Anschaffungsnahe Herstellungskosten: 15%-Regel und Vereinfachungsregel

  • Hallo,


    wir haben uns dieses Jahr ein Haus zur Vermietung gekauft. Nun möchten wir es renovieren - hierzu habe ich gelesen, dass in den ersten drei Jahren nur Aufwendungen mit einem Nettovolumen von bis zu 15% des Gebäudewertes als Erhaltungsaufwand abgesetzt werden können (ansonsten werden diese oder darüber hinausgehende Aufwendungen als anschaffungsnahe Herstellungskosten behandelt). Außerdem fand ich Informationen über die Vereinfachungsregel, welche besagt, dass Aufwendungen bis 4.000 EUR direkt als Erhaltungsaufwand angesetzt werden können.


    Leider finde ich keine Informationen über die Kombination dieser Regeln - daher folgende Fragen:
    - Gilt die Vereinfachungsregel auf für Aufwendungen welche innerhalb der ersten drei Jahre entstehen?
    - Setzt die Vereinfachungsregel die 15%-Regel außer Kraft bzw. wie lautet die korrekte Reihenfolge zur Anwendung dieser Regeln?


    Viele Grüße von der einwenig verwirrten


    Steffi

    • Offizieller Beitrag

    Da gibt es keine Reihenfolge.


    Bis 4.000 € kann immer alles sofort abgesetzt werden.


    Ab 15 % Aufwendungen der Gebäude-Anschaffungskosten (nicht der gesamten Kosten !) sind diese Aufwendungen den Anschaffungskosten des Gebäudes hinzuzurechnen und über die jährliche Abschreibung = 2 % anzusetzen.


    Zu diesen 15 % gehören nicht Aufwendungen, die üblicherweise des öfteren anfallen, wie z.B. tapezieren etc. Die können immer sofort abgesetzt werden.

  • Petz: Danke für deine schnelle Antwort!


    Um sicherzugehen, dass ich deine Antwort richtig interpretiere, hier ein Fallbeispiel:


    Ein Haus wurde 2010 zur Vermietung gekauft, die Gebäude Anschaffungskosten betragen insgesamt 100.000 EUR. 15% sind dann logischerweise 15.000 EUR.


    In der Einkommensteuererklärung 2010 werden folgende Aufwendungen angesetzt:
    - Rechnung Nr. 1 - (z.B. Erneuerung der Fenster) über 4.000 EUR.
    - Rechnung Nr. 2 - (z.B. Erneuerung Einfahrtstor) über 4.000 EUR.
    - Rechnung Nr. 3 - (z.B. Heizungsumbau) über 4.000 EUR
    - Rechnung Nr. 4 - (z.B. Sicherungskasten erneuern) über 4.000 EUR
    - Rechnung Nr. 5 - (z.B. zusätzliche Außenwanddämmung) über 10.000 EUR


    Mit Rechnung Nr. 4 übersteigt die Summe der bisher angesetzten Aufwendungen (4x 4.000 EUR = 16.000 EUR) die 15% der Gebäude Anschaffungskosten.


    Wie verfährt das Finanzamt in diesem Fall? Folgende Möglichkeiten fallen mir spontan ein:


    a) Das Finanzamt erkennt Rechnung 1 bis 4 als Erhaltungsaufwand an. Da die Maßnahmen durch die Vereinfachungsregel als Erhaltungsaufwand abgesetzt werden können. Der Aufwand von Rechnung Nr. 5 wird als anschaffungsnahe Herstellungskosten gesehen und daher abgeschrieben. (-> Vereinfachungsregel gewinnt immer)


    b) Das Finanzamt erkennt Rechnung 1 bis 3 als Erhaltungsaufwand an. Mit Rechnung Nr. 4 übersteigt der Aufwand die 15% und daher werden Rechnung Nr. 4 und Rechnung Nr. 5 als anschaffungsnahe Herstellungskosten abgeschrieben. (-> 15% Regel schlägt Vereinfachungsregel)


    Die Aussage von Petz "Bis 4.000 € kann immer alles sofort abgesetzt werden" lässt mich vermuten, dass Variante a) die korrekte Verfahrenspraxis darstellt… ist das korrekt?


    Hoffentlich versteht ihr, auf was ich hinaus will :)


    Viele Grüße


    Steffi

    • Offizieller Beitrag

    Ich tippe auf Lösung c): alles anschaffungsnaher Aufwand


    Es gibt da in diesem Zusammenhang auch noch so Begrifflichkeiten wie "zurückgestellte Instandhaltungsaufwendungen" etc. . War vielleicht sogar der Kaufpreis entsprechend gemindert? Sprich: günstig.


    Vielleicht doch mal einen Steuerberater hinzuziehen.

    • Offizieller Beitrag

    Wenn die von Dir aufgezählten Sanierungsmaßnahmen z.B. alle im Jahr der Anschaffung erfolgen sollen, so zählen die Gesamtkosten dazu nicht zu den sog. Erhaltungsaufwendungen, sondern zu den Anschaffungskosten, die nur über die jährliche AfA abzusetzen sind. (Siehe dazu auch Petz.)
    Also Vorsicht: In den ersten 3 Jahren nach Anschaffung des Hauses die genannten 15 % nicht überschreiten. Soll heißen: Nach und nach sanieren und nicht alles auf einmal in Angriff nehmen.

  • Zitat

    Also Vorsicht: In den ersten 3 Jahren nach Anschaffung des Hauses die genannten 15 % nicht überschreiten. Soll heißen: Nach und nach sanieren und nicht alles auf einmal in Angriff nehmen.

    Danke! Jetzt ist es mir klar!

  • Ich tippe auf Lösung c): alles anschaffungsnaher Aufwand


    Ich auch.
    Alles zum Kaufpreis zurechnen und mit dem Gesamtpreis der Immobilie abschreiben.
    MfG Günter

  • Hallo,
    da ich mir gerade eine Wohnung anschaffe, beschäftige ich mich mit mit dieser Thematik und bin froh, dieses sehr hilfreiche Forum gefunden zu haben!
    Jetzt bin ich aber auf folgendes gestoßen: Anscheinend hat der BFH ein Urteil gefällt, in dem Maler- und Tapezierarbeiten doch in die 15% mit eingerechnet wurden!
    Das verunsichert mich natürlich...


    Fundstelle: BFH v. 25.8.2009, IX R 20/08, DStR 2009 S. 2476


    Anschaffungsnaher Aufwand: Ermittlung der 15 %-Grenze bei einheitlichen Maßnahmen
    Instandsetzungs- und Modernisierungskosten, die innerhalb von drei Jahren nach Anschaffung
    eines Gebäudes anfallen, sind als Herstellungskosten zu aktivieren, daher nur über die AfA absetzbar,
    wenn sie - ohne Umsatzsteuer - 15 % der Anschaffungskosten übersteigen. In die 15 %-
    Grenze sind üblicherweise jährlich anfallende Erhaltungsarbeiten nicht einzubeziehen.
    Der Käufer eines älteren Zweifamilienhauses ließ folgende Arbeiten ausführen: Austausch einzelner
    Fenster, Fensterbänke und Rollladenkästen; Einsetzen neuer Zargen und Türen; Verlegung
    von Laminat in mehreren Zimmern; Ersetzen von Fliesen in Bad und Küche; Ersetzung von Holzdecken
    durch Rigipsplatten; Verputzen von Wänden und Decken und Neutapezieren; Austausch
    von Bade wannen, Waschbecken und Toilettenschüssel; Erneuerung vergilbter Steckdosen. Die
    Anschaffungs kosten für das Haus betrugen mit Nebenkosten ca. 205.000 €. Die Kosten für die genannten
    Maß nahmen beliefen sich insgesamt auf ca. 31.450 €. Die 15 %-Grenze wäre daher um
    ca. 700 € überschritten, wenn in sie alle Arbeiten einzubeziehen gewesen wären.
    Für sich gesehen wäre zwar ein Teil des Aufwands als Schönheitsreparaturen oder als jährlich
    üblicherweise anfallender Aufwand anzusehen, und damit an sich nicht in die 15 % Grenze einzubeziehen.
    Damit wäre die 15 % Grenze unterschritten, da die übrigen Arbeiten dann unter der
    Grenze gelegen hätten. Der Bundesfinanzhof hat jedoch entschieden, dass Aufwendungen im
    Zuge einer umfassenden Instandsetzung und Modernisierung für die 15 % Grenze zusammenzurechnen
    sind, auch dann, wenn einzelne Maßnahmen für sich gesehen sofort absetzbar wären.
    Das Gericht begründet dies im Wesentlichen damit, dass es sich um eine Pauschalierungs- und
    Vereinfachungsregelung handele. Deren Zweck würde durch eine Aufspaltung zusammenhängender
    Maßnahmen unterlaufen.


    Bin gespannt auf Eure Beiträge!


    Viele Grüße


    Klaus

  • Ich meinte folgendes:


    Petz schrieb am 7.9.10: "Zu diesen 15 % gehören nicht Aufwendungen, die üblicherweise des öfteren anfallen, wie z.B. tapezieren etc. Die können immer sofort abgesetzt werden."


    Dies steht jedoch im Widerspruch zu dem von mir zitierten BFH-Urteil.


    Will sagen: Wenn man sich darauf verläßt, daß z.B. Malerarbeiten nicht in die 15% mit einfließen, kann man anscheinedn schnell in die Falle treten.


    Grüsse

  • Na, das hört sich ja so an, als wenn Du es gar nicht so wichtig findest.


    Wenn es so ist, dann müssen wir solche Dinge ja gar nicht diskutieren...


    Für einen Erwerber einer Immobilie kann es jedoch von großer Bedeutung sein, daß er vorher weiß, wie das gehandhabt wird.


    Sonst kann es passieren, daß er wie im vorliegenden Fall (BFH Urteil) plötzlich einige tausend Euro nicht als Werbungskosten geltend machen kann, obwohl er sich an die entsprechenden Gesetzesnormen gehalten hat!


    Grüsse

    • Offizieller Beitrag

    Für einen Erwerber einer Immobilie kann es jedoch von großer Bedeutung sein, daß er vorher weiß, wie das gehandhabt wird.

    Wenn wir jeden alten Thread hier aktuell halten würden, dann hätten wir viel zu tun. Im Übrigen lernen auch wir durch Literaturstudium und das Internet täglich dazu. Deswegen beunruhigt mich eine Info aus einem Thread auch nicht. Das Urteil kann ja theoretisch durch neuere Rechtsprechung auch schon wieder überholt sein. Und dann müsste man ja auch noch prüfen, was die Finanzverwaltung davon jeweils auch anwendet bzw. durchsetzt. Wer da Spitz auf Knopf rechnet, der schießt sich meistens sowieso ins Knie, weil er sich dann meist verrechnet.


    Ein Erwerber sollte sich bei einer solchen Investition sowieso der Hilfe eines Angehörigen der steuerberatenden berufe bemächtigen. Dieser fällt in solchen Fällen neben einem Architekten kostenmäßig kaum ins Gewicht.

  • war bis 2008 bereits Eigentümer eines Achtel anteils an einer Eigentumswohnung, habe dann weitere 3/8 geerbt und 2010 meine Schwester bezüglich Ihres Anteils ausgezahlt (36000 Euro). Ich habe dann in 2010 12000 Euro und in 2011 noch einmal 10000 Euro in folgende Maßnahmen gesteckt:
    neue Fenster, neue Türen, neue Heizung, neue Paneeldecken, neue Böden ,neues Bad. In 2011 habe ich dann vermietet Es erfolgte keine Standardhebung, sondern nur Austausch von bereits vorhandenen und Anpassung auf den Stand der Technik bezw. zeitgemäße Gestaltung.


    Bezüglich 50 % liege ich weit ausserhalb der ersten 3 Jahre, bezüglich weiterer 50 % mittendrin. Heißt das, ich kann 50 % der Aufwendungen sofort geltend machen und muss die restlichen 50 % abschreiben? Oder kommen die 15 % da gar nicht zur Anwendung bzw. kann ich mich auf eine einheitliche Behandlung berufen, bzw. dass ich bereits vorher Teileigentümer war. Die Herauszahlung an meine Schwester war entsprechend gering, weil ich bestehende Lasten übernommen habe? Kann ich das einrechnen?

    • Offizieller Beitrag

    freixenetter
    Typischer Fall für einen Steuerberater. Du hast ja drei Erwerbs-/Anschaffungsvorgänge, die ja hinsichtlich der Anschaffungskosten, und somit der AfA, sowieso jeweils gesondert abzuhandeln sind. Evtl. sogar noch teilentgeltlicher Erwerb von der Schwester. Ggf. erfolgt da dann insgesamt eine prozentuale Zuordnung der Umbaukosten. Aber das ist wirklich kein Fall für ein Forum.

  • Wir haben unser Haus (Baujahr 1966) im Jahre 2005 erworben. Gebäudeanschaffungskosten 180.000Euro.
    In 2012/13 haben wir den bereits bestehenden und bisher vermieteten Dachausbau nach KfW-Vorgaben kernsaniert (Maßnahmen energetisches und altersgerechtes Sanieren). Kosten dafür etwa 60.000Euro.
    + Greift hier (7/8 Jahre nach Erwerb!) auch die 15%-Regel und sind somit alle Aufwendungen Herstellungskosten?
    + Oder muss ich mit dem Finanzamt "nur noch" über die "Wesentliche Verbesserung" verhandeln? Denn sofern die Verbesserungen über eine zeitgemäße Erneuerung/Anpassung an den technischen Fortschritt NICHT hinausgehen, können die Kosten als Erhaltungsaufwand abgerechnet werden.
    Stichwort "Typisierung" des Wohnungsstandard über vier zentrale Ausstattungsmerkmale: Heizung, Sanitär, Elektro,Fenster.
    + Meine Infos u.a. über HGV Berlin Steglitz
    Danke für eure Einschätzungen im Voraus.

    • Offizieller Beitrag
  • Es geht mir hauptsächlich und passend -- wie die Überschrift verriet -- um die 15%-Regel:
    Wie sieht es explizit NACH 3 Jahren mit den Herstellungskosten aus? Dürfen hier im Umkehrschluss mehr als 15% der Anschaffungskosten als Erhaltungsaufwendungen abgesetzt werden?
    Den Link von Herrn Beck (Erhaltungsaufwand.pdf) hatte ich bereits als Basiswissen angeführt...

    • Offizieller Beitrag

    Nein.


    Zunächst müssen Sie abgrenzen, ob es sich bei den jeweiligen Kosten um Erhaltungs- oder um nachträglich Anschaffungs- und Herstellungskosten handelt.


    Handelt es sich per Definition um Anschaffungs- und Herstellungkosten, werden diese über die Restnutzungsdauer (des Hauses) abgeschrieben.


    Handelt es sich per Definition um Erhaltungsaufwendungen, dann ist danach zu prüfen, ob die Erhaltungsaufwendungen innerhalb der ersten 3 Jahre 15% der ursprünglichen Anschaffungs- und Herstellungskosten erreichen bzw. übersteigen. Wenn ja, dann sind die Erhaltungsaufwendungen wie Anschaffungs- und Herstellungskosten zu behandelt und über die Restnutzungsdauer abzuschreiben.