Doppelbesteuerung von Renten

Hoffnung für zukünftige Rentner

Der Bundesfinanzhof hat 2 Klagen gegen die doppelte Besteuerung von Renten abgewiesen. Es liege in beiden Fällen keine Doppelbesteuerung vor – und die Regelung sei somit verfassungsgemäß. Dennoch verlangten die Richter Änderungen, die vor allem künftigen Rentnern zugutekommen. Was die Urteile bedeuten, zeigen wir in diesem Beitrag.

Doppelt besteuerte Rente: Worum geht es?

Eine Frage, die die Gemüter bewegt, lag zuletzt auf dem Tisch des Bundesfinanzhofs (BFH): Werden Renten versteuert, die aus zuvor bereits versteuertem Einkommen gezahlt wurden? Dann läge eine doppelte Besteuerung vor – und diese ist gemäß Bundesverfassungsgericht nicht erlaubt.

Stein des Anstoßes waren Klagen zweier Rentner gegen ihre Steuerbescheide (X R 20/19 und X R 33/19). Sie klagten gegen die Handhabe bei der Umstellung der Rentenbesteuerung, die im Jahr 2005 begonnen hat und bis zum Jahr 2040 abgeschlossen sein wird.

Klagen abgewiesen

Diese Klagen wies der BFH nun zurück. In beiden Fällen sei die Regelung verfassungsgemäß und eine verbotene Doppelbesteuerung liege nicht vor. Somit schlossen die Richter sich den Vorinstanzen an, die die Klagen bereits abgewiesen hatten.

Ein Aber gibt es aber dennoch:

Hoffnung für Millionen Rentner

Die Richter verlangten eine Änderung der Rentenbesteuerung. Denn durch die aktuellen Übergangsregelungen droht vor allem künftigen Rentnern eine doppelte Besteuerung ihrer Rente.

Hier liegt die Gefahr der Doppelbesteuerung

Der für jeden neuen Rentnerjahrgang geltende Rentenfreibetrag wird mit jedem Jahr kleiner. Dieser würde künftig nicht mehr ausreichen, um die aus dem versteuerten Einkommen geleisteten Teile der Rentenversicherungsbeiträge zu kompensieren.

Somit können Millionen jetzige und auch zukünftige Rentner auf eine Entlastung hoffen!

Richter forderten neue Berechnung

Bei den 2 Einzelverfahren ging es um eine ganze Reihe komplizierter Einzelfragen. Beispielsweise darum, ob Grundfreibeträge, Sonderausgabenabzüge für die aus der Rente zu zahlenden Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge sowie steuerfreie Zuschüsse der Rentenversicherungsträger zur Krankenversicherung angerechnet werden müssen oder nicht.
  • Vor allem der Grundfreibetrag müsse zukünftig bei der Besteuerung der Rente ausgeklammert werden.
  • Auch Kranken- und Rentenversicherungsbeiträge dürfen in die Berechnung nicht mit einbezogen werden.
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Die beiden Fälle im Überblick

Die erste Klage

Geklagt hatte ein ehemaliger Zahnarzt, der seine Rente doppelt besteuert sah. Und tatsächlich: Das Finanzamt bestätigte dies! Doch der Unterschiedsbetrag von lediglich 100 Euro fiel im Vergleich zur Einkommensteuerzahlung von knapp 100.000 Euro so gering aus, dass die Finanzbehörde den Differenzbetrag als Bagatelle ansah — und nicht erstattete.

Die zweite Klage

Geklagt hatte ein Steuerberater. Zuerst gesetzlich versichert, wechselte er später in die freiwillige Rentenversicherung. Um eben diese ging es in der Klage. Die Beiträge daraus zahlte er aus seinem Nettoeinkommen. Die Rente wurde später zu 54 Prozent versteuert — für ihn eine klare Doppelbesteuerung. Auch wurde in diesem Fall bemängelt, dass Grundfreibetrag, Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge etc. mit einberechnet wurden.

Was ändert sich jetzt für Rentner?

In der kommenden Legislaturperiode soll die eindringlich geforderte Änderung der Rentenbesteuerung zusammen mit einer Reform der Einkommensteuer durchgesetzt werden. Daher können Arbeitnehmer nach der Bundestagswahl im September auf niedrigere Steuern hoffen.

Möglich wäre dies durch eine frühere Umsetzung der für 2025 vorgesehenen vollen Steuerbefreiung der Rentenbeiträge.

Steuerbescheide von Rentnern ab sofort vorläufig

Einkommensteuerbescheide für Veranlagungszeiträume ab dem Jahr 2005 erhalten jetzt einen Vorläufigkeitsvermerk für die Rentenbesteuerung (Schreiben vom 30.08.2021). Denn ein Einspruch ist nun nicht mehr nötig.

Was ist ein Vorläufigkeitsvermerk?

Den Vermerk findest du zu Beginn deines Steuerbescheides. Er lautet „Der Bescheid ist nach § 165 Abs. 1 AO teilweise vorläufig“. Da er nicht den gesamten Steuerbescheid, sondern nur den Punkt der Rentenzahlungen betrifft, wird die Begründung nach der Steuerberechnung nochmals aufgelistet.

Wurden keine anderen Punkte deiner Steuerberechnung vorläufig gestellt, fällt nur die Rentenbesteuerung unter die Vorläufigkeit. In allen anderen Punkten hat der Bescheid nach Ablauf der Einspruchsfrist von 4 Wochen Bestandskraft.

Die Vorläufigkeit wird erst beendet, wenn ein Urteil ergangen ist. Erst dann kann das Finanzamt den Punkt überarbeiten – und einen endgültigen Steuerbescheid ausstellen.

Was bedeutet der Vorläufigkeitsvermerk für mich?

  • Im Falle eines positiven Urteils der Verfassungsrichter können sich Rentner darauf berufen, ohne zuvor einen Einspruch gegen den Bescheid eingelegt zu haben. Achtung: Davon betroffen sind aber nur Bescheide, die ab dem 30.08.2021 ergehen und den Vorläufigkeitsvermerk enthalten. Alte Bescheide sind bestandkräftig und können nicht mehr angefochten werden.
  • Aber auch: Ergeht eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes oder des Bundesfinanzhofes, müssen sie dem Finanzamt eventuell weitere Unterlagen vorlegen, um die vermeintliche Doppelbesteuerung nachzuweisen. Dazu gehören etwa die jährlichen Rentenbezugsmitteilungen sowie alle Steuerbescheide, aus denen sich die eingezahlten Beiträge in die Rentenkasse ergeben.

Was muss ich tun?

Überprüfe deinen Steuerbescheid genau, ob er auch wirklich den Vorläufigkeitsvermerk enthält. Sollte das nicht der Fall sein, wende dich umgehend an deinen zuständigen Bearbeiter im Finanzamt.

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Umstellung des Besteuerungssystems schuld

Doch: Warum die Ungerechtigkeit bei der Besteuerung? Schuld ist eine langwierige Systemumstellung. Im Jahr 2002 klagte ein Pensionär wegen Ungleichbehandlung von Renten und Pensionen vor dem Bundesverfassungsgericht. Denn Pensionszahlungen wurden damals bereits in voller Höhe besteuert.

Die Richter prüften, gaben schließlich dem Mann recht und legten so die Weichen für einen kompletten Systemwechsel. Gleichzeitig betonten sie: Eine Doppelbesteuerung sei verfassungswidrig.

Bis 2005: Vorgelagerte Besteuerung

Bis 2005 galt das System der vorgelagerten Rentenbesteuerung, und dies war relativ simpel: Ein Arbeitnehmer zahlte die Rentenbeiträge aus bereits versteuertem Einkommen. Das heißt, die Zahlungen wurden nicht von der Steuer abgesetzt. Im Gegenzug dazu blieb die Rente weitgehend steuerfrei.

Besteuerung des Ertragsanteils:

Die Besteuerung beschränkte sich allein auf den sogenannten Ertragsanteil. Dies ist der hochgerechnete Anteil der Rente, der aus erhaltenen Zinsen der eingezahlten Beiträge bestand. Der Ertragsanteil betrug, abhängig vom Renteneintrittsalter, lediglich zwischen 27 und 35 Prozent. Dieses System war vor allem für Arbeitnehmer von Vorteil, da die Hälfte der Rentenbeiträge steuerfrei war. Denn der Arbeitgeberanteil zählt nicht zum Bruttoeinkommen.

Ab 2005: Nachgelagerte Besteuerung

Seit 2005 wird das Rentensystem Schritt für Schritt von der vorgelagerten auf die nachgelagerte Besteuerung umgestellt. Nachgelagerte Rentenbesteuerung bedeutet, dass Alterseinkünfte erst dann versteuert werden, wenn sie ausgezahlt werden – also im Ruhestand.

Davor liegt die Erwerbsphase. Die Beiträge zur gesetzlichen Rente und ihr gleichstellten Versicherungen werden aus dem steuerpflichtigen Einkommen gezahlt. Diese werden bis zu einem jährlichen Höchstbetrag nicht versteuert. Du kannst deine Beiträge zur Altersvorsorge sogar teilweise als Sonderausgaben von der Steuer absetzen.

Umstellung bis 2040

Im Gegenzug müssen nun die Renteneinkünfte im Alter besteuert werden. Die Umstellung erfolgt Schritt für Schritt – und endet im Jahr 2040. Wie hoch der steuerpflichtige Anteil ist, hängt von dem Jahr ab, in dem erstmalig Rente bezogen wird.

  • Im Jahr 2005 lag dieser bei 50 Prozent.
  • Dieses Jahr (2023) werden 83 Prozent versteuert.
  • Ab 2040 werden Rentenzahlungen zu 100 Prozent versteuert – und damit die Rentenbesteuerung an die Besteuerung von Beamten- und Betriebspensionen angeglichen.

Hier gilt es den Grundfreibetrag zu beachten: Liegen die Einkünfte darunter, fällt keine Steuer an. Dieser beträgt im Jahr 2024 11.604 Euro  (Ehepartner 23.208 Euro).

Das Bundesministerium der Finanzen veröffentlicht jährlich eine Übersicht, bis zu welcher Grenze bei Renten keine Steuer anfällt. Die Betragsangaben gelten für alleinstehende Rentner, die keine anderen Einkünfte beziehen. Die Übersicht für 2020 kannst du hier herunterladen.

Der zu Rentenbeginn ermittelte steuerfreie Teil bleibt die gesamte Rente bis zum Lebensende gleich. Und zwar in Form eines feststehenden Betrages – dem jährlichen Rentenfreibetrag. Er ändert sich nur bei außerordentlichen Rentenzahlungen, wie beispielsweise durch die Einführung der Mütterrente im Jahr 2014.

Warum diese umständliche Übergangsregel?

Ein sofortiger Systemwechsel hätte die öffentlichen Haushalte überfordert. Arbeitnehmer hätten plötzlich keiner Steuern mehr auf ihre Rentenbeiträge zahlen müssen. Diese Zahlungen stellen jedoch eine feste Größe in der Haushaltsplanung des Bundes dar.

Zudem hätten Rentner, die ab 2005 im Ruhestand gegangen sind, ohne die schrittweise Umstellung ihre Rente bereits voll versteuern müssen. Und das, obwohl ihre Einzahlungen in die Rentenkasse stets versteuert wurden – ein klarer Verstoß gegen das Doppelbesteuerungsverbot!

Nach wie vor gibt es Renten, die mit dem Erwerbsanteil besteuert werden. Welche das sind, erfährst du in unserem Beitrag Ertragsanteil Rente.

Wie hoch wird meine Rente versteuert?

Der steuerpflichtige Rentenanteil hängt vom Jahr des Renteneintritts ab. Für das Jahr 2023 beträgt dieser 83 Prozent für Neurentner. Der Prozentsatz steigt Jahr für Jahr bis auf 100 Prozent im Jahr 2040 an.

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