„Wir schenken dir die Mehrwertsteuer!“ – diese Werbung hat jeder sicher schonmal gehört. Aber was genau ist das überhaupt? In Deutschland wird der Begriff „Mehrwertsteuer“ synonym für die Umsatzsteuer und Vorsteuer verwendet. Wer zahlt diese Steuer und warum dürfen manche die „Vorsteuer abziehen“?
Schnelleinstieg
Was ist die Umsatzsteuer?
Der eine kennt sie als Mehrwertsteuer, der andere als Umsatzsteuer und der, der es ganz genau nimmt, spricht von der Allphasen-Netto-Umsatzsteuer mit Vorsteuer-Abzug. Im Prinzip bezeichnen alle 3 Begriffe das Gleiche: Die Steuer, die du bei jedem Einkauf von Essen, Getränken, Autos, Möbeln, … ja eigentlich bei fast allem zahlst.
Wer zahlt die Umsatzsteuer?
Mit der Umsatzsteuer wird also der Konsum von Waren und Dienstleistungen besteuert. Deshalb spricht man auch von einer Konsumsteuer. Damit ist auch klar, wer die Steuer am Ende zahlt: du als Konsument bzw. Endverbraucher. Je nachdem, was du kaufst, kommen entweder 19, 7 oder 10,7 Prozent auf den Netto-Warenwert hinzu. Manche Waren oder Dienstleistungen sind sogar umsatzsteuerfrei.
Du zahlst die Mehrwertsteuer aber nicht direkt ans Finanzamt. Sondern an den Lebensmittelmarkt, das Autohaus oder den Handwerker. Wie kommt also die Steuer zum Finanzamt?
Wie kommt die Umsatzsteuer zum Finanzamt?
Kaufst du nun also ein Produkt, zahlst du die Umsatzsteuer an das Unternehmen. Das Unternehmen darf die Steuer aber nicht behalten, sondern muss sie an das Finanzamt weitergeben. Es ist praktisch nur der Vermittler zwischen dir und dem Finanzamt.
Als Unternehmer musst du dem Finanzamt regelmäßig Bescheid geben, wie viel Umsatzsteuer du eingenommen hast. Dafür musst du ab einer bestimmten Umsatzhöhe monatlich oder vierteljährlich eine Umsatzsteuer-Voranmeldung abgeben. Zusätzlich dazu gibst du am Jahresende eine Umsatzsteuer-Erklärung ab. Darin werden alle Umsätze, Vorsteuerbeträge und Vorauszahlungen des Jahres zusammengefasst.
Beispiel: Umsatzsteuer
Das heißt: Der Elektro-Markt nimmt zwar 595 Euro ein. Doch 95 Euro davon sind Umsatzsteuer. Die muss der Markt ans Finanzamt abführen. Der Nettopreis, also der Umsatz, beträgt 500 Euro.
Was ist die Vorsteuer?
Aus einer anderen Perspektive betrachtet, verwandelt sich die Umsatzsteuer in Vorsteuer. Denn der Unternehmer muss für seinen Betrieb beispielsweise Material, Rohstoffe und Dienstleistungen einkaufen. Und auch er zahlt darauf Mehrwertsteuer. Genauso, wie wenn du als privater Endverbraucher die Ware einkaufen würdest.
Der Unternehmer ist aber nicht der private Endverbraucher. Für ihn ist die gezahlte Mehrwertsteuer nämlich eine „Vorsteuer“. Die kann er sich mit der Umsatzsteuer-Voranmeldung oder Umsatzsteuererklärung vom Finanzamt zurückholen.
Umsatzsteuer und Vorsteuer: Ein ewiger Kreis
Letztlich erzielt der Unternehmer durch die Umsatzsteuer weder Verlust noch Gewinn: Die eingenommene Steuer leitet er ans Finanzamt weiter. Die selbst gezahlte kann er sich erstatten lassen. Die Steuer auf den Mehrwert zwischen Einkaufs- und Verkaufspreis bleibt am Ende beim Finanzamt. Daher auch: Mehrwertsteuer.
Wie hoch ist die Umsatzsteuer?
Eine Mehrwertsteuer gibt es eigentlich in fast jedem Land. Natürlich ist sie in jedem Land unterschiedlich hoch. Aber selbst innerhalb der deutschen Grenzen gibt es ganz verschiedene Steuersätze.
Die Regelungen, wann welcher Steuersatz verwendet wird, scheinen auf den ersten Blick willkürlich und nicht leicht nachvollziehbar. Das ist auch deshalb so, weil der Umsatzsteuersatz zur wirtschaftlichen Förderung oder auch Sanktionierung mancher Produkte gesenkt oder gehoben wird. Allgemein gilt aber:
-
- 19 Prozent: Das ist der allgemeine Steuersatz. Er gilt für alles, was nicht durch bestimmter Regelungen anders besteuert wird.
- 7 Prozent: Der ermäßigte Steuersatz. Er gilt vom Prinzip her für Lebensmittel außer Getränke und „Luxus-Lebensmittel“ wie Kaviar. Aber auch kulturelle Veranstaltung oder Fahrkarten der deutschen Bahn gehören dazu. Alles, was mit dem ermäßigten Steuersatz besteuert wird, ist im Umsatzsteuergesetz in einer langen Liste aufgeführt.
- 10,7 Prozent: Dieser Umsatzsteuersatz gilt für Landwirte. Zum Beispiel zahlst du 10,7 Prozent, wenn du direkt vom Bauernhof Kartoffeln, Spargel oder Erdbeeren kaufst.
Seit der Einführung der Umsatzsteuer wurden die Steuersätze – wie leider nur allzu üblich – regelmäßig erhöht. Hier ein Überblick über die Entwicklung der Umsatzsteuersätze in Deutschland.
Regelsteuersatz | Ermäßigter Steuersatz | |
---|---|---|
Januar bis Juni 1968 | 10 | 5 |
Juli 1968 bis Dezember 1977 | 11 | 5,5 |
Januar 1978 bis Juni 1979 | 12 | 6 |
Juli 1979 bis Juni 1983 | 13 | 6,5 |
Juli 1983 bis Dezember 1992 | 14 | 7 |
Januar 1993 bis März 1996 | 15 | 7 |
April 1998 bis Dezember 2006 | 16 | 7 |
Seit Januar 2007 | 19 | 7 |
Seit Juli 2020 | 16 | 5 |
Ab Januar 2021 | 19 | 7 |
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Kuriositäten aus dem Umsatzsteuerrecht
Gerade bei der Unterscheidung zwischen ermäßigtem und allgemeinem Steuersatz sind Ausnahmen die Regel. So musst du beim Kauf von Süßkartoffeln 19 Prozent Mehrwertsteuer zahlen, für die normale Kartoffel aber nur 7 Prozent. Wasser ist gleich Wasser? Ab heute weißt du es besser: Denn für Leitungswasser zahlst du nur 7 Prozent Umsatzsteuer. Für die Flasche im Supermarkt sind es 19 Prozent.
Zum hier Essen oder zum Mitnehmen? Die alles entscheidende Frage in einem Gastro-Betrieb. Denn wer sich für das Essen to-go entscheidet, erspart dem Restaurant Umsatzsteuer. Für Speisen vor Ort muss das Lokal 19 Prozent auf den Nettoumsatz ans Finanzamt abführen. Zum Mitnehmen nur 7 Prozent. Deshalb kostet eine Kugel Eis zum Verzehr in der Eisdiele oft ein paar Cent mehr als beim Straßenverkauf.
Verwirrung bringt auch die befristete Umsatzsteuersenkung speziell für Restaurantleistungen aufgrund der Corona-Pandemie. Zum Kopfschütteln? Die Liste lässt sich ewig fortführen: Achte bei deinem nächsten Einkauf doch einfach mal darauf, was auf dem Kassenbon steht.
Corona-Krise: Was muss ich beachten?
Bereits die Einführung der “neuen” Steuersätze war mit viel organisatorischem und technischem Aufwand bei den Unternehmern verbunden. Doch wie sieht es mit dem “Weg zurück” aus? Hier ein paar Tipps:
Wer nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, trägt die Umsatzsteuer immer in voller Höhe selbst. Eine Erstattung vom Finanzamt gibt es in diesem Fall nicht.
Wer hingegen zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, steht vor dem Problem der zeitlichen Abgrenzung. Denn es kommt darauf an, den richtigen Steuersatz in der Rechnung auszuweisen. Und welcher Steuersatz für welche Rechnung maßgeblich ist, hängt vom Leistungszeitpunkt ab. Im Schreiben vom 04.11.2020 stellt das BMF Hinweise und Vereinfachungsregeln zur Wiederanhebung der Steuersätze vor. Wir fassen die wichtigsten Punkte zusammen:
Was passiert in der Silvesternacht?
Ab 00:00 Uhr ist alles teurer? Ausnahmsweise nicht. Denn die Finanzverwaltung lässt eine Ausnahmeregelung für die Gastronomie und Beherbergungsleistungen und -Nebenleistungen zu: In der Nacht vom 31.12.2020 auf den 01.01.2021 dürfen Umsätze noch mit dem niedrigen Steuersatz besteuert werden, auch wenn sie erst nach 00:00 Uhr ausgeführt werden.
Was gilt für Lieferungen?
Für Lieferungen gilt der Zeitpunkt, zu dem der Empfänger die Verfügungsmacht über den Artikel bekommt. Bei Beförderungen oder Versendungen ist das der Beginn der Beförderung oder Versendung. Bei Werkslieferungen entscheidet der Zeitpunkt, zu dem die Lieferung abgenommen wurde. Wird also am 31.12.2020 eine Lieferung zum Versand aufgegeben, gilt noch der niedrige Steuersatz.
Was gilt für sonstige Leistungen?
Bei Leistungen gilt der Zeitpunkt, zu dem die Leistung beendet wurde. Bei zeitlich begrenzten Dauerleistungen, die keine Teil-Leistungen sind, gilt jeweils das Ende des Leistungsabschnitts (z. B. bei Telefonverträgen der jeweilige Abrechnungsmonat). Wenn du beispielsweise am 15.12.2020 einen Dienstleistungsauftrag angenommen und deine Leistung am 15.01.2021 beendet hast, musst du die Leistung mit dem erhöhten Steuersatz in Rechnung stellen.
Besonderheit: Teil-Leistungen
Gleiches wie für sonstige Leistungen gilt auch für abgeschlossene Teil-Leistungen innerhalb einer Gesamtleistung. Doch was ist eine Teil-Leistung? Hierfür müssen folgende Kriterien erfüllt sein:
Die Teil-Leistung muss wirtschaftlich sinnvoll abgrenzbar – also nicht willkürlich festgelegt –sein.
Über die Teil-Leistung muss eine gesonderte Vereinbarung getroffen werden.
Die Teil-Leistung muss gesondert abgenommen in Rechnung gestellt werden.
Eine Teil-Leistung würde beispielsweise vorliegen, wenn du mit einem Kunden einen Vertrag über ein individuelles Coaching schließt, das 3 Abrechnungs-Bestandteile umfasst. Das könnte beispielsweise das Einführungsgespräch, die Coaching-Leistung an sich sowie ein Nachbereitungsgespräch sein. Für jede der 3 Teil-Leistungen gilt der Steuersatz zum Abschluss der Teil-Leistung. Sind die ersten beiden Teil-Leistungen noch in 2020 abgeschlossen, aber das Nachgespräch findet erst in 2021 statt, gilt nur für diese Teil-Leistung der höhere Steuersatz.
Aus der Regelung für Teil-Leistungen ergibt sich ein interessantes Gestaltungs-Potenzial. Vor allem, wenn du nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt bist, kannst du mit einer Untergliederung in Teil-Leistungen Geld sparen.
FAQ: Einkommensteuerbescheid
Was ist Umsatzsteuer?
Was ist der Unterschied zwischen Umsatzsteuer und Mehrwertsteuer?
Wieviel Prozent Umsatzsteuer muss ich bezahlen?
Wer zahlt die Umsatzsteuer an das Finanzamt?
Rechnungen einfach per Foto in die Steuer einfügen