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Wie kann man Scheinselbstständigkeit vermeiden?

„Sie sind doch gar kein richtiger Selbstständiger“ – eine solche Aussage kratzt nicht nur an der Freelancer-Ehre. Der Vorwurf der Scheinselbstständigkeit kann auch zu erheblichem Ärger und hohen Kosten führen. Wir erläutern, wie echte und Scheinselbstständigkeit sich voneinander abgrenzen lassen.

Nach der DRV-Prüfung: plötzlich Angestellter statt Freelancer?

Häufig bringen Betriebsprüfungen der Deutschen Rentenversicherung (kurz DRV) den Ball ins Rollen. Dabei wird nicht nur die Lohn- und Gehaltsabrechnung des Auftraggebers kontrolliert, sondern auch Rechnungen von Selbstständigen und die mit ihnen geschlossenen Dienst- oder Werkverträge. Kommt der Prüfer zur Überzeugung, dass eigentlich ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorliegt, folgt ein Prüfungsbescheid mit Beitragsnachforderungen.

Manchmal drängen auch die Auftragnehmer selbst auf die Einstufung als scheinselbstständig – zum Beispiel, um nach einer Erkrankung die Fortzahlung von Gehalt zu erreichen.

Folgen von Scheinselbstständigkeit

  • Für den frischgebackenen Arbeitgeber wider Willen wird es teuer. Er muss Arbeitgeberanteile und in der Regel auch Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung nachbezahlen. Dazu kommen meist Säumniszuschläge von einem Prozent pro Monat – für bis zu vier Jahre. Bei Vorsatz verjähren die Ansprüche sogar erst nach 30 Jahren. Dazu können noch Lohnsteuerforderungen kommen, für die der Arbeitgeber ebenfalls haftet. Der vermeintliche Auftragnehmer ist jetzt Arbeitnehmer, hat Anspruch auf bezahlten Urlaub und möglicherweise Kündigungsschutz. Unter Umständen ist die Trennung nur per Aufhebungsvertrag samt Abfindung möglich.
  • Auch der Doch-nicht-Selbstständige hat selten Anlass zur Freude. Jedenfalls, wenn er weiter selbstständig bleiben möchte. Er hat ziemlich sicher seinen Kunden verloren, oft den einzigen. Und er muss damit rechnen, dass die DRV ihn im Auge behält.

Über Scheinselbstständigkeit entscheidet das Gesamtbild!

Prüfer oder Richter achten auf konkrete Einzelmerkmale, die Sie in der Checkliste unten zusammengefasst finden. Trotzdem kann jedes für sich genommen vorliegen, ohne dass es sich um Scheinselbstständigkeit handelt. Entscheidend ist immer das individuelle Gesamtbild: Ist der Auftragnehmer insgesamt gesehen …

  • … in seiner laufenden Arbeit selbstständig oder weisungsgebunden?
  • … beim Auftraggeber weitgehend in die Betriebs- und Arbeitsorganisation eingegliedert?
  • … Träger eines wirtschaftlichen Risikos?

Checkliste: Mögliche Indizien für Selbstständigkeit oder Scheinselbstständigkeit

  • Hat der Auftragnehmer weitere Kunden?
  • Beschäftigt er eigene Arbeitnehmer?
  • Tritt der Auftragnehmer nach außen als eigener Unternehmer auf? Hat er eine eigene Website? Betreibt er Werbung?
  • Hat er eigene Räumlichkeiten, ein Büro oder eine Werkstatt? Nutzt er eigene Werkzeuge, Maschinen und Software, oder werden die Arbeitsmittel gestellt?
  • Gibt es zu jeder Leistung ein Angebot? Existiert ein Dienst- oder Werkvertrag, wie er zwischen Unternehmern üblich ist? Werden ordnungsgemäße Rechnungen erstellt?
  • Muss der Auftragnehmer bei Beanstandungen befürchten, dass der Kunde nicht bezahlt und womöglich zu einem Wettbewerber wechselt?
  • Muss der Auftraggeber finanziell in Vorleistung gehen und trägt dadurch ein Risiko?
  • Setzt der Auftraggeber für die gleichen Aufgaben auch Arbeitnehmer ein?
  • Ist klar, dass der Auftragnehmer bei Krankheit oder während des Urlaubs nicht bezahlt wird?
  • Kann der Auftragnehmer seine Arbeitszeiten, seinen Urlaub etc. selbstständig planen, oder muss er das mit dem Auftraggeber abstimmen und sich an dessen Dienstpläne halten?
  • Legt der Auftraggeber fest, wann, wo, und auf welche Art, welcher Teil der anstehenden Arbeiten zu erledigen ist? Oder entscheidet der Auftragnehmer eigenverantwortlich, wann und wie er die Leistungen erbringt, während der Auftraggeber nur Arbeitsfortschritt und Ergebnis kontrolliert?
  • Wechselt der Inhalt der Arbeiten laufend, je nachdem, was beim Auftraggeber gerade anfällt?
  • Ist der Auftragnehmer in den Betrieb des Auftraggebers eingebunden? Steht er in Dienst- und Arbeitsplänen, trägt er einheitliche Firmenkleidung, hat er eine Schlüssel- oder Kantinenkarte (wie die Angestellten), nutzt er Mitarbeiterrabatte? Hat er eine E-Mail-Adresse mit Domainnamen des Auftraggebers, oder Visitenkarten mit dessen Logo?

Statusfeststellungsverfahren

Sowohl Auftragnehmer wie Auftraggeber können ein Statusfeststellungsverfahren durch die Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung beantragen, wenn sie befürchten, dass Scheinselbstständigkeit vorliegt. Vorteil: Böse Überraschungen werden vermieden, beide Seiten wissen, woran sie sind. Nachteil: Das Ergebnis kann ein Beitragsbescheid sein, mit den oben beschriebenen finanziellen Folgen.

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Gegenwehr kann sich lohnen

Die Einschätzung der Clearingstelle oder eines DRV-Prüfers ist nicht in Stein gehauen. Das zeigt der Fall einer Content Managerin, die gegen die Einordnung als Scheinselbstständige erfolgreich vor dem Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen klagte(Aktenzeichen: 20.06.2018 – L 8 R 934/16).

Sie managte für die Vermarktungsgesellschaft des Kindersenders KiKA Social-Media-Auftritte. Dabei hatte sie feste Arbeitszeiten, einen fixen Tagessatz, rechnete ihre Arbeitszeiten genau ab, arbeitete entweder im Home Office oder in den Räumen des Auftraggebers und nahm regelmäßig an Projektsitzungen teil, bei denen Einzelaufträge erteilt wurden.

Das mag auf den ersten Blick für eine Scheinselbstständigkeit sprechen, doch das Landessozialgericht sah das „praktizierte Vertragsverhältnis“ als klaren Beleg für eine echte Selbstständigkeit: Aus den Honorarverträgen und deren praktischer Umsetzung ergab sich kein Weisungsrecht des Unternehmens. Zudem war die Content Managerin nur soweit in die Unternehmensorganisation eingegliedert, wie es für die Umsetzung des Auftrags nötig war. Konkrete Vorgaben, wann und wo sie zu arbeiten hatte, fehlten. Damit war sie tatsächlich und nicht nur dem Schein nach selbstständig.

Weitere Informationen:

  • Schon seit Jahren ist der Selbstständigenverband VGSD sehr engagiert beim Thema Scheinselbstständigkeit (wir haben darüber berichtet).
  • Die IHK Frankfurt bietet Informationen zur Scheinselbstständigkeit, darunter zur möglichen Befreiung von der Rentenversicherungspflicht, zu „arbeitnehmerähnlichen Selbstständigen“ und zum Sonderfall der Handelsvertreter
  • Das BMWi-Existenzgründerportal beleuchtet das Risiko der Scheinselbstständigkeit aus Auftraggebersicht.
  • Bei der Clearingstelle der DRV finden sich neben dem Antragsformular auch Hinweise zum Statusfeststellungsverfahren.
  • Übrigens können auch Selbstständige rentenversicherungspflichtig sein. Laut Gesetz (§ 2 SGB VI) gilt das für bestimmte selbstständige Berufszweige sowie für Selbstständige ohne Arbeitnehmer, die überwiegend nur für einen Auftraggeber arbeiten. Näheres steht auf der Seite des Bundesarbeitsministeriums, unter dem Punkt Selbstständig Tätige.

Lektüretipps für Selbstständige und Gründer

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