Menschen mit Behinderung haben meist höhere Ausgaben als Menschen ohne Handicap. Um dies ein wenig auszugleichen, gibt es auch steuerliche Vergünstigungen. Welche das sind, lesen Sie hier.
Wann liegt eine Behinderung vor?
Eine Behinderung liegt vor, wenn die körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht und daher die Teilnahme am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Gemessen wird die Behinderung am sogenannten Grad der Behinderung.
Bei Schwerbehinderten – Menschen mit einem Grad der Behinderung von 50 – kann der Schwerbehindertenausweis zusätzlich noch ein oder mehrere Merkzeichen enthalten. Steuerlich irrelevant ist Ihre Behinderung, wenn der Grad der Behinderung weniger als 25 beträgt.
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Behinderten-Pauschbetrag
Mit der Steuererklärung kann auf Antrag ein Behinderten-Pauschbetrag geltend gemacht werden. Die Höhe dieses Behinderten-Pauschbetrags richtet sich nach dem Grad der Behinderung und gegebenenfalls einem zusätzlichen Merkzeichen.
Grad der Behinderung | Pauschbetrag |
---|---|
25 und 30 | 310 € |
35 und 40 | 430 € |
45 und 50 | 570 € |
55 und 60 | 720 € |
65 und 70 | 890 € |
75 und 80 | 1.060 € |
85 und 90 | 1.230 € |
95 und 100 | 1.420 € |
Sie haben in Ihrem Schwerbehindertenausweis das Merkzeichen „Bl“ oder „H“ eingetragen? Dann erhöht sich der Pauschbetrag auf insgesamt 3.700 Euro.
Das Besondere am Behinderten-Pauschbetrag: Das Finanzamt berücksichtigt ihn in voller Höhe steuermindernd. Eine Kürzung um die zumutbare Eigenbelastung – wie bei den allgemeinen außergewöhnlichen Belastungen – erfolgt nicht.
Welche Ausgaben können Sie von der Steuer absetzen?
Folgende Kosten können Sie neben dem Behinderten-Pauschbetrag in Ihrer Steuererklärung geltend machen:
zu berücksichtigende Kosten | Abzug als | |
---|---|---|
Blindencomputer | Abschreibung | außergewöhnliche Belastung |
Fahrtkosten | Für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte bei einem Grad der Behinderung von mind. 70 oder mind. 50 und gleichzeitiger Gehbehinderung die tatsächlichen Kosten oder bei fehlendem Einzelnachweis 0,30 pro gefahrenem km | Werbungskosten |
Bei einem Grad von mind. 80 ohne Einzelnachweis oder Grad von mind. 70 und gleichzeitiger Gehbehinderung 3.000 km * 0,30, eine höhere Fahrleistung liegt nach einer Entscheidung des BFH in aller Regel nicht mehr im Rahmen des Angemessenen | außergewöhnliche Belastung | |
Bei einer außerordentlichen Gehbehinderung bis zu 15.000 km * 0,30 ohne Nachweis; ein höherer Abzug ist möglich bei Nachweis; die 3.000 km-Pauschale kann nicht zusätzlich angesetzt werden | außergewöhnliche Belastung | |
Zu ärztlichen Behandlungen mit dem Pkw oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln | außergewöhnliche Belastung | |
Führerscheinkosten | Tatsächliche Kosten | außergewöhnliche Belastung |
Haushaltshilfe | Steuer ermäßigt sich um 20 % der Aufwendungen, höchstens um 4.000 | haushaltsnahe Dienstleistung |
Heilkur | Voll nach Abzug einer Erstattung | außergewöhnliche Belastung |
Heimunterbringung, behinderungsbedingt | Steuer ermäßigt sich um 20 % der Aufwendungen, die mit denen einer Haushaltshilfe vergleichbar sind, höchstens um 4.000 | haushaltsnahe Dienstleistung |
Krankheitskosten | Voll nach Abzug einer Erstattung | außergewöhnliche Belastung |
Reisebegleitung | Bis 767 für eine fremde Person für höchstens eine Urlaubsreise im Jahr; kein zusätzlicher Abzug für die Begleitung durch den Ehepartner, wenn diesem wegen der Behinderung kein Mehraufwand entstanden ist | außergewöhnliche Belastung |
Umbaukosten | Im Jahr der Zahlung voll abziehbar. Anhängige Revision zu der Frage, ob der Kostenabzug auch auf 5 Jahre verteilt werden kann (Az. VI R 68/13). Die behinderungsbedingte Zwangsläufigkeit der Aufwendungen muss nachgewiesen werden | außergewöhnliche Belastung oder haushaltsnahe Dienstleistung |
Umrüstung eines PKW | Verteilung der Kosten auf die Restnutzungsdauer des Pkw neben den Fahrtkosten, wenn der Behinderte auf die Benutzung des Pkw angewiesen ist (Merkmale aG, Bl oder H) | außergewöhnliche Belastung |
Wartung und Pflege | Ausgabe nach Abzug der zumutbaren Belastung | außergewöhnliche Belastung |
Anders bei den für eine Behinderung typischen Aufwendungen: Diese sind mit dem Behinderten-Pauschbetrag abgegolten und können nicht als allgemeine außergewöhnliche Belastung steuerlich geltend gemacht werden. Dazu gehören:
- Kosten für die Hilfe bei den gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens (z.B. Hilfeleistungen, Prothesen, sonstige Hilfsmittel, Blindenhund),
- Ausgaben für die Pflege zu Hause oder im Heim,
- Kosten für den erhöhten Wäschebedarf
Tatsächlich entstandene Kosten
Alternativ zum Behinderten-Pauschbetrag können Sie Ihre tatsächlich entstandenen Kosten in der Steuererklärung absetzen. Im Gegensatz zum Behinderten-Pauschbetrag erfolgt der Ansatz hier aber nicht als besondere außergewöhnliche Belastung, sondern „nur“ als allgemeine außergewöhnliche Belastung.
Nachteil hierbei: Die tatsächlich entstandenen Kosten werden um die zumutbare Eigenbelastung gekürzt. Daher ist im Vorfeld genau abzuwägen, welcher Ansatz sich für Sie am Positivsten auswirkt.
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Wenn Ihr Kind eine Behinderung hat
Ein behindertes Kind hat Anspruch auf die gleichen Vergünstigungen wie Erwachsene. Das Besondere: Eltern können den Behinderten-Pauschbetrag oder Abzug der tatsächlich entstandenen Kosten auf sich übertragen lassen. Dies lohnt sich vor allem dann, wenn das Kind noch keine oder nur geringe eigene Einkünfte oder Bezüge hat.
Für volljährige Kinder mit Behinderung steht den Eltern der Kinderfreibetrag auch nach Vollendung des 18. Lebensjahres zu, wenn:
- das Kind auf Grund einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten und
- wenn die Behinderung vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetreten ist.
Ein Kind ist dann außerstande sich selbst zu versorgen, wenn die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Kindes nicht ausreicht, seinen gesamten notwendigen Lebensbedarf zu bestreiten.
Dieser setzt sich neben der Einkommensfreigrenze, die die Freistellung des Existenzminimums bewirkt, auch aus einem individuellem behinderungsbedingten Mehrbedarf zusammen.