Arbeit beginnen kann. Dann wird auf beinahe jeder Seite, ein Werbe-Block eingeblendet, und zwar genau dort, wo man eigentlich die wichtige Informatiion zu seinem Kontostand erwartet. Setzt man dieses Verhalten in den Kontext der beabsichtigten und bereits teilweise durchgesetzten Abkehr von FinTS, dann erkennt man ganz klar den Grund für diese Entscheidung: Mit FinTS kann man dem Kunden keine Werbung unterschieben. Meiner Meinung nach ist das das wesentliche Argument für diese unselige Entscheidung, FinTS zukünftig nicht mehr zu unterstützen.


    Bitte zeigen Sie mir und den anderen betroffenen Kunden, dass meine Meinung falsch ist! Bekennen Sie sich dazu, FinTS wieder vollständig zu unterstützen und dem mündigen Kunden die Entscheidung zu überlassen, ob er sich den Risiken des Web-Banking aussetzen möchte oder ob er sich lieber der Sicherheit einer bewährten und bequemen Banking-Schnittstelle anvertrauen möchte.


    Zusätzlich möchte ich gleich einem Argument widersprechen, das anscheinend gerne ins Feld geführt wird: Die PSD2 fordernt nicht, dass der Zugang nur noch über Drittanbieter-Schnittstllen laufen darf. Die PSD2 fordert, dass im Falle der Nutzung des Kontos durch einen Dritten eine spezielle Schnittstelle verwendet werden muss, und dass der Dritte sich zur Nutzung dieser Schnittstelle Zertifizieren lassen muss. Bei Verwendung einer Banking-Software mit FinTS ist aber gerade kein Dritter beteiligt, sondern nur ich als Kunde und die Bank als Zweiter Akteur. Dieses Szenario ist durch die PSD2 weder ausgeschlossen noch speziell reguliert, daher ist eben gerade kein Argument für die Einstellung von FinTS.


    Mit freundlichen Grüßen

    Franz-Josef Kaiser

  • Hallo,

    ich kann mich Ihrem Schreiben nur anschließen und bin gespannt, ob und wenn wie die ING darauf reagiert. Nach eigenen Nachfragen bei der ING hat sich bei mir der Eindruck verstärkt, dass die ING lieber auf ein paar "schwierige" Kunden verzichtet und dafür ihre Banking App platziert. Es kann also auf einen Bankenwechsel hinauslaufen.

    Mit freundlichen Grüßen

    der Purist


    P.S. Auch von Buhl-Seite konnte ich nicht gerade viel Engagement bei der Lösung des Problems wahrnehmen

  • peter9999

    vielleicht müssen wir Kunden uns auch mal wieder unserer Möglichkeiten bewusst werden. Ich habe mein Girokonto (nur Zweitkonto) bei der DiBa gelöscht, weil mir das mit der App zu blöd wurde. Depot habe ich immer noch da. Da könnte die Bank aber auch etwas nachlegen. (Stichwort: Vorabbefreiungen bei Quellensteuern). Wir alle müssen dann schauen in welchem Bankhaus man etwas besseres findet und dann aber auch mal konsequent handeln. In den USA funktioniert das. Da reagieren die Unternehmen in der Folge dann auch sehr sensibel auf solche Kundenbewegungen. (Beispiel: Der Umgang der deutschen Autobauer mit den Dieselgeschädigten dort und hier). Wir Europäer (insbesondere wir Deutschen) sind da etwas träge. Wir meckern. Gerne und viel. Aber wir meckern halt nur. Aus diesem Grund bin ich Kunde unterschiedlicher Banken und da fällt das Wechseln dann leichter, weil es nicht immer um das große Ganze geht. Es geht darum Unabhängigkeit aufzubauen um wieder handlungsfähig zu werden.


    Ich finde fjkaiser s Brief Klasse. Wenn die DiBa Kunden verliert soll sie auch wissen warum. Ich habe nach 2 Jahren zB komplett bei der comdirect gekündigt und ich wurde nicht einmal gefragt warum. Das ist schon schräg. In der Marktwirtschaft muss man auch scheitern können, sonst funktioniert sie nicht. Viele Banken offenbaren uns Kunden in der aktuellen Zeit zunehmend deren wahre Unternehmenskultur. Bei manchen ist es enttäuschend und bei anderen ist es okay. Wir müssen auch dafür Verständnis haben, dass die schon länger anhaltende Nullzins-Politik in Kombination mit der Forderung nach "alle kostenlos" eine schwierige Challenge für die Banken ist. Bei meiner Filialbank stelle ich zB immernoch fest, dass sie die Entstehung der Direktbanken noch immer nicht verdaut haben. Die sind richtiggehend angep***t, wenn man dort Kunde ist. Das wirkt auf mich jetzt nicht überlebensfähig, wenn die FinTechs - also aus deren Sicht die übernächste Generation - schon vor ähm in der Tür stehen.

  • P.S. Auch von Buhl-Seite konnte ich nicht gerade viel Engagement bei der Lösung des Problems wahrnehmen

    Was sollen sie denn machen? Die Bank streicht Funktionen und bietet sie nicht mehr an. Momentan ist noch nicht mal entschieden, ob die Funktionalität wieder kommt oder nicht. Im letzteren Fall sind wir wieder bei Screenparsern mit ihrem bekannten Problemen.