11. Dezember 2015

So machen Sie Ihr Fahrrad wieder fit

© Kzenon/Fotolia.com

Spätestens wenn die ersten warmen Sonnenstrahlen locken, holen viele ihr Fahrrad aus dem Keller. Vor der ersten Tour sollte das Rad gründlich durchgecheckt werden, damit man auch sicher durch den Straßenverkehr kommt – die Inspektion kann beispielsweise eine Werkstatt durchführen. Wer sich selbst um sein Fahrrad kümmern will, braucht gewisse Grundkenntnisse, dann kann er viel Geld sparen.

Häufig ist es günstiger, selbst zu schrauben, zu ölen und zu montieren. Außerdem lässt sich viel Zeit sparen, wenn man das Fahrrad zum Start der Saison nicht in eine überfüllte Werkstatt gibt. Voraussetzung dafür, das Fahrrad selbst zu reparieren: Geschick, Wissen und das passende Werkzeug. Wer sich unsicher ist, was er bei Wartung und Inspektion alles beachten muss, erhält in Reparier-Cafés, offenen Werkstätten oder auch in Ratgebern Tipps und Hilfe. Nur wenn wirklich etwas kaputt ist, Spezialwerkzeug gebraucht wird oder wichtige Teile ausgetauscht werden müssen, kann es nötig sein, einen Experten aufzusuchen. In dem Fall gilt: Sicherheit geht vor! Ansonsten können die meisten Pflege- und Kontroll-Maßnahmen aber allein erledigt werden. Die wichtigsten Schritte für einen sicheren Start in die Fahrrad-Saison:

Alles gründlich reinigen

Wenn das Fahrrad eine längere Zeit nicht benutzt wurde oder von den harschen Einflüssen des Winters stark verschmutzt ist, kann es einen gründlichen Frühjahrsputz gebrauchen. Das dient auch der eigenen Sicherheit, denn Feuchtigkeit, Dreck und im Winter Streusalz schaden den Einzelteilen. Kleine Risse, Beulen und Abnutzungen des Materials werden erst im sauberen Zustand sichtbar. Unbeachtet können sie im schlimmsten Fall zu Materialverschleiß und dann zu Brüchen führen. Das wünscht sich keiner während der Fahrt durch den Wald oder im Straßenverkehr.

Kleine Schmutzpartikel können sich außerdem in die Lager fräsen und so das Material schneller abnutzen. Am besten das Rad mit viel Wasser und etwas Spülmittel waschen und mit einem alten Lappen die Kette und alle Ritzel abwischen. Stärkere Reinigungsvorgänge, beispielsweise mit einem Hochdruckreiniger, schaden den Lagern eher, weil der Dreck dann nur in die feinen Zwischenräume gedrückt wird und schützendes Schmieröl dabei ausgespült wird.

Die wichtigsten Teile kontrollieren

Vor allem dem Licht, den Bremsen, der Kette und den beiden Rädern gilt besonderes Augenmerk.

Beleuchtung: Wer ohne oder mit defektem Licht erwischt wird, muss zwischen 20 und 35 Euro Strafe zahlen. Auch für die eigene Sicherheit müssen Vorder- und Rücklampe funktionieren. Die Glühbirne sollte man spätestens dann austauschen, wenn sich der Glaskolben dunkel verfärbt hat. Wenn das Licht trotz neuer Birne nicht geht, liegt das meistens an den Kontakten, durchgescheuerten oder brüchigen Kabeln. Damit auch andere Verkehrsteilnehmer den Fahrradfahrer in der Dunkelheit sehen, gehören die vorgeschriebenen Reflektoren vorn, hinten, an den Pedalen und in den Speichen zur Grundausstattung.

Bremsen: Bei den Bremsen müssen sowohl die Belege der Bremsklötze als auch die Bremsseile bzw. Schalt-Züge kontrolliert werden. Die Drahtadern zwischen Bremshebel und Bremse dürfen nicht gebrochen oder ausgefranst sein. Wenn die Außenhüllen beschädigt sind, gehören sie ausgetauscht. Die Bremsbeläge sollten dick sein und die Querrillen auf den Klötzen gut sichtbar.

Wenn Radfahrer den Bremshebel stärker als gewohnt anziehen müssen oder er sich bis an den Lenker heranziehen lässt, sollten die Bremszüge nachgestellt werden. Hydraulische Bremsen müssen bei maximaler Handkraft noch mindestens einen Finger Abstand zwischen Bremshebel und Griff haben – sonst muss die Bremse entlüftet werden.

Vorsicht: Scheibenbremsen sollte man nicht betätigen, wenn das Fahrrad auf dem Kopf steht. Sonst kommt Luft in das System und die Scheibenbremse muss entlüftet und neu eingestellt werden.

Reifen: Am besten pumpt man die Reifen voll auf und kontrolliert sie auf Risse, spröde Stellen und Schadstellen. Wenn das Profil abgewetzt ist oder bereits kleine Fäden am Reifen zu erkennen sind, ist es Zeit ihn zu wechseln. Das gilt auch bei größeren Rissen. Auf die Qualität der Reifen sollte man achten. Sie sind die direkte Verbindung zur Straße.


Tipp: Wassereimer

Wenn der Reifen auf den ersten Blick unversehrt ist, aber nach einiger Zeit wieder schlaff wird, verliert er Luft. Wahrscheinlich ist dann ein Loch im Schlauch oder das Ventil undicht. Das findet man am besten heraus, indem man den Schlauch in einen Eimer mit Wasser legt. An der Stelle, wo Luftbläschen aufsteigen, muss man später den Reifen flicken. Am besten mit einem Schlauchpflaster die undichte Stelle zu kleben. Es sei denn, eingedrungene Fremdkörper sind die Ursache – dann im Zweifel den Schlauch wechseln, damit einem unterwegs nicht die Luft ausgeht.


Bei einem intakten Reifen kommt es auf den richtigen Luftdruck an – genaue Angaben zum Mindest- und Maximalluftdruck befinden sich auf der Reifenflanke. Als Faustregel gilt: Schmale Reifen benötigen rund 5 Bar, breitere Allroundreifen 4 Bar und dicke Mountain-Bike-Reifen etwa 3 Bar. Bei der Kontrolle hilft eine Pumpe mit Druckanzeige. An der Tankstelle können Fahrradfahrer den Druck aufs Zehntel Bar aufpumpen – für manche Ventile ist dann aber ein Adapter nötig. 

Felgen, Lager und Speichen: Das Rad muss sich frei drehen und darf nicht eiern. Wenn die Felgen zu stark abgenutzt sind, kann das Felgenhorn abreißen und der Reifen platzen. Deshalb sollten sie regelmäßig kontrolliert werden. Am besten die Luft ablassen und die Felgenbremse so eng einstellen, dass sich das Rad gerade noch drehen lässt. Wenn das Rad dann voll aufgepumpt ist und nicht mehr oder kaum noch drehen lässt, muss es ausgetauscht werden. Das Radlager darf nicht zu viel Spiel haben und nicht seitlich eiern. Wenn man es quer zur Laufrichtung hin- und herbewegt und dabei einen Ruck spürt, muss das Lager neu eingestellt werden. Wenn das nicht mehr geht, sind sie verschlissen. Die Speichen dürfen nicht locker sitzen, sonst können sie bei der nächsten Fahrt völlig kaputt gehen. Drückt man zwei benachbarte Speichen mit Zeigefinger und Daumen zusammen, sollte die Spannung gleichmäßig sein. Gerissene oder defekte Speichen gehören erneuert. 

Fahrradkette: Damit das Rad gut läuft, muss die Kette regelmäßig geölt werden. Wenn sie quietscht oder rasselt, ist sie zu trocken und braucht neues Öl. Wer dünnflüssiges Öl wie beispielsweise säurefreies Nähmaschinenöl benutzt, muss es fast nach jeder Fahrt erneuern. Zähflüssige Schmiermittel oder dickere Öle halten länger, allerdings bleibt daran auch leichter Dreck hängen – und die Kette verschleißt schneller.

Fahrräder mit Kettenschaltung sollte ein Fachmann überprüfen. Je nachdem in welcher Witterung und welchem Gelände Fahrradfahrer unterwegs sind, hält eine Kette zwischen 2000 bis 6000 Kilometer. Oft reicht es, nur die Kette auszutauschen. Dann muss man nicht für viel Geld Ritzel und Kettenräder auswechseln – in der Regel halten die Zahnräder zwei bis vier Mal länger als die Kette.

Schaltung: Wenn die Kette bei der Schaltung überspringt, nicht sauber über die Ritzel läuft oder hakt, muss die Kabelspannung nachgezogen werden. Wenn die Schalthebelbeziehungsweise Drehgriffe nicht mehr leicht bedienbar sind, brauchen sie etwas dünnflüssiges Öl. Falls das auch nicht hilft, müssen sie ausgetauscht werden.

Lenker und Rahmen: Risse, Beulen oder Roststellen im Rahmen oder im Lenker sind gefährlich: Sie sind ein Zeichen für Materialverschleiß. Der Lenker darf nicht locker sitzen und bei einer Vollbremsung nicht wackeln. Kommt es während der Fahrt zu einem Lenker- oder Rahmenbruch, ist ein Sturz kaum mehr zu verhindern. Sollte ein Teil beschädigt sein, gehört es ausgetauscht.

Werkstätten – Hilfe zur Selbsthilfe

Möglichkeiten das Fahrrad unter Anleitung oder mit Unterstützung zu reparieren, gibt es viele: Sie werden an Universitäten, in kleinen Hinterhöfen, offiziell vom Fahrradclub, von Rad-Freaks oder von Fachhändlern angeboten. In der Regel muss man bei einer „Selbsthilfe-Reparatur“ nur die Materialkosten und höchstens eine kleine Beratungs-Gebühr von 10 bis 20 Euro zahlen. Im Internet wird man schnell fündig, hier ein paar Beispiele:

  • ADFC bietet deutschlandweit regelmäßige Kurse an. Wer kein Mitglied ist, muss in Berlin beispielsweise 10 Euro zahlen.
  • HubSchrauber – ist eine Werkstatt an der Berliner Hochschule für Studenten und Uni-Mitarbeiter.
  • Die Regenbogenfabrik ist eine offene Werkstatt in Berlin.
  • Fahrradselbsthilfewerkstatt an der Uni Oldenburg.
  • Bikekitchen ist eine Werkstatt in München.

Tipps und Anleitung zum Nachlesen

Wer sein Fahrrad alleine pflegen will, kann sich auf der Internetseite des ADFC Videos anschauen, die kleinere Reparaturen Schritt für Schritt erklären. Unter anderem gibt es Bedienungsanleitungen zu den Themen Kette oder Reifen wechseln, sowie Schaltwerk, Umwerfer oder V-Brake einstellen. Die Stiftung Warentest hat einen Ratgeber zum Thema herausgegeben:

Fahrradreparaturen, Alle Reparaturen Schritt für Schritt erklärt.

ISBN: 978-3-86851-068-3, 24,90 Euro.


Die erste Probefahrt

Vor der ersten Probefahrt nochmal kräftig alle Schrauben nachziehen. Aber Vorsicht: Sie müssen fest sitzen, dürfen aber nicht bis zum Anschlag und weiter gedreht werden. Außerdem sollte man keine billigen Inbusschlüssel benutzen, die beispielsweise teure Schrauben kaputt machen. Bevor Fahrradfahrer eine längere Tour zurücklegen, sollten sie eine kleine Probefahrt wagen. Dabei können sie nochmal auf verdächtige quietschende oder ratternde Geräusche achten. Damit man unterwegs nicht liegen bleibt, sollte man auch das richtige Werkzeug dabei haben.

Ab und zu sollte das Fahrrad aber auch zur Generaluntersuchung: Der Fachmann kann dann Rad-, Steuer-, und Tretlager reinigen, schmieren und wenn nötig neu einstellen. Häufig reicht eine große Inspektion alle zwei Jahre – je nachdem, ob das Fahrrad unter freiem Himmel steht und auch bei schlechtem Wetter benutzt oder eher geschont wird.

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