12. Juli 2023

Mehrweg statt Müllberg

Seit diesem Jahr müssen Gastronomiebetriebe für Einwegverpackungen aus Kunststoff eine Mehrwegalternative anbieten. Leider gibt es einen Wermutstropfen: Pizzakartons, Styroporboxen, Papiertüten und Alufolie brauchen vorerst keine Alternative. Nichtsdestotrotz ist die Mehrwegpflicht für Essen zum Mitnehmen ein wichtiger Schritt zur Müllvermeidung und damit zum Umweltschutz.

Mein Eindruck im Alltag ist allerdings: Das Ganze läuft nur sehr schleppend an. Auch ich ertappe mich dabei, dass ich im To-go-Bereich zu wenig auf Mehrweglösungen achte. Aber warum eigentlich? Okay, zunächst einmal muss die Gastronomie überhaupt Mehrweg anbieten und auch darauf hinweisen. Das ist zwar vorgeschrieben, aber es klappt noch nicht überall. Aber selbst wenn ich nicht auf den ersten Blick erkenne, ob eine Mehrwegoption angeboten wird: Ich könnte ja einfach danach fragen oder meinen eigenen Behälter mitbringen und ihn befüllen lassen. Aber das fühlt sich irgendwie komisch an, als würde ich Umstände machen. Und dann lasse ich es lieber, weil der alte Weg der einfachere ist. Und die Schlange hinter mir ist lang.

Ein weiterer Punkt: Durch das Pfand und die damit verbundene Rückgabe der Gefäße stehe ich plötzlich vor logistischen Fragen, die ich lösen muss. Gehe ich in den nächsten Tagen wirklich wieder zum selben Imbiss? Werde ich die Dose woanders los oder muss ich sie noch eine Woche mit mir herumschleppen? So wird aus Mehrweg schnell Mehraufwand. Das ist unbequem. Aber dann muss ich an diese unglaubliche Zahl denken: 770 Tonnen. Das ist die Menge an Müll, die in Deutschland derzeit im To-go-Bereich durch Einwegverpackungen aus Kunststoff entsteht. Nicht pro Jahr, sondern pro Tag. Und ein Teil davon landet nicht auf der Deponie, sondern in der Umwelt. Laut EU-Kommission bestehen 80 bis 85 Prozent des Meeresmülls aus Kunststoff, die Hälfte davon sind Einwegkunststoffartikel.

Sollten wir deshalb nicht jede Chance nutzen, diesen riesigen Müllberg ein wenig schrumpfen zu lassen? Zum Beispiel, indem wir beim Imbiss nebenan doch einfach nach einer Mehrwegverpackung fragen? Ich denke schon. Man muss nur anfangen und irgendwann wird das Unbequeme zum Gewohnten. Und die Pizzakartons, die Brötchentüten aus Papier und die Döner in Alufolie nehmen wir uns dann auch noch vor.

Tina Hanke ist Fachberaterin im Bereich Lebensmittel und Ernährung bei der Verbraucherzentrale Thüringen. Ihr liegt vor allem das Thema nachhaltige Ernährung sowie der Kampf gegen Lebensmittelverschwendung am Herzen.