23. November 2022

Dschungel voller falscher Schlangen?

 

Immer mehr Menschen möchten mit ihrem Geld neben einer angemessenen Rendite auch einen positiven Beitrag für den Klimaschutz, die Umwelt oder ethische und soziale Belange leisten. Die anhaltende Klimadebatte erhält zurzeit durch den Ukraine-Krieg und die damit schmerzlich aufgedeckten Abhängigkeiten von fossilen Energiequellen neuen Aufwind. Der Wunsch, in grüne Energien zu investieren, wird so noch verstärkt. Die Nachfrage ist also da. Das haben auch die Anbieter erkannt. Doch wie kommen Sie zu Ihrer nachhaltigen Geldanlage?

Die gute Nachricht vorweg: Für alle Anlageformen gibt es nachhaltige Varianten. Sie bergen die gleichen Ertragschancen und Verlustkriterien wie konventionelle Geldanlagen. Wie hoch diese also ausfallen, hängt in erster Linie von der Anlageform ab. Persönliche Bedürfnisse sind ebenfalls zu beachten.

Das Angebot an nachhaltigen Produkten ist unübersichtlich. Finanzprodukte sind zudem unterschiedlich nachhaltig, quasi „hellgrün“ oder „dunkelgrün“. Echte Impact-Produkte (mit eindeutig messbarer Wirkung) werden bisher kaum angeboten. Nachhaltige Finanzprodukte erkennen Sie außerdem an den Kürzeln ESG (environmental, social, governance) beziehungsweise SRI (socially responsible investment) oder an Namenszusätzen wie „sustainable“, „grün“, „nachhaltig“ oder „Klima“.

Das Problem: Es gibt keine einheitliche Definition für nachhaltige, ethisch-ökologische oder grüne Geldanlagen. Der Begriff ist nicht geschützt und es gibt keine Mindeststandards. Jeder Anbieter kann etwas anderes damit meinen. Auch kursieren Werbe- und Wirkungsaussagen, die mehr versprechen als sie halten können. Siegel und Label sind allenfalls eine Orientierung. Keines umfasst eine komplette Marktabdeckung. Denn für die Bewertungsprozesse gibt es keine einheitlichen Standards. Die Einschätzung für identische Produkte kann daher unterschiedlich ausfallen. Auch wenn die EU die Problematik erkannt hat und bereits erste Schritte in Richtung EU-Ökolabel unternommen wurden, wird es noch einige Zeit dauern, bis ein staatliches Siegel zur Verfügung steht.

Mein Tipp: Informieren Sie sich eingehend über nachhaltige Geldanlagen und begegnen Sie Siegeln und Labeln mit einer gesunden kritischen Haltung. Die intensive Auseinandersetzung mit dem Thema kann sich lohnen. Und auch Ihre Kinder werden es Ihnen danken.

Stephan Göhrmann ist Leiter des Referats Kommunikation und Pressesprecher der Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein. In dieser Tätigkeit steht er im ständigen engen Austausch mit den einzelnen Fachreferaten.