17. April 2024

Weniger Service für mehr Gebühren

Ich treffe meinen Nachbarn am Eingang „unserer“ Bank. Er zeigt mir seinen Bankhefter und ist dabei recht zornig. „Wieder mal steigen die Gebühren für mein Konto und diesmal werde ich mit so vielen Papieren bombardiert. Wer soll das verstehen? Jetzt sollen die mir mal alles erläutern.“ Mir geht es ähnlich.

Vor einigen Wochen habe ich nach 20 Jahren auch meine Bank gewechselt. Diese hatte zuvor Zug um Zug viele Filialen in der Stadt geschlossen. Aber ich bin wohl vom Regen in die Traufe gekommen. Mit meinem Nachbarn bin ich mir schnell einig: „Die dürfen mit unserem Geld arbeiten, zahlen kaum Zinsen und jetzt wird die monatliche Kontoführungsgebühr auf 12 Euro erhöht.“ Das hatte ich auch festgestellt, doch werden bei den meisten Banken und Sparkassen Bonusregeln eingebaut. „Aber was soll ich in meinem Alter mit einem Bausparvertrag oder einem Kredit? Auch bin ich seit Jahren gut versichert und Onlinebanking ist doch mehr etwas für die Jüngeren. Heute möchte ich Möglichkeiten von Geldanlagen mal hinterfragen. Der freundliche junge Mann da hinter dem Schalter, neudeutsch Counter, hätte eventuell etwas Passendes für mich“, sage ich zu meinem Nachbarn. „Da könn´se ja gleich Aktien kaufen oder im Internet spekulieren,“ reagierte mein Nachbar etwas zynisch.

Solche Diskussionen kann man in den letzten Wochen häufiger erleben. Richtig ist vor allem, dass es die Älteren trifft. Auch in den Supermärkten merkt man dies. Ich stelle mich immer noch brav an der Kasse an, nicht wegen der ergiebigen Kommunikation mit der Kassiererin, die nur ein „Hallo“ von sich gibt, sondern weil ich deren Arbeitsplatz sichern möchte. Andere hingegen kassieren sich via Smartphone selbst am Automaten ab, was mitunter schneller geht. Mein Neffe, gerade 30 Jahre geworden, erklärt mir das kurz. „Das nennt man Outsourcing und das senkt die Lohnkosten.“ Wenn ich mich also selbst abkassiere oder mein Paket drei Straßen weiter von einer Paketbox abhole und nach Hause trage, müsste ich doch eigentlich was abkriegen von den ersparten Lohnkosten. 

Mein Nachbar steht nun am Schalter und hat Glück. Sein Berater nimmt sich tatsächlich zehn Minuten Zeit, um ihm das neue Preismodell und dessen „Vorteile“ zu erklären. Allein diese persönliche Zuwendung lässt den Nachbarn entspannen. Nun bin ich dran und möchte mein Geld bei „meiner“ Bank anlegen. Der Angestellte übergibt mir vier Flyer mit verschiedenen Angeboten – mehr nicht. Beraten kann ich mich dann wohl selber.

Dr. Jürgen Fischer kommt aus der DMB-Mieterbewegung. Schwerpunkte des Juristen sind Mietrecht und Energie, speziell das Thema Heizkosten. Von 2003 bis 2021 hat er die Verbraucherzentrale Mecklenburg-Vorpommern in Rostock geschäftsführend geleitet.