18. Februar 2024

Digitaler Nachlass: Für immer abgemeldet?

Die Digitalisierung fordert das 100 Jahre alte Erbrecht heraus. Zugriffsrechte auf E-Mail-Konten, auf Datenbanken mit bezahlten digitalen Gütern wie Musik und Filmen, auf soziale Netzwerke mit eigenen Fotos, auf Online-Plattformen und Streamingdienste sind neue Aspekte, die kein Gesetz regelt. Bislang legen Online-Anbieter selbst fest, wie sie den Zugang zum digitalen Nachlass praktisch handhaben – ein undurchschaubares Wirrwarr unterschiedlicherRegelungen.

Immerhin hat der Bundesgerichtshof (BGH) im Jahr 2018 entschieden, dass das digitale Erbe gleich zu behandeln ist wie das analoge: Es wird Teil der Erbmasse. Klare und einheitliche Verpflichtungen für Online-Anbieter im Umgang mit dem digitalen Erbe gibt es aber nicht. Wer seine Angelegenheiten in der Online-Welt nicht regelt, riskiert, zur „Account-Leiche“ oder zum „Passwort-Zombie“ zu werden und viel Arbeit für die Erben zu hinterlassen. Denn für die Erben beginnt nach dem Erbfall oft eine sehr mühsame Spurensuche.

So auch im Fall von Mareike S. Viele Verträge ihres verstorbenen Mannes waren nur digital verfügbar. Wer erbt, muss daher oft langwierig nachforschen, wo der oder die Verstorbene aktiv war. Ein Großteil wichtiger Informationen waren für Mareike S. zudem gar nicht zugänglich – und zwar alles, was sich hinter Passwortschranken im Internet befand. Selbst die Verbraucherzentrale hatte Mühe, die einschlägigen Kontaktdaten einiger Anbieter ausfindig zu machen, um für die Verbraucherin einen Zugang zu den Accounts zu erwirken. Ein Punkt, den die Verbraucherzentrale bemängelt: Es muss für Erben möglich sein, selbst einen Kontakt zum Anbieter herzustellen und das Ganze ohne Formularkrieg zu regeln. Auch sollte es nicht willkürlich in der Hand der Anbieter liegen zu entscheiden, was vom digitalen Nachlass auf die Erben übergeht und was nicht.

Die Verbraucherzentrale rät daher, sich noch zu Lebzeiten um den digitalen Nachlass zu kümmern. Verbraucher sollten Vorbereitungen treffen und selbst entscheiden, was weiterleben soll, und einer vertrauten Person dafür die Vollmacht erteilen. Hierzu sollte man eine Übersicht aller Accounts, inklusive Sozialer Medien und Mailadressen, mit Benutzernamen und Kennwörtern anfertigen und aktuell halten. Ob das Verzeichnis der digitalen Inhalte in Papierform oder digital geführt wird, ist vor allem eine Frage der Praktikabilität und Datensicherheit.

Andrea Steinbach ist Juristin bei der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz und im Fachbereich Digitales & Verbraucherrecht tätig. Sie unterstützt die Beratungen in rechtlichen Fragen, ist Ansprechpartnerin für Medienanfragen und vertritt Verbraucherbelange gegenüber Politik und Unternehmen.