Hochbegabte Kinder: Sind Kosten für Lerntherapie absetzbar?

Wann das Finanzamt den Eltern unter die Arme greift

Etwa 3 Prozent aller Kinder sind weit überdurchschnittlich intellektuell befähigt und gelten somit als hochbegabt. Von hochbegabten Kindern wird häufig erwartet, dass sie sich in der Schule durch herausragende Leistungen auszeichnen.

Das ist zwar bei vielen, aber doch nicht bei allen hochbegabten Kindern der Fall. Sie bringen oftmals schlechte Noten nach Hause (sog. Minderleister). Häufig sind leider erst Auffälligkeiten in Familie, Kindergarten oder Schule Anlass für Eltern, Erzieher und Lehrer sich mit dem Thema „Hochbegabung“ auseinander zu setzen.

Probleme im Alltag

Hochbegabte Kinder können Probleme in der Schule und im sozialen Umgang entwickeln. Oftmals ist dann eine psychologische Betreuung und therapeutische Behandlung durch Kinderpsychologen erforderlich. Die Krankenkassen lehnen eine Kostenübernahme ab, weil das Kind ja nicht krank sei. Die Frage ist, ob die Eltern die Kosten wenigstens im Rahmen der Steuererklärung absetzen können.

Einst noch steuerlich anerkannt

Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz hatte Kosten für die Therapie eines hochbegabten Kindes mitsamt Fahrt- und Übernachtungskosten in Höhe von 6.800 Euro als Krankheitskosten beurteilt – und deshalb als außergewöhnliche Belastungen allgemeiner Art anerkannt (Aktenzeichen 1 K 2747/12).

Doch nun hat der Bundesfinanzhof das Urteil der Vorinstanz verworfen. Die Ausgaben für die Lerntherapie und Erziehungsberatung eines hochbegabten Kindes mit einem IQ über 130 wurden nicht als außergewöhnliche Belastungen akzeptiert (Aktenzeichen VI R 45/14). Als Begründung führten die Richter folgende Gründe an:

Hochbegabung ist keine Krankheit

Die Auffälligkeiten, Unkonzentriertheit und Verweigerungshaltung des Kindes weisen auf eine chronische Unterforderung hin. Doch eine schulische Unterforderung ist keine Erkrankung.

Offenbar diente die Therapie zur Verhinderung einer Krankheit, „um die Gefahr einer seelischen Behinderung zu vermeiden“. Demnach handelt es sich um gesundheitsfördernde Vorbeugemaßnahmen, die steuerlich nicht absetzbar sind.

Nachweis der medizinischen Indikation fehlt

Unterstellt man, dass die Ausgaben doch Krankheitskosten darstellen, fehlt es am Nachweis der medizinischen Notwendigkeit. Denn bei psychotherapeutischen Behandlungen ist ein Nachweis durch amtsärztliches Attest oder eine Bescheinigung des Medizinischen Dienstes unbedingt erforderlich, wobei der Nachweis vor Beginn der Behandlung einzuholen ist.

Lobenswert ist die positive Entscheidung des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz, das die Kosten anerkannt hatte. Nach Auffassung der Richter war eine Therapie erforderlich, um einer Krankheit entgegenzuwirken und die Gefahr einer seelischen Behinderung zu vermeiden. „Es kann den Eltern nicht zugemutet werden abzuwarten, bis das Kind diese seelische Behinderung hat, um dann diese Krankheit behandeln zu können.“ Geht doch! Doch – streng formalistisch rufen die BFH-Richter jetzt: „Kommando zurück! So pragmatisch und menschlich darf es nicht gehen!“