Abgeschafft wird die strafbefreiende Selbstanzeige nicht – jedoch gehörig verschärft. Was sich zum 01. Januar 2015 für Steuerhinterzieher ändert.
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Vollständige Nacherklärung vorausgesetzt
Durch die Selbstanzeige kann Straffreiheit erlangt werden, wenn verschwiegene, unrichtige oder unvollständige Angaben zu Steuerquellen berichtigt, ergänzt oder nachgeholt werden. Der Steuersünder muss für eine wirksame Selbstanzeige seine nicht oder nicht vollständig gegenüber dem Fiskus erklärten Einkünfte für die noch nicht strafrechtlich verjährten Zeiträume vollumfänglich offenlegen. Seit 2011 gelten folgende Bedingungen zur Erlangung der Strafbefreiung:
Regeln bisher
- Alle unverjährten Steuerstraftaten einer Steuerart, z. B. der Einkommensteuer, aller unverjährten Veranlagungszeiträume müssen vollständig offenbart und zutreffend nacherklärt werden. Eine bewusste Teil-Selbstanzeige wird nicht mehr mit Straffreiheit belohnt.
- Die hinterzogenen Steuern müssen für den strafrechtlich relevanten Zeitraum offengelegt werden. Dieser beträgt für „einfache“ Steuerstraftaten 5 Jahre und für besonders schwere Fälle von Steuerhinterziehung, d.h. ab einer Hinterziehungssumme von 100.000 €, 10 Jahre seit 2009.
- Bei einem Hinterziehungsbetrag ab 50.000 € wird Straffreiheit nur dann erlangt, wenn nicht nur die hinterzogenen Steuern mitsamt Hinterziehungszinsen von 6 Prozent p.a. gezahlt werden, sondern auch ein Strafzuschlag von 5 % auf den Hinterziehungsbetrag geleistet wird.
- Die hinterzogenen Steuern müssen innerhalb der vom Finanzamt gesetzten Frist nachgezahlt werden.
- Eine Selbstanzeige ist nur noch bis zur Bekanntgabe der Prüfungsanordnung durch die Finanzbehörde möglich, nicht mehr bis der Steuerprüfer kommt.
Das ändert sich für Steuersünder
Nun hat die Bundesregierung weitere Verschärfungen für die Straffreiheit bei Selbstanzeige beschlossen, die seit 01.01.2015 gelten:
- Der Strafzuschlag von bisher 5 Prozent auf eine Steuerschuld ab 50.000 € wird kräftig erhöht: Künftig sind ab einem Hinterziehungsbetrag von 25.000 € schon 10 Prozent fällig, ab 100.000 € werden gar 15 Prozent gefordert und ab 1 Mio. € müssen 20 Prozent zusätzlich bezahlt werden. Damit wird quasi die Strafbefreiung abgeschafft und durch eine pauschale Geldstrafe ersetzt. Allerdings bleibt der reuige Steuersünder weiterhin nicht vorbestraft.
- Der Zeitraum der vollständigen Offenbarung wird auch für „einfache“ Steuerstraftaten von bisher 5 Jahren auf 10 Jahre erweitert. Bisher gilt die 10-Jahresfrist nur bei „schwerer“ Steuerhinterziehung ab 100.000 €. Zu unterscheiden davon ist die steuerliche Festsetzungsverjährungsfrist: Diese beträgt bei Steuerhinterziehung wie bisher auch künftig 10 Jahre. Für diesen Zeitraum sind hinterzogene Steuern nachzuzahlen und hierauf Hinterziehungszinsen von 6 Prozent p.a. zu zahlen.
- Die Hinterziehungszinsen müssen künftig unverzüglich gezahlt werden, um die Straffreiheit zu erlangen.
- Eine Sperrwirkung für die Selbstanzeige hat nicht nur die Bekanntgabe der Prüfungsanordnung durch die Finanzbehörde, sondern auch die Umsatzsteuer- oder die Lohnsteuer-Nachschau.
Strafbefreiung abschaffen? Lieber nicht
Man kann den Eindruck haben, dass die Politiker die Strafbefreiung eigentlich nicht wollen, doch das hinterzogene Steuergeld möchten sie doch haben. Deshalb trauen sie sich nicht, die Strafbefreiung gänzlich abzuschaffen. Denn sonst würden die Steuersünder ihre verborgenen Schätze nicht mehr dem Fiskus präsentieren, und der Fiskus würde diese nie und nimmer vollständig aufspüren können.
Offenbar weiß der Fiskus, dass ohne Selbstanzeige viele Steuersünder und Steuerquellen unerkannt blieben, denn die vermuteten Sünder müssten sich im Steuerstrafverfahren nicht selber belasten. Aufgrund der verlängerten Offenbarungsfrist von 10 Jahren dürfte es deutlich schwieriger werden, alle Belege zu beschaffen. So könnte manche Selbstanzeige trotz guten Willens der Steuersünder doch unwirksam werden und sie trotz der vollständigen Offenbarung doch bestraft werden. Wer also mit einer Selbstanzeige liebäugelt, sollte dies noch in diesem Jahr 2014 erledigen.
Durchschnittlich 50.000 € hinterzogen
Nach Meinung des nordrhein-westfälischen Finanzministers Walter-Borjans liegt der größte Teil der Hinterziehungsfälle um 50.000 € oder darunter. Deshalb sei die Absenkung der Straffreiheitsgrenze so wichtig. Mitleid mit Betroffenen hält der SPD-Politiker nicht für angebracht. „Wer 25.000 € hinterzogen hat, hat 100.000 € Zinsen im Jahr nicht gemeldet und hat – bei zwei Prozent Zinsen – fünf Millionen irgendwo versteckt.“
Wissenswert
In den Jahren 2010 bis 2013 sind insgesamt mehr als 66.000 Selbstanzeigen mit Bezug zu Kapitalanlagen in der Schweiz eingereicht worden. Und allein in den ersten vier Monaten des Jahres 2014 haben bereits rund 17.000 Steuerbetrüger „reinen Tisch gemacht“.
Gründe dafür sind die Verurteilung des Uli Hoeneß zu einer Haftstrafe, der große Druck der Schweizer Banken auf die deutschen Kunden, ihr Schwarzgeld zu legalisieren, und nicht zuletzt die bevorstehende Verschärfung der Bedingungen für die Selbstanzeige mit Straffreiheit.