23. November 2022

Milliardenschwerer Markt

© SFIO CRACHO/Shutterstock

Personalisierte Werbung in Apps und auf Websites ist eine lukrative Sache. Daher verwundert es nicht, dass sowohl viele Internetkonzerne als auch Unternehmen aus verschiedenen Branchen Geld damit machen. Ein neuer Bericht legt offen, welche finanzielle Dimension dieser Datenhandel hat. Und er macht auf einen wunden Punkt aufmerksam: EU-Datenschutz unterbindet die Weitergabe von Daten nicht grundlegend. Warum ist Datenhandel ein lohnendes Geschäft? Und welche Maßnahmen können Verbraucher für mehr Kontrolle treffen?

Nach welcher Adresse sucht man gerade? Was wird die nächste Website sein, auf die man geht? Welche Schlagwörter sind aktuell besonders beliebt? Antworten auf diese Fragen geben die eigenen Daten, die beim täglichen Streifzug durch das Internet und Apps Spuren hinterlassen. Ein aktueller Bericht der Datenschutzorganisation „Irish Council for Civil Liberties“ (ICCL) unterstreicht die Gefahr, die davon ausgeht.

Demnach greifen in Europa tausende Unternehmen täglich 197 Milliarden Mal persönliche Daten ab, nicht zuletzt über Gewinnspiele, Preisausschreiben, Verlosungen oder Informationsveranstaltungen – und schlagen daraus Profit, teils sogar durch missbräuchliche Nutzung. Als gefährlich stuft der Bericht beispielsweise ein, dass Teilnehmer der „Black Lives Matter“-Proteste bereits verfolgt wurden und ein schwuler, katholischer Priester geoutet wurde.

Deals in Millisekunden
Real Time Bidding (RTB) bezeichnet das Verfahren, das hinter diesem Datenhandel steckt und auf welches sich der ICCL-Bericht beruft. Es ist ein Echtzeit-Auktionsverfahren, bei dem der höchstbietende Werbetreibende einen Anzeigenplatz auf Websites ersteigert. Passgenaue Werbung, die innerhalb von Millisekunden auf Verbraucher zugeschnitten wird, erscheint in der Folge auf deren Smartphones, Tablets oder Computern. Noch während die Website lädt, auf der Nutzer gerade surfen, ist das Auktionsverfahren bereits abgeschlossen.

Die Umsetzung ist technisch gesehen ein komplexes Unterfangen. Sie fußt aber immer auf derselben Grundlage: auf Daten, die über technische Schnittstellen zwischen Website-Anbietern und Werbetreibenden hin- und hergesendet werden. Darunter fallen nicht nur Informationen zum Standort oder zum Gerät, welches gerade benutzt wird. Sensible Daten – wie Alter, Geschlecht und Hobbys – zählen auch dazu. In Deutschland wird eine Person im Netz den Zahlen des ICCL-Berichts zufolge etwa durchschnittlich jede Minute getrackt beziehungsweise vermessen. Diese Vorgänge laufen im Hintergrund ab und bleiben für Nutzer unbemerkt. Das Fazit der Bürgerrechtsorganisation: RTB ist die größte Datenschutzverletzung, die jemals erfasst wurde.

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Victoria Graul ist freie Journalistin und engagiert sich auf vielen Ebenen mit eigenen Workshops und Vorträgen zu den Themen Desinformation, Faktencheck und Medienkompetenz. Sie betreibt den Podcast „Digga Fake – Fake News & Fact-Checking“. Davor arbeitete sie als Online-Redakteurin, unter anderem für die Freie Presse und das RND RedaktionsNetzwerk Deutschland.