4. August 2022

kurz & bündig – August 2022

Abstellgenehmigung für Pakete  

Bundesgerichtshof kippt AGB-Klausel 

Gleich mehrere Klausen in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) des Paketzustellers GLS hat der Bundesgerichtshof (BGH) auf eine Klage der Verbraucherzentrale NRW hin gekippt (AZ I ZR 212/20). In einer hatte GLS geregelt, dass ein Paket als zugestellt gilt, wenn es am vereinbarten Ablageort abgestellt wurde, und zwar ohne verpflichtende Benachrichtigung an den Empfänger. Das sei ein Verstoß gegen das Gebot von Treu und Glauben, urteilten die Richter. Ohne Benachrichtigung, die dem Paketzusteller den Richtern zufolge möglich und zumutbar ist, kann der Empfänger die Sendung nicht möglichst schnell an sich nehmen. Das birgt das Risiko, dass die Sendung von einem für Dritte zugänglichen Ort entwendet wird.

Auch die Klausel zum Öffnen von Postsendungen kippte der BGH. Der von GLS verwendete Wortlaut zielte in den Augen der Richter darauf ab, sich bereits bei einem Verdachtsmoment ohne konkrete Gefährdung Kenntnis vom Inhalt der Sendung zu verschaffen. Damit fehlt der beanstandeten Klausel eine Rechtfertigung zum Eingriff in das Postgeheimnis. Des Weiteren erklärten die Richter die Angaben zu verderblichen und temperaturgeführten Gütern für intransparent und daher unzulässig. Verbraucher könnten den vorgesehenen Beförderungsausschluss so verstehen, dass keine Güter versandt werden dürfen, die während des Transports verderben können, so die Begründung der Karlsruher Richter. „Da der Verbraucher jedoch die Bedingungen während des Transports nicht kennt, bleibt für ihn unklar, welche Güter in diesem Sinne verderblich sind.“

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Entschädigung bei verpasstem Flugzeug

Sicherheitskontrolle muss zügig gehen

Führt eine langsame Sicherheitskontrolle dazu, dass Reisende ihr Flugzeug verpassen, haben sie Anspruch auf Entschädigung. Dafür müssen sich Passagiere aber entsprechend der Hinweise des Flughafens rechtzeitig zum Check-in eingefunden haben sowie ohne erhebliche Verzögerungen zur anschließenden Sicherheitskontrolle gekommen sein. Dies hat das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt entschieden und die Berufung der Bundesrepublik Deutschland, die für Sicherheitskontrollen an deutschen Flughafen zuständig ist, abgewiesen (AZ 1 U 220/20). Das OLG begründete sein Urteil damit, dass ein Fluggast sich nicht auf eine beliebige Dauer der Sicherheitskontrolle einstellen müsse, sondern sich nach den Empfehlungen des Flughafenbetreibers oder den Vorgaben der Fluggesellschaft richten darf. Im konkreten Fall hatte ein Passagier seinen Flug von Frankfurt in die Dominikanische Republik verpasst. Er hatte nachweisbar den Check-in um 9 Uhr für den 11:50 Uhr geplanten Abflug absolviert. Nach Bekanntgabe des Gates für den Abflug hatte sich der Reisende um 10 Uhr in die Warteschlange der Sicherheitskontrolle eingereiht und war damit früher als die empfohlenen 90 Minuten. Um den Anspruch geltend zu machen, müssen Betroffene die Bundesrepublik Deutschland auf Schadensersatz verklagen.

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Unfall auf Baumarktparkplatz

Rücksichtnahme statt „rechts vor links“

Die Vorfahrtregel „rechts vor links“ ist nicht universell. Parkplätze von Bau- und Supermärkten können eine Ausnahme darstellen, selbst wenn der Betreiber die Geltung der Straßenverkehrsordnung anordnet. „Kreuzen sich zwei dem Parkplatzsuchverkehr dienende Fahrgassen eines Parkplatzes […], gilt für die herannahenden Fahrzeugführer das Prinzip der gegenseitigen Rücksichtnahme […]“, unterstreicht das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) in seinem Urteil (AZ 17 U 21/22). „Das heißt, jeder Fahrzeugführer ist verpflichtet, defensiv zu fahren und die Verständigung mit dem jeweils anderen Fahrzeugführer zu suchen.“

Im konkreten Fall ging es um einen Unfall auf einem Wiesbadener Baumarktparkplatz. Das OLG wies an, dass sich beide Unfallparteien den Schaden hälftig teilen müssen: Der Beklagte könne nicht geltend machen, dass sein Vorfahrtsrecht verletzt wurde. Die Regeln der Straßenverkehrsordnung auf öffentlich zugänglichen Privatparkplätzen seien grundsätzlich anwendbar, Fahrgassen auf Parkplätzen seien jedoch keine dem fließenden Verkehr dienenden Straßen. Sie gewährten deshalb keine Vorfahrt. Etwas anderes gelte nur, wenn die angelegten Fahrspuren eindeutig Straßencharakter hätten und sich bereits aus ihrer baulichen Anlage ergebe, dass sie nicht der Suche von freien Parkplätzen dienten, sondern der Zu- und Abfahrt. Für einen solchen Straßencharakter könne etwa die Breite der Fahrgassen sprechen oder auch bauliche Merkmale wie Bürgersteige, Randstreifen oder Gräben.