29. November 2011 von Hartmut Fischer
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Oberlandesgericht Hamm: Preiserhöhungsankündigung per E-Mail unwirksam

Oberlandesgericht Hamm: Preiserhöhungsankündigung per E-Mail unwirksam

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29. November 2011 / Hartmut Fischer

Vertragsklauseln von Energieversorgern, die nicht die vom Bundesgerichtshof (BGH)  festgelegten Mindestanforderungen an die Preisanpassungsregeln der Strom- und Gas-Grundversorgungsverordnung (Strom- bzw. Gas-GVV) erfüllen, sind unwirksam. Strom- und Gaspreiserhöhungen, die den Kunden nur per „individueller Bekanntgabe“ angekündigt werden, genügen damit nicht den gesetzlichen Vorgaben. Dies hat das Oberlandesgericht Hamm auf Klage der Verbraucherzentrale NRW gegen die Energiehoch3 GmbH (AZ: I-19 U 51/11) sowie die Gelsenwasser AG (AZ: I-19 U 122/11) jetzt entschieden. Die Richter ließen keine Revision zu; damit sind die Entscheidungen vom 22.11.2011 praktisch rechtskräftig. Ein Richterspruch mit Folgen: Alle Energieunternehmen, die im Internet Strom- und Gaslieferverträge feilbieten und darin von der Grundversorgungsverordnung abweichen, müssen sich – sofern sie nicht ebenfalls eine Abmahnung riskieren wollen – nun von ihren unzulässigen Preisänderungsklauseln verabschieden. Außerdem können sich Energiehoch3- und Gelsenwasser-Kunden sowie Kunden anderer Versorger zumindest im Bezirk des Oberlandesgerichts Hamm, die Widerspruch gegen Jahresrechnungen eingelegt haben, auf die Urteile berufen und Geld aus Preiserhöhungen zurückverlangen.

In mehreren Urteilen (von Juli 2009 und Juli 2010) hatte der Bundesgerichtshof (BGH) festgestellt, dass Energieversorger gegenüber ihren Strom- und Gassonderkunden Preise erhöhen dürfen, sofern sie die Preisanpassungsregelungen der Strom- bzw. Gas-Grundversorgungsverordnung unverändert in die Sonderverträge übernehmen. Bei Stichproben des Kleingedruckten ausgewählter Versorger hatte die Verbraucherzentrale NRW entdeckt, dass einige darin nicht einmal diese Mindestvoraussetzungen erfüllten, sondern sogar die ohnehin nichts sagenden und völlig vagen Mindestregelungen der Verordnung noch übertrumpften: Da wurden „Änderungen der Preise … erst nach individueller Bekanntgabe wirksam“, obwohl eine öffentliche Bekanntgabe mit sechswöchiger Ankündigungsfrist vorgesehen ist. Oder es wurde die Information über Preisänderungen nur per E-Mail als ausreichend erachtet, gleichwohl die GVV eine briefliche Information vorschreibt.

Auf Klage der Verbraucherzentrale NRW gegen die Energiehoch3 GmbH hatte das Landgericht Dortmund in seinem Urteil vom 14. Januar 2011 (AZ: 25 O 247/11) eine an die GVV (Paragraph 5 Absatz 2) angelehnte Preisänderungsklausel in den Strom- und Gaslieferungsverträgen des Versorgers als unwirksam angesehen. Die Argumentation des Anbieters, dass er seine Kunden lediglich per E-Mail über Preisänderungen informieren müsse, weil dies der gesetzlich vorgeschriebenen brieflichen Information gleich stehe, kassierten die Richter ein. Weil Kunden eine E-Mail leichter als einen Brief übersehen könnten, sei die elektronische Nachricht über die Preiserhöhung nicht als gleichwertig anzusehen. Weil die Klausel zudem auf die öffentliche Bekanntgabe sowie auf die sechswöchige Ankündigungsfrist für Preiserhöhungen verzichte, weiche sie von der gesetzlichen Regelung ab. Darin sah das Gericht eine unangemessene Benachteiligung der Kunden und erklärte die Geschäftsbedingung für unwirksam.

Auch in einem parallelen Verfahren gegen die Gelsenwasser AG war die Verbraucherzentrale NRW erfolgreich: Eine dem Kleingedruckten von Energiehoch3 teils gleich lautende Preisänderungsklausel hatte das Landgericht Dortmund (Urteil vom 27.04.2011, Az.: 8 O 473/10) ebenfalls für unwirksam erklärt. Auch darin war keine Verpflichtung zur brieflichen und öffentlichen Bekanntgabe vorgesehen und dort wurde ebenso auf die sechswöchige Ankündigungsfrist für Preiserhöhungen verzichtet.

In der Berufungsverhandlung bestätigte das Oberlandesgericht Hamm nun die Entscheidungen der Vorinstanz: Die Richter erklärten, dass eine „individuelle Bekanntgabe“ der Preisänderung zu unbestimmt sei, da offen bliebe, ob die Mitteilung per Brief, per E-Mail oder gar per Telefonanruf erfolgen solle. Wie das Unternehmen eine solche, unwirksame Klausel handhabe, sei für deren Beurteilung nicht relevant. In der mündlichen Verhandlung deuteten die Richter jedoch an, dass ihrer Ansicht nach eine briefliche Mitteilung an den Kunden erforderlich sei

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